Das Transit-Aufkommen auf der Straße steigt und immer wieder kommt der Verkehr entlang der A12 Inntalautobahn zum Erliegen. Der ROFAN-KURIER hat LH-Stv. Mag. Ingrid Felipe (GRÜNE) zum Transit-Interview gebeten.
TIROL - In Tirol ist der alpen-querende LKW-Transit in den letzten Jahren immer weiter gestiegen. Allein in den ersten sechs Monaten 2018 fuhren 1,15 Millionen LKW über den Alpen-Pass! Im gleichen Zeitraum waren es 2017 1,05 Mio. LKW, 2016 980.500 LKW. Pro Tag fahren heuer 1.100 LKW mehr auf den Brenner, als noch 2016!
"Erfreulicherweise wurde die Luft-Qualität im Inntal trotz dieser Steigerung durch Maßnahmen wie 'Lufthunderter' und sektorales Fahrverbot nachweislich verbessert", sagt dazu LH-Stv. Mag. Ingrid Felipe (GRÜNE) im Interview mit dem ROFAN-KURIER.
ROFAN-KURIER: "Laut Transitforum Austria Tirol fährt der Großteil der LKW auf der A12 und auf der Brenner-Autobahn zu schnell. Wie kann und möchte das Land hier gegensteuern?"
LH-Stv. Mag. Ingrid FELIPE: "Pauschal kann man das nicht sagen. Der Großteil hält sich an die allgemein gültigen Regeln. Das Bundesland Tirol verfügt über das mit Abstand dichteste Kontrollstellennetz. Aber wir wollen die wichtigen Schwerverkehrskontrollen weiter intensivieren und haben dieses Vorhaben auch in unser Koalitionsabkommen mitaufgenommen. Das Thema 'Geschwindigkeit' nimmt in der allgemeinen Verkehrsüberwachung einen wesentlichen Stellenwert ein - aber strafbare Übertretungen des 80 km/h-Limits bei LKW sind die absolute Ausnahme. Zur Nachtzeit missachten Lenker von Schwerfahrzeugen das verordnete 60 km/h-Limit allerdings häufiger und es werden auch Geschwindigkeiten bis zu 85 km/h gemessen. Die Polizei ahndet solche Übertretungen regelmäßig."
ROKU: "Kann das Land Tirol Schwerpunkt-Kontrollen der LKW-Geschwindigkeit anordnen – und werden Sie diese verlangen?"
FELIPE: "Das Land Tirol kann solche Schwerpunktkontrollen anordnen und diese werden auch laufend durchgeführt. Bei den Schwerverkehrskontrollen (so genannten 'Intensivkontrollen') werden jährlich zirka 45.000 Delikte von der Polizei geahndet. Dabei spielen Geschwindigkeitsübertretungen, aber auch Verstöße wegen mangelndem Sicherheitsabstand eine untergeordnete Rolle. Überladungen, technische Mängel oder die Missachtung des IG-L Nachtfahrverbotes auf der A12 müssen dabei weitaus öfters geahndet werden."
Felipe: "LKW-Dosiersystem intensivieren!"
Die Grüne LH-Stv. Ingrid Felipe möchte dem Tank-Tourismus den Kampf ansagen. ©Land Tirol/Rottensteiner
ROKU: "Trotz Blockabfertigungen gab es heuer immer wieder kilometerlange Staus auf der A12. Welche Maßnahmen hat das Land Tirol noch im Ärmel, um (LKW-bedingte) Staus zu reduzieren?"
FELIPE: "Das temporäre LKW-Dosiersystem, die Blockabfertigungen bei Kufstein wurden heuer fortgesetzt und intensiviert...Der dosierte Verkehr hat zu einer deutlichen Entlastung des Bereiches von Kufstein bis Innsbruck beigetragen. Aber durch die weitgehende Umstellung der Transitflotte auf Euro VI-LKW sind immer mehr Schwerfahrzeuge unterwegs. Daher wollen wir auch eine Verschärfung des sektoralen Fahrverbotes, das dann für mehr Schwerkraftfahrzeug-Typen gelten soll. Zusammen mit unseren Nachbarländern Deutschland und Italien muss es uns gelingen, eine gemeinsame Korridormaut zwischen München und Verona auf die Füße zu stellen, damit die Brenner-Route nicht weiterhin die billigste und damit wirtschaftlich attraktivste Alpenüberquerungs-Route bleibt."
ROKU: "Das Güter-Aufkommen auf der ROLA geht zurück, während die Straße für LKW immer noch attraktiver und günstiger ist..."
FELIPE: „Wir haben auf der Brennerroute zurzeit einen Auslastungsgrad von über 82%. 2017 wurden 160.000 LKW über den Brenner transportiert. Tatsächlich ging die ROLA-Auslastung im ersten Halbjahr ein wenig (3,4%) zurück, wobei das auf die aktuellen Baumaßnahmen auf den italienischen Trassen zurückzuführen ist. Es sollte eine durchgehende ROLA von Regensburg bis nach Trento eingerichtet und ein neues ROLA-Förderungsprogramm geschaffen werden. Nach der Inbetriebnahme des BBT, könnten die Kapazitäten langfristig um weitere ca. 150.000 LKW-ROLA-Stellplätze erhöht werden.“
ROKU: "Wie kann die Schiene attraktiver werden?"
FELIPE: "Die Kosten, die die Frächter für den Transport ihrer Güter zahlen, stehen in keinem Verhältnis zu dem, was sie durch den Transport mitverursachen. Neben den Straßenerhaltungs-Maßnahmen fallen Kosten an, die weder in der Maut noch sonst wo dem Verursacher verrechnet werden können. Dabei kann ich mir einiges darunter vorstellen: Staubedingte Kosten, Unfallfolgekosten oder auch durch den Lärm verursachte Kosten. Kostenwahr-heit im Verkehr bedeutet daher auch, Mautzuschläge für Luft- und Lärmschadstoffe zu nutzen und Stau- und Unfallkosten mit einzubeziehen. Nur so können wir die Straße unattraktiver machen und die Güter auf die Schiene bringen."
Felipe fordert, dass das Diesel-Privileg fällt
ROKU: "Welche Rolle spielt der Tank-Tourismus?"
FELIPE: "Das Diesel-Privileg muss fallen. Im Moment ist eine LKW-Tankfüllung mit 1.000 Litern Diesel in Deutschland um 37,– EURO und in Italien sogar um 262,– EURO teurer als in Österreich! Zu beachten ist jedoch die italienische Mineralöl-Rückvergütung. Für all diese Maßnahmen braucht es einen länderübergreifenden Schulterschluss und tatkräftige Unterstützung der Bundesregierung.“"
ROKU: "Welche Auswirkungen erwarten Sie sich von den genannten Maßnahmen?"
FELIPE: "Beim Transit wird es das oberste Ziel sein, die LKW-Fahrten, wie im Regierungsübereinkommen festgelegt schrittweise bis nach der Fertigstellung des Brenner-Basistunnel 2027 auf unter 1 Million Fahrten zu reduzieren. Das bedeutet eine Halbierung des Transitverkehrs. Die positiven Auswirkungen sollten bei der Tiroler Bevölkerung sicht-, hör- und spürbar werden. Weniger Schwerverkehr, weniger Staus, sauberere Fahrzeuge, mehr Schienenverkehr, weniger Lärm und weniger verschmutzte Luft. Das wären die Auswirkungen unserer Verkehrspläne für die kommenden fünf Jahre."
ROKU: " Vielen Dank für das Gespräch!"
Letzte Änderung am Montag, 02 Juli 2018 11:17
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