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Der Elektronische Gesundheitsakt (kurz ELGA) sorgt weiterhin für hitzige Diskussionen. Während Befürworter den hohen Komfort preisen, gibt es genug Zweifler, die den angekündigten Einsparungen nicht trauen und nun den „gläsernen Patienten" fürchten.

ÖSTERREICH (aw) Fast jeder zweite Österreicher tut es. Ohne einen Schritt vor die Tür zu machen. Ohne Schlange zu stehen. Ohne zu warten. Ganz einfach, mit ein paar Klicks. Fast jeder zweite Österreicher nützt E-Banking, begleicht seine Rechnungen über den Computer daheim. Schnell und einfach. E-Banking beinhaltet Risiken, kommt in Sachen Komfort aber Bank und Kunden zu Gute.

Hoher Komfort versprochen

Ähnlich soll es mit dem Elektronischen Gesundheitsakt (ELGA) ablaufen. Dieser soll über die E-Card sämtliche Patienten-Daten speichern. Egal ob das verschriebene Medikamente oder Röntgen-Bilder sind. Patienten können sich von zu Hause aus über ELGA einloggen und ihren „Krankheitsverlauf" nachlesen – angehäufter Papierkram könnte damit ebenso der Vergangenheit angehören wie das Hervorkramen alter Befunde.
Umfragen nach zu urteilen befürwortet die Bevölkerung die sogenannte „E-Medikation". Gleichzeitig stellt ELGA für den größeren Teil dieser Befürworter ein großes Fragezeichen dar.

Weniger positiv äußert sich die Ärztekammer über die bevorstehende Einführung von ELGA. Ärzte befürchten vor allem einen Angriff auf die ärztliche Verschwiegenheitspflicht und sind der Ansicht, dass  ihre und die Daten ihrer Patienten zu transparent werden. Außerdem bekrittelt die Ärztekammer die fehlende freiwillige Teilnahme für Patienten und Ärzte. Während Ärzte auf Dauer nicht an ELGA vorbeikommen werden, wird der Bürger automatisch in das neue System hineingezwängt – nur wer sich abmeldet, eist sich los von ELGA. Gesundheitsminister Alois Stöger begründete diese Maßnahme mit einer „Verwaltungsvereinfachung".

Stichtag: 1. Juli 2013

Geht es  nach Gesundheitsminister Stöger, wird der „Testbetrieb" für ELGA schon am 1. Juli 2013 gestartet. Ab 2017 sollen Ärzte dazu verpflichtet werden, mit dem neuen Programm zu arbeiten. Stöger, der im Juni einen neuen Gesetzesentwurf für ELGA vorlegte, hat viele, aber noch nicht alle Parteien auf seiner Seite. Während die ÖVP und die BZÖ für ELGA sind, aber eine Überarbeitung des Gesetzes verlangen, stellt sich die FPÖ komplett dagegen. Diese Kritik richtet sich hauptäschlich in Richtung Finanzierung und Datenschutz. „Das Gesetz hat schwere Mängel. Ich fürchte den ‚gläsernen Patienten‘", bezweifelt Datenschutzexperte Hans Zeger den Elektronischen Gesundheitsakt.

Start kostet 130 Millionen!

Tatsächlich scheint es nach ACTA, der Vorratsdatenspeicherung und dem Angriff auf das Berufsgeheimnis so, als ob der einfache Bürger immer transparenter wird. ELGA wird die Anonymität, die Privatsphäre eines jeden einzelnen weiter ankratzen. Schließlich befinden sich die Daten in den Fängen des „www" und bleiben dort auch für zehn Jahre!
Bezüglich der Finanzierung behauptet das Gesundheitsministerium, dass die Einführung von ELGA Kosten in der Höhe von 130 Mio. EURO und dann jährlich zusätzliche 18 Mio. EURO verursachen wird. Gleichzeitig soll das neue System jährliche Einsparungen von 129 Mio. EURO bringen.

Seit 1. April wird jedes Telefongespräch, jede SMS, jedes Mail, jede angeklickte Internet-Seite erfasst! Vorratsdaten-Speicherung. Doch es gibt Möglichkeiten, zumindest die Internet-Bewegungen weitgehend zu verwischen.

ÖSTERREICH/SCHWEDEN (cm/rr)  Ganz Europa hat sich dem Datensammel-Wahn verschrieben. Ganz Europa? Nein! Ein kleiner Staat im Norden, genannt Schweden, kämpft noch für die Rechte seiner Bürger.

Gläserner Bürger – nein danke!

Den Schweden geht die Überwachung, die Europa verlangt, viel zu weit. Sie wenden diese daher nicht an. Doch was bringt das jenen Bürgern, die sich hier in Österreich nicht kriminalisieren lassen wollen?
„Eine ganze Menge“, sagen dazu die Tiroler IT-Experten Hannes Wegscheider und Martin Exenberger.  „Die sicherste Möglichkeit, die eigenen Internet-Bewegungen vor neugierigen Augen zu verbergen, ist es, einen virtuellen Daten-Tunnel zum Beispiel nach Schweden aufzubauen. Erst von dort aus wählt sich der eigene Computer auf jene Internet-Seiten ein, die man aufrufen möchte“, erklärt Martin Exenberger.
Wohin es vom Schweden-Server aus geht, kann in Österreich nicht aufgezeichnet werden. Zwar könnte der Betreiber in Schweden den Verlauf mitloggen. Doch dort ist die Gesetzeslage eine andere. Außerdem sichern die Provider dort vertraglich zu, dies nicht zu tun.
„Diese Technik nennt sich VPN-Tunnel. VPN steht für VIRTUAL PRIVATE NETWORK. Dieser Dienst ist kostenpflichtig und wohl am sichersten. Wenn der Schweden-Server aber eine Panne hat, funktioniert es aber nicht“, erklärt Hannes Wegscheider.
Hier eine Homepage für das Einrichten einer VPN-Verbindung in Schweden: www.vpntunnel.se
Ein negativer Nebeneffekt: Die Geschwindigkeit des Datentransfers könnte durch VPN leiden.
Es geht auch einfacher, wenngleich nicht ganz so sicher: Unter Portalen wie „www.hidemyass.com“ loggt man sich kostenlos ein. Mit ein wenig Übung hat man den Bogen schnell raus.

Daten-Sammeln bringt laut Ministerium „mehr Sicherheit“

Der ROFAN-KURIER hat zur Thematik auch mit dem Innenministerium Kontakt aufgenommen.
Dort erinnert Sprecher Karl-Heinz Grundböck daran, dass die Vorratsdaten-Speicherung erstmals auch Rechtssicherheit für die Nutzer bringt: „Auch bisher wurden alle Betriebsdaten (Handy, Internet, ...) gespeichert. Mit der Vorratsdaten-Speicherung werden sie nur länger aufbewahrt. Aber jetzt ist erstmals geregelt, wo die Daten gespeichert werden dürfen. Jeder Zugriff wird registiert und es gibt erstmals eine Löschungsverpflichtung nach sechs Monaten.“
Anleitungen zum Verwischen der Spuren im Internet könnten aber auch der Nutzern oder Verbreitern  von Kinder-Pornographie dienen. Dazu Grundböck: „Es gibt immer Lücken oder Fehler, die Täter verraten. Auch bei verwischten Spuren. Es gibt übrigens eine Meldestelle für Kinderpornographie: www.bmi.gv.at/cms/BK/meldestellen/kinder/start.aspx Dort kann man Hinweise auf Kinderpornographie melden“, sagt Grundböck.

Es gibt auch bei Free-Proxy-Servern Lücken, die jenen, die hier verschleiern wollen, zum Verhängnis wird. Siehe jener 15-jährige Hacker, der 200 Firmen gehackt werden. "Der war genial, dem ist aber auch ein Fehler passiert und dadurch hat man ihn schlussendlich erwischt", sagt Grundböck.

Hier weitere Infos zum Thema:

http://proxy.org/

http://anonymous-austria.com/index.php?page=inet

Hier eine Liste aller Dienste die anonymisieren:

http://proxy.org/cgi_proxies.shtml

Hier kann man sofort und anonym lossurfen:

http://hidemyass.com
Diese Seite gibt sogar Anleitungen, wie man zusätzlich die eigene IP-Adresse verschleiern sollte und könnte.
Von diesem Portal aus steht einem dann das ganze Internet offen. Man kann sogar versuchen, von hier aus einen weiteren freien Proxy-Server anzuwählen. Also die Spur doppelt verwischen.

http://ultrafastproxy.com

https://proxify.com

Tatort Handy:  Wer, mit wem, von wo, wie lange. Gespräche, Mails, SMS... Seit 1. April gibt es in Österreich die Vorratsdaten-Speicherung. Damit entsteht ein exaktes Gewohnheits- und Bewegungsprofil für jeden Bürger.

EUROPA (icei) Seit 1. April wird mitgeloggt. Sechs Monate werden die Daten von Telefongesprächen, Mails, SMS, Internet-Bewegungen, IP-Adressen oder Internet-Telefonie gespeichert und im Bedarfsfall für Ermittlungen oder Überwachungen den Behörden zur Verfügung gestellt.
Eine ausgiebige und völlig arglose Benützung der modernen, mobilen Kommunikationsmöglichkeiten ist heute der Regelfall. Und gerade Menschen, die Handy, PC und Internet mehrmals täglich nutzen, liefern aussagekräftige Datensätze.

Vorratsdaten sagen mehr als ein Gesprächs-Mitschnitt

Wer über eine signifikante Zahl von Vorratsdaten verfügt, weiß laut Experten mehr über sein Überwachungs-Opfer, als wenn er einfach Telefonate mithören würde.
Denn zu allen Aktionen – ob im Internet, am Handy oder am Festnetz – werden Ort, Zeit, Dauer, Absender und Empfänger festgehalten. Diese untrennbar mit der Person verknüpften Datensätze bilden den gesamten Berufsalltag und auch das Freizeitverhalten erschreckend deutlich ab. Dadurch ergeben sich für Ermittler aber auch gefährliche Interpretationsspielräume. Mit einem Verdächtigen über etwas völlig harmloses gesprochen? Pech gehabt: Schon ist man im Fahndungs-Raster! So geschehen im Tierschützer-Prozess.

„Aus“ für Hilfs-Dienste?

Die Vorratsdaten-Speicherung kommt dabei massiv in Konflikt mit dem Berufsgeheimnis von Anwälten, Ärzten oder Journalisten.  (ähnlich wie der Versuch, die Strafprozess-Ordnung zu ändern. Künftig weiß jeder, wer wann und wie lange mit einem Journalisten (anonyme Tipps gibt es am Telefon nicht mehr...), einem Urologen, Gynäkologen, Psychiater telefoniert hat.
Mitgeloggt wird künftig auch, wer beispielsweise die AIDS-Hotline, die Telefonseelsorge, die Fürsorge, den psychosozialen Dienst... anruft. Lauter Dienste, die mit „Diskretion“ werben. Damit ist  es jetzt vorbei.
Begründet wird diese Abschaffung der Privatsphäre mit der Verbrechensbekämpfung. Doch: In Ländern, in denen die Vorratsdaten-Speicherung bereits eingeführt wurde, ist die Aufklärungs-Quote nicht höher wie in Österreich.
Schuld ist wieder mal die EU. Sich an der EU abzuputzen, wenn es um weniger populäre Entscheidungen geht, ist nicht neu. „Wenn wir das nicht umsetzen, bestraft uns die EU“, heißt es. Dass Österreich auf EU-Ebene die Voratsdaten-Speicherung mitbeschlossen hat, wird dabei manchmal vergessen. Und es ziehen hier auch nicht alle EU-Länder mit. Schweden sieht hier die Grund- und Freiheitsrechte der eigenen Demokratie so sehr in Gefahr, dass es die Umsetzung ausgesetzt hat und die EU-Richtlinie nun aktiv bekämpft.
 
Anonymus schlägt nicht zurück

Was es heißt, ein Opfer der heftig kritisierten Vorratsdatenspeicherung zu sein, sollten einige Politiker selbst zu spüren bekommen. Anonymous Austria, Ableger des weltweit aktiven Anonymous-Kollektivs, kündigte an, aus Protest gegen die Überwachungsmaßnahme brisante Daten aus Politiker-Mails zu veröffentlichen. Am 1. April blieb dies jedoch vorerst aus... Doch nur ein April-Scherz? Man darf auf weitere Aktionen gespannt sein.

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