Die Liste „Vorwärts Tirol“ hat bei der Landtagswahl im April aus dem Stand fast 10% der Stimmen geholt. Doch der Zicken-Krieg um ein Landtags-Mandat für Anna Hosp hat dem Image der Bewegung geschadet.
TIROL (cm) „Denen geht es bei der nächsten Wahl wie der Liste Fritz – vermutlich schlechter“. Das sagen Politiker und Insider anderer Fraktionen, wenn sie über VORWÄRTS TIROL sprechen.
Ein ehemaliger Weggefährte von Anna Hosp formuliert es so: „Vor diesem Streit hatte Hosp zumindest einen Achtungs-Erfolg. Sie war auch noch für die ÖVP interessant. Diese Streiterei und allein die Idee, eigene Kandidaten von der Landtags-Liste zu jagen, damit man selber zum Zug kommt, lässt tief blicken. Jetzt ist Hosp in Tirol politisch ...“
Kritiker der Liste bezeichnen „Vorwärts“ sogar als „Polit-Zombie“. Als eine Partei, die bei der nächsten Wahl „Geschichte“ sein soll.
Denn für Anna Hosps Landtags-Einzug hätte jemand zu ihren Gunsten auf sein Landtagsmandat verzichten müssen. Doch in fünf Jahren Landtag geht es immerhin um eine Brutto-Gage von 365.000,– EURO pro Kopf. Neben dem politischen Auftrag der Wähler ebenfalls eine Motivation, ein Landtagsmandat anzutreten.
„Schäbige“ Vorgangsweise
Auch die Frau des Kufsteiner Bürgermeisters, Andrea Krumschnabel, sollte für Anna Hosp verzichten. Sie lehnte dankend ab. In einem offenen Brief machte sie sich Luft über die „schäbige“ Vorgehensweise bei Vorwärts.
Andrea Krumschnabel gegenüber der Tiroler Tageszeitung: „Für den Fall der Annahme des Mandates durch uns wurde sowohl von Oppitz-Plörer als auch von Anna Hosp der Rücktritt angedroht.“
Krumschnabel schreibt unter dem Titel „Nicht mit mir“ einen offenen Brief. Darin attackierte sie Christine Oppitz-Plörer und Anna Hosp auf ihrer Homepage scharf.
Von massivem Druck auf sie und ihre drei Landtags-Kollegen schreibt Krumschnabel: „Sehr enttäuscht bin ich über die Vorgangsweise unserer sogenannten Geburtshelfer und auch einiger anderer Spitzenkandidaten aus den Bezirken.“
„Wer hätte sich im Jänner bei der ersten Sitzung gedacht, dass man in einer jungen Bewegung, welche sich für Fairness in der Politik stark macht, nach nicht einmal vier Monaten genau diese mit Füßen tritt...“ Zur Parteisitzung von Vorwärts Tirol nach der Wahl schreibt Krumschnabel: „...Schon in den ersten Minuten war klar, dass ich mit völlig falschen Erwartungen gekommen war. Dieses Treffen wurde ausschließlich dazu genützt, die ersten Vier auf der Landesliste, die die Mandate besetzen, derart unter Druck zu setzen, dass sie das Feld räumen sollten.“ Und weiter: „Da saßen wir vier Landeslistenersten vor versammelter Mannschaft nicht wie Gewinner der Wahl, sondern eher wie die größten Verlierer und Partei-Schädiger...“
Lindenberger im Interview
ROKU: „Herr Lindenberger, macht noch jemand für Anna Hosp Platz im Landtag oder nicht?“
LINDENBERGER: „Wir sind ja angelobt worden, der Landtagsklub steht und wird so bleiben, wir vier sind untrennbar. Niemand tritt jetzt für Hosp zurück.“
ROKU: „Was für eine Funktion wird Anna Hosp in der Partei einnehmen und wie wird sie dafür bezahlt werden?“
LINDENBERGER: „Das weiß ich nicht... Wir sind jetzt in der Gründungsphase. Wir haben ja nach der damaligen Gründung sofort Wahlkampf betrieben und gesagt „nach der Wahl schaffen wir Strukturen“. Und das müssen wir jetzt in den Bezirken aufbauen. Hosp hat derzeit keine bezahlte Funktion.“
ROKU: „Ehemalige Wegbegleiter von Anna Hosp sagen, sie hätte sich mit ihrem starken Drang, in den Landtag zu kommen, ins politische Aus gesteuert...“
LINDENBERGER: „Diese Beurteilung steht mir nicht zu.“
ROKU: „Werden Sie und die drei anderen Abgeordneten aus „Vorwärts“ austreten?“
LINDENBERGER: „Das sind nur Gerüchte. Wir vier im Landtag sind fix, aber von Abspaltung kann keine Rede sein. Ich bin immer davon ausgegangen, dass wir nicht als Anna-Verein antreten, sondern für ein Programm.“
ROKU: „Die Kluft zwischen Ihnen und Hosp sowie Oppitz-Plörer ist ja relativ groß: Gibt es da noch eine Basis?“
LINDENBERGER: „Ich bin ja auch ein Gründungs-Mitglied. Was passiert ist, ist passiert. Das gibt es auch in Firmen oder in anderen Parteien. Aber menschliche Irritationen lassen sich auch kitten. Das passiert im Leben immer wieder.
ROKU: „Vorwärts Tirol wird sogar als ‚Polit-Zombie‘ bezeichnet: Spätestens in fünf Jahren sei Vorwärts wieder Geschichte...“
LINDENBERGER: „Das nenne ich Orakel-Leserei. Wir sind kein ‚Polit-Zombie‘...“
ROKU: „Welche Themen wollen Sie in den nächsten Jahren im Landtag anpacken?“
LINDENBERGER: „Wir werden das Arbeits-Übereinkommen durcharbeiten. Es gibt genug Themen, in denen wir konstruktiv mitarbeiten können. Bei den Argrargemeinschaften werden wir sicher schwammige Formulierungen kritisieren müssen. Wir wollen nicht auffallen durch glühende Augen am Rednerpult, durch Schreien und Gestikulieren, sondern durch einen neuen Stil. Wir werden die ÖVP-Anträge natürlich mittragen, wenn sie sinnvoll sind. Oder die von anderen Listen. Es wird bei uns auch keinen Clubzwang geben. Unsere Abgeordneten dürfen auch nach eigener Überzeugung abstimmen...“
ROKU: „Danke für das Gespräch.“