Der Reither Andreas Kapfinger war als Monoski-Fahrer bei vier Paralympischen Winterspielen. Heuer, in Pyeongchang, muss er zuschauen. Denn sein neuer Sport, der Para-Bob, ist noch nicht in das paralympische Programm aufgenommen. Doch Kapfinger trainiert bereits für die Paralympics 2022.
REITH - "Es ist komisch, dass ich heuer nicht mitfahre...", sagt Andi Kapfinger angesprochen auf die Paralympischen Spiele in Pyeongchang. Diese finden von 9. bis 18. März statt. Über seine vier Teilnahmen, den Umstieg auf den Para-Bob und seine weiteren Ziele sprach der Reitherer im ROFAN-KURIER Interview:
ROFAN-KURIER: "Andi, du warst bei vier Paralympischen Spiele dabei, wie waren diese?"
Andi KAPFINGER: "Die Olympischen Spiele sind das größte Spektakel, das ein Sportler erleben darf. Du weißt, du bist live im Fernsehen und Millionen von Menschen schauen dir zu. Dann hat man bei den Paralympics auch noch die originalen Sportstätten. Was die Veranstalter in Bewegung setzen, ist unglaublich. Das Feuerwerk, das Putin in Sotchi organisierte, war einfach verrückt! Ich holte vier vierte Plätze, das war ziemlich schmerzhaft. Irgendjemand hat einmal gesagt 'Dabei sein ist alles' – da habe ich mir gedacht, dass muss ein südafrikanischer Skifahrer gesagt haben. Ich fahre zu den Spielen, um eine Medaille zu gewinnen, das sind für mich keine 'Gaudi-Veranstaltungen'."
RoKu: "Du findest es bestimmt schade, dass du heuer nicht mitfahren kannst..."
KAPFINGER: "Es ist komisch, dass ich heuer daheim sitze und nicht mitfahre. Aber ich fahre ja nicht mehr Mono-Ski. Es ist einfach zu viel geworden. Ich hatte 160 bis 180 Ski-Tage im Jahr. Und das 20 Jahre lang. Außerdem ist man mit 40 einfach alt als Ski-Fahrer."
RoKu: "Was schätzt du, wie viele Medaillen kann das Österreichische Paralympische Team heuer machen? Laut ORF treten heuer 13 bis 15 Athleten an.
KAPRINGER: "Es kommt natürlich immer auf die Athleten an, aber ich schätze acht bis zehn Medaillen müssten schon herausschauen..."
Vom Monoski zum Para-Bob
RoKu: "Deine neue Leidenschaft ist der Bob-Sport. Wie kam es dazu?"
KAPFINGER: "Ich habe eine neue Herausforderung gesucht, beim Skifahren konnte ich das Rad nicht mehr neu erfinden. In Sotchi 2014 habe ich das Bob-Fahren entdeckt ... Dort hat mich eine Russin angesprochen, und die hat mir angeboten, wenn sie beim Bobkanal Innsbruck/Igels ist, soll ich kommen. 'Ja, sicher' habe ich gesagt und dann bin ich gefahren - und die Post ist abgegangen. Nun ist es so, dass es seit 3 Jahren einen fixen Weltcup gibt und wir gerade in der Qualifikation zu den Paralympischen Spielen sind. Die Mindestvoraussetzungen dafür (mind. 12 Nationen, Anm) sollten wir schaffen. In den nächsten Wochen sollte es bei einer Sitzung des IPC (Internationales Paralympisches Komitee) beschlossen werden. Es schaut gut aus, dass wir den Weg zu Paralympia schaffen! Das heißt auch, dass ich in vier Jahren wieder dabei sein werde ... mein persönliches Ziel wären sechs Teilnahmen!"
Andreas Kapfinger hat bereits bei vier Paralympischen Spielen als Mono-Skifahrer teilgenommen - zwei weitere sollen im Para-Bob folgen. © The Point of View
RoKu: "Hast du schon Ziele für die Paralympics 2022 in Peking?"
KAPFINGER: "Die Medaille wäre schon angesagt und keinen vierten Platz zu haben, da wäre mir den fünfte auch lieber. Aber es geht schon in Richtung Medaille. Es ist jetzt meine zweite komplette Saison und ich bin sehr zufrieden. Ich war im Gesamt-Weltcup bereits vierter und heuer bin ich sechster, obwohl mir zwei Zielankünfte fehlen. Es gibt sicher 28 bis 30 Leute im Weltcup.... Unterstützt werde ich von Kurt Einberger aus Kramsach. Er war selbst ein wahnsinnig guter Sporter mit zwei Olympia-Teilnahmen im Bob (Lillehammer 1994 und Nagano 1998, Anm). Wir sprechen einfach die gleiche sportliche Sprache. Wenn er sagt 'Zieh da weniger', dann ziehe ich weniger. Außerdem gibt es niemanden, der in Igls öfter heruntergefahren ist, wie er..."
Heimatbahnen: Innsbruck/Igls und St. Moritz
RoKu: "Trainierst du am öftesten auf der Bobbahn Innsbruck/Igls?"
KAPFINGER: "Ich trainiere hauptsächlich in Igls und in St. Moritz und ab nächstes Jahr auch in Oberhof. Aber man hat gar nicht allzu viel Zeit zum Trainieren. Ab Oktober bis Ende November, Anfang Dezember bin ich in Amerika und Kanada zum Weltcup-Start. Dann bin ich drei Wochen zuhause und danach startet der Europa-Block. Das sind auch wieder drei, vier Wochen wo man unterwegs ist... Jetzt (Mitte Februar) hatte ich drei Wochen frei und dann nutze ich die Zeit schon in Igls zum Trainieren. Danach geht's nach Lillehammer zur Weltmeisterschaft (10. und 11. März). Das ist heuer die dritte Weltmeisterschaft... Bei der ersten WM in Park City habe ich die Startnummer Eins genommen. Ich war also der allererste Para-Bob- Pilot, der einen WM-Lauf gefahren ist (lacht)."
RoKu: "Können sich beim Bob-Sport behinderte und nicht-behinderte Fahrer halbwegs messen?"
KAPFINGER: "Halbwegs, ja. Ein nicht-behinderter Fahrer läuft an und springt hinein; wir haben einen 'Launcher'. Bei diesem Startsystem wird man mit einem Elektro-Motor hinausgeschossen, mit einer Art Katapult-Start – so hast du in der ersten Kurve bereits ein bisschen Speed. Die Startzeit ist annähernd die eines Gehers. Es gab aber schon Vergleiche. Vor kurzem hat ein Freund von mir in St. Moritz bei einem Rennen mitgemacht. Da hat ihn einfach einer angeschoben. Im Endeffekt war er dann unter den Top Drei! Der derzeitige Präsident des IBSF (Internationler Bob und Skeleton Verband) setzt sich ein, dass es Vergleichswettkämpfe oder Team-Bewerbe gibt. Der IBSF stellt uns die Bobs, professionelle Fotographen, Helfer, Trainer - es läuft immer professioneller. Und wenn dann die Entscheidung pro Paralympics fällt, dann wird hoffentlich noch mehr an Förderung da sein... Bobfahren ist ein sehr kostspieliges Unterfangen."
RoKu: "Gibt es neben dem Start noch Unterschiede zu 'normalen' Bob-Fahrern?"
KAPFINGER: "Die Lenkung funktioniert gleich mit den Lenkseilen. Einen Bremser haben wir nicht und wie bei den Monobobs können wir auch nicht mit einem Pedal bremsen. Wir haben hier einfach eine Adaptierung, einen Hebel, der zwischen den Lenkseilen ist. Eine Art Handbremse...."
Andreas Kapfinger beim Einstieg in seinen Trainings-Para-Bob. Beim Wettkampf werden die Bobs von der IBSF gestellt. © The Point of View
RoKu: "Wie finanzierst du deinen Sport?"
KAPFINGER: "Zur Zeit bin ich noch der einzige Parabob-Fahrer in Österreich. Es ist nicht immer leicht, so etwas zu finanzieren. Einiges an Geld bekomme ich über Förderungen, aber den Großteil finanziere ich über Sponsoren. Mit Walter Pfaller (Pfaller war einer der erfolgreichsten Behindertensportler Österreichs und ist heute Geschäftsführer der Landessport-Organisation Salzburg, Anm.) habe ich einen großen Förderer..."
RoKu: "Zum Abschluss möchte ich noch das Thema Doping ansprechen. Russische Athleten treten wegen des Vorwurfes von Staatsdoping unter der olympischen Flagge sowohl bei den Olympischen, als auch bei den Paralympischen Spielen an. Wie siehst du das?
KAPFINGER: "Wie es meistens ist, ist der Sportler der Idiot. Auch im Bobsport sind einige des Dopings überführt wurden und die stellten auch den Antrag, dass sie unter olympischer Flagge starten dürfen. Ich würde es richtig finden, wenn man gedopte nirgends fahren lässt. Doping gehört einfach nicht in den Sport. Auch im Behindertensport gibt es brutale Doping-Geschichten. Renn-Rollstuhlfahrer, die sich die Blase abbinden um einen zusätzlichen Adrenalin-Schub zu bekommen. Oder sich die Zehen brechen. Das sind harte Aktionen, die hier geliefert werden."
RoKu: "Danke für das Gespräch!" (mk)
Letzte Änderung am Donnerstag, 01 März 2018 14:08