Um Energie zu erzeugen, wird die ganze Welt dem Risiko der Verstrahlung ausgesetzt. Dabei ist seit den 50er-Jahren ein sicherer Reaktor-Typ bekannt! Doch mit dem „Flüssigsalz-Reaktor“ kann kein Plutonium für Atombomben gewonnen werden. Daher hat er sich nie durchgesetzt...
INTERNATIONAL Thorium-Flüssigsalz-Reaktor: Nie gehört? Kein Wunder, seit 70 Jahren wird die Technologie von der Nuklearindustrie totgeschwiegen...
Die ersten Reaktoren der Welt wurden nur gebaut, um Ende des II. Weltkrieges „Plutonium 239“ für die Herstellung von Atombomben zu gewinnen. Man hatte sehr wenig Uran und sehr wenig Zeit. Daher musste man bei diesen ersten Reaktoren konstruktionsbedingt eine gewisse Instabilität in Kauf nehmen. Sollte die Kühlung je versagen, würden sie explodieren! Ende der 40er-Jahre, am Anfang des Kalten Krieges, drängte das US-Militär dann auf einen Atom-Reaktor für U-Boote. Wie ein Reaktor auszusehen hat, steht dabei nicht fest: Es gibt mehr als 1.000 Kombinationsmöglichkeiten fü Brennstoff, Kühlmittel und Moderatoren. 1946 skizzierte der US-Wissenschaftler Alvin Weinberg auf nur 4 Seiten das Prinzip eines Druckwasser-Reaktors (hoher Druck verhindert hier das Verdampfen des Kühlwassers bei 300 Grad). Dieses Konzept war kompakt genug für U-Boote, aber nie für zivile Zwecke gedacht. US-Admiral Hyman Rickover, der den Reaktor für die Marine in Auftrag gab, war zudem auch maßgebliches Mitglied der Atomenergie-Kommission. Rickover ließ also diesen für das Militär entwickelten Reaktor auch im zivilen Bereich einsetzen (wofür er nie gedacht war! Dennoch arbeiten 90% der Reaktoren heute nach diesem Prinzip!). Für zivile Zwecke wird Uran in Graphit gebunden, zu Pellets gepresst und in Stahl-Rohre gefüllt. Diese Rohre sind dann die „Brennstäbe“. In diesen Brennstäben kommt es zur Kernspaltung. Dadurch brechen die Graphit-Pellets auf, reißen und verlieren ihre Fähigkeit, Wärme an das Kühlmittel abzugeben. Daher müssen die Brennstäbe ausgetauscht und „aufbereitet“ werden.
Alternative Flüssig-Salz-Reaktor
Alvin Weinberg begann in Oakridge an einem Reaktor zu forschen, in dem spaltbares Material in Flüssigkeit gelöst wurde. Dadurch fallen der Kühlkreislauf, die Aufbereitung und das Recycling weg. Später forschte Weinberg am Flüssig-Salz-Reaktor. Wieder einmal war das Militär der Auslöser: In den 50er-Jahren wollte man tatsächlich einen atombetriebenen Bomber bauen! Die Schwierigkeiten waren gewaltig. Die Lösung: Ein Flüssig-Salz-Reaktor. In mindestens 800 Grad heißen Salzen (Chloride, Fluride) wird Thorium oder Uran gelöst. In den 60er-Jahren wurde das Projekt gestoppt und es startete die weitere Erprobung für zivile Zwecke. Die Vorteile waren enorm: Kein Überdruck. Kein Kühlkreislauf. Keine Explosions-Gefahr!
Bei zu heftiger Reaktion und Hitze dehnt sich das flüssige Salz aus. Damit sinkt die Dichte. Es vergrößert sich der Abstand der Atomkerne und sie werden seltener von Neutronen getroffen. Die Kernreaktion beruhigt sich von selbst!
Tritt das flüssige Salz-Brennstoff-Gemisch dennoch aus, erstarrt es innerhalb weniger Augenblicke zu einem festen Block. Alle spaltbaren Materialien bleiben im Salz gefangen, das nur ab 800 Grad flüssig wird. Eine Umwelt-Kontaminierung wie bei austretendem Kühlwasser ist nicht möglich. Der erste funktionstüchtige Flüssigsalz-Reaktor nahm unter der Leitung von Alvin Weinberg bereits 1966 seinen Betrieb auf. Er lief tausende Stunden ohne Probleme. 1968 wollten die Forscher einen größeren Flüssig-Salz-Reaktor mit Thorium-Kreislauf bauen. Doch die Mittel wurden gestrichen. Man wollte stattdessen mehr herkömmliche Reaktoren bauen, um auch waffenfähiges Plutonium zu produzieren.
Alvin Weinberg machte sich unbeliebt, weil er immer auf die Sicherheits-Risiken hinwies. Die Atom- und Energie-Lobby wollte das nicht: Würde man seinen Bedenken Beachtung schenken, hätte man ja die bestehenden Reaktoren schließen müssen! Also ging der Poker immer weiter… Alvin Weinberg wurde wegen seiner Sicherheits-Bedenken 1973 als Direktor des ORNL (Oakridge-National-Laboratory) gefeuert. China forschte Jahre später in Shanghai auch am Flüssigsalz-Reaktor. Dort gab man die Bemühungen jedoch auf, weil man Probleme mit der Material-Struktur hatte. Ironischer Weise hatten Alvin Weinberg und sein Team dieses Problem bei ihrem Reaktor bereits gelöst.
Kaum Atommüll!
Beim Flüssigsalz-Reaktor gibt es kaum Atommüll. Der Grund dafür ist einfach: Alle durch die Spaltung entstehenden Elemente verbleiben im flüssigen Salz im Reaktor. So werden die meisten Spalt-Nebenprodukte während des Prozesses früher oder später ebenfalls aufgespalten. Die Abfall-Menge wird unglaublich reduziert. Was übrig bleibt, hat eine Halbwerts-Zeit von etwa 300 Jahren. Das klingt lange. Herkömmliche Spaltprodukte strahlen aber teils bis zu 2 Millionen Jahre!
Man kann hier auch Thorium als Spaltmaterial einsetzen: Es kommt überall auf der Erde vor und fällt bei der Verarbeitung von seltenen Erden als Abfall-Produkt an! Die Marktführer blockieren den Ausbau der Flüssig-Salz-Technologie. Denn die Atomindustrie lebt zum Großteil vom Verkauf und der Aufbereitung von Brennelementen. China forscht aktuell wieder am Flüssig-Salz-Reaktor. Doch da die Ergebnisse von damals in Vergessheit gerieten, fängt man praktisch neu an...
Letzte Änderung am Montag, 10 Oktober 2016 14:22