Für jedes kleine EU-Land ist es schwierig, eine eigene Außenpolitik zu finden. Doch in Österreich wird es nicht einmal versucht.
ÖSTERREICH (bb) Bruno Kreisky, österreichischer Bundeskanzler von 1970 bis 1983, hatte ein klares Konzept, die Interessen des Landes auf dem internationalen Parkett zu vertreten. Einerseits nützte er geschickt die Möglichkeiten eines neutralen Kleinstaates, um den Einfluss in der internationalen Gemeinschaft zu vergrößern. Andererseits vermittelte er erfolgreich seine internationale Politik der eigenen Bevölkerung und brach dadurch provinzielle Weltansichten auf. So genoss die ehemalige „Insel der Seligen“ auf dem Internationalen Parkett großes Ansehen.Doch diese Tage sind längst Geschichte. Zurück bleibt eine Außenpolitik mit hinternationalem Charakter.
Österreich ist Hinternational
so das Urteil in einem Vortrag von Politologe Helmut Kramer. Angesichts der Entwicklung der österreichischen Außenpolitik ist dieses wohl zutreffend. Die Transformation Österreichs von einem Nationalstaat zu einem Mitglied der EU führte lediglich zu einer Interessenswahrnehmung im Rahmen der EU-Institutionen. Bisher wurden keine entscheidenden Impulse gesetzt, um eine Weiterentwicklung der EU in Richtung einer sozialen, ökologischen sowie friedenspolitischen Gemeinschaft zu fördern. Auch nationale Spielräume wurden kaum genutzt. So zählt Österreich im Bereich der Integrations- und Umweltpolitik sowie der Ungleichheit der Einkommensverteilung zu den Nachzüglern. Zudem hat die Regierung versäumt, gemeinsam mit anderen neutralen Staaten gegen den Trend der EU-Außen- und Sicherheitspolitik in Richtung Militarisierung und Unterordnung unter die Nato entgegenzuwirken. Auch auf dem diplomatischen Parkett scheinen die Spuren eines vormals aktiven Österreichs zu verblassen. Zwar ist das Land im Bereich der Menschenrechte und der Abrüstung federführend, allerdings schrumpft deutlich der Einfluss in Sachen Weiterentwicklung des Völkerrechts im Rahmen der UNO. Diese Passivität spiegelt sich ebenfalls in der Diskussion wichtiger Fragen zu „global governance“ und vor allem zur Reform des UN-Sicherheitsrates wieder.
Wenig Ambition
Michael Spindelegger hat teilweise versucht, Österreich international zu stärken sowie EU-politisch aktiver zu sein. Doch es fehlte die konzeptionelle inhaltliche Neuorientierung. Weiters zeichnet sich seit er Volksparteichef ist, die Innenpolitisierung der Außenpolitik noch deutlicher ab. Zudem führen drastische Kürzungen von Budget und Personalstand im Außenamt zu Schließungen von Botschaften, einer Aushungerung der ohnehin wenigen Thinktanks sowie zur Kürzung der Entwicklungszusammenarbeit.
Schlechte Aussichten
Die mangelnde Ambition Österreichs auf dem internationalen Parkett aktiv aufzutreten, bewirkt, dass der Platz des Landes in der Welt kleiner wird. Denn im Verhältnis zu anderen Staaten mit vergleichbarer Größe und Verfassenheit hat Österreich deutlich weniger internationales Gewicht. Schweden und Finnland zum Beispiel treten nämlich nicht nur in der internationalen Gemeinschaft präsent auf, sondern zeigen gleichzeitig Initiative und finanzielle Untermauerung ihrer Außenpolitik.
Letzte Änderung am Dienstag, 08 Oktober 2013 12:08