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Als wäre es gewollt: Schreibtisch-Täter im Bildungs-Ministerium tun derzeit alles, um mit der Zentral-Matura einen Bauchfleck zu landen. Jetzt möchte Ministerin Heinisch-Hosek (SPÖ) die Verantwortung für Sitzen-Bleiber wieder den Lehrern umhängen...

ÖSTERREICH (hp) Zentral-Matura und Gesamt-Schule: Zwei Ideen, die den Gymnasien als so genannte „Kader-Schmieden“ arg zusetzen.

„Marxistischer Ansatz“
Gesamtschule

Etwa ein Jahr ist es her, seit der ROFAN-KURIER-Bericht über die Gesamtschule die Wogen in Tirol hochgehen ließ. Der ehemalige Landesschulrats-Präsident Dr. Hans Lintner (ÖVP) hatte damals offen über Integrations- und Sprach-Probleme türkisch-stämmiger Kinder, über die Ablehnung der Sprach-Förderung und über das Modell Gesamtschule gesprochen, das er als „marxistischen Ansatz“ ablehnte.
Dr. Lintner dazu heute: „Ich stehe auch ein Jahr danach zu meinen Aussagen. Ein differenziertes Schulsystem ist das beste Schulsystem. Wir brauchen keine Gleichmacherei über den Staat.“
Laut Lintner sei es Teil eines demokratischen Systems, den Eltern eine gewisse Wahlfreiheit zu lassen.
Heuer hat nun im Zillertal ein Schulversuch zur Gesamtschule begonnen. Aus der Hauptschule wird die „Gesamtschule“. Kritiker bezeichnen das Projekt als „Placebo“, denn nach wie vor pendelt ein Teil der Volksschul-Absolventen aus dem Zillertal nach Schwaz und besucht dort das Gymnasium. Als „Gesamtschul-Modell ohne Gesamtschule“ bezeichnete etwa der Standard das Projekt.
Im Herbst präsentierte sich in Tirol auch die Initiative „Pro Gymnasium“, der Kapazunda wie die Ex-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer angehören. Fast 3.000 Unterstützer hat die Gruppe bereits, darunter etliche Lehrer und Direktoren von Tiroler Gymnasien (www.progymnasium.at).

Zentralmatura

2015 werden die Gymnasiasten in ganz Österreich erstmals alle zugleich die selbe Matura schreiben. Damit sie nicht abschreiben können, wird es zwei Mutationen  dieser „Zentralmatura“ geben.  Die Aufgaben und auch die richtigen Antworten und Lösungen werden direkt vom Bildungs-Ministerium vorgegeben.
Jetzt könnte man denken, die Professoren müssten diese zentral errichteten Dokumente nur noch austeilen und die Punkte auszählen. Falsch. Denn dann wäre ja das Ministerium daran Schuld, wenn Schüler durchfallen.

Ministerium will Lehrern die Verantwortung umhängen!

Die Grundlagen vergeigt, Probleme in Aussicht. Was macht der gelernte Wiener Bürokrat? Er hängt die Schuld einem anderen um.  Sollten zuerst im Benotungs-System der Zentral-Matura stur die erzielten Punkte gelten, muss nun der Professor des Schülers in einer Abhandlung begründen, warum ein Schüler aufsteigen darf, auch wenn er zu wenig Punkte erreicht – oder auch warum er nicht aufsteigen darf, wenn er gerade noch ausreichend Punkte erreicht hat. Chaos und Bürokratie sind damit garantiert. Versuchs-Kaninchen sind jene, die als erste maturieren.
Bildungs-Landesrätin Dr. Beate Palfrader (ÖVP) übt nun auch die Funktion des Landesschulrats-Präsidenten aus. Das spart zwar in Zukunft Geld. Doch Vorgänger Dr. Hans Lintner (ÖVP) musste für dieses Amt auf andere Bezüge verzichten, die nun reaktiviert wurden. Also keine Ersparnis an Steuergeld...

SCHWAZ (cm) Im September-Interview 2013 sprach der Schwazer Bürgermeister Dr. Hans Lintner (ÖVP) Klartext zu Themen wie Integration, Religion und Gesamtschule. Er ist für die „Freiheit der Bildungswahl und die Förderung der Talente“. Diese Ziele sieht er in der Gesamtschule nicht verwirklicht. Den philosophischen Hintergrund, dass Gleichheit Gerechtigkeit schaffe, bezeichnete er im ROFAN-KURIER als „marxistischen Ansatz“. Darauf folgte eine heftige Diskussion, die schließlich zu Lintners Rückzug als Landes-Schulratspräsident führte.

„Gesamtschule heißt Errichten eines Zwangs-Systems“

ROKU: „Bereuen Sie die Aussagen im Interview von 2013?“

LINTNER: „Nein. Ich stehe zu meiner Auffassung und bin davon überzeugt, dass wir in unseren Schulen als Ziel nicht den Durchschnitt sondern die Förderung aller Begabungen und Talente anbieten müssen. Jenen, die mehr Unterstützung benötigen, müssen wir diese auch mit mehr Ressourcen zur Verfügung stellen. Gesamtschule heißt aber Abschaffung  der Sonderschulen, Abschaffung der Gymnasien, Beseitigung der Privatschulen und die Errichtung eines Zwangssystems.“

ROKU: „Wie sieht der Vergleich in Europa aus?“

LINTNER: „Wir haben in Österreich die geringste Jugendarbeitslosigkeit der Welt. Unser Bildungs- und Ausbildungssystem wird vor allem durch die Beschäftigungs-Chancen für Jugendliche bestätigt.“
ROKU: „Es braucht also keine Veränderung in unserem Bildungs-System?“

LINTNER: „Selbstverständlich muss sich unser Bildungsangebot ständig den Veränderungen anpassen. Wir brauchen besonders in Ballungsräumen kleine Gruppen und mehr Ressourcen für die Förderung unserer Kinder. Aber wenn alle das Gleiche bekommen, entsteht keine gerechte Gesellschaft. Dieses Modell ist überall – besonders im Ostblock – gescheitert.“

ROKU: „Was halten Sie von der Modellregion Zillertal?“

LINTNER:  „Wer sich mit diesem Thema ausführlich befasst, weiß, dass die Gesamtschule nur mit der Beseitigung des Gymnasiums und der Sonderschule sowie mit dem Verbot für Kinder, bis zum 14. Lebensjahr, Privatschulen besuchen zu dürfen, umsetzbar ist. Ein solches Programm entspricht nicht meinen Vorstellungen und das hat auch die ÖVP immer wieder abgelehnt.“
ROKU: „Wie kam es eigentlich zur großen Aufregung um die Aussagen im ROFAN-KURIER-Interview von 2013?“

LINTNER: „Von LA Weratschnig von den GRÜNEN wurde dieser Artikel zum richtigen Zeitpunkt vor den Nationalratswahlen über den Redakteur Peter Nindler gesteuert und initiiert. Die ÖVP Tirol hat dann dieses Interview zum Anlass genommen, besonders heftig für die Gesamtschule einzutreten.“

ROKU: „Wurden Sie deshalb als Landesschulratspräsident abgelöst?“

LINTNER: „Ich habe mein Ausscheiden schon vor der Landtagswahl dem Herrn Landeshauptmann angekündigt, wurde aber von ihm gebeten, noch in der Funktion zu bleiben. Das Interview hat aber mein Ausscheiden mit Beginn des Jahres 2014 unterstützt.“

ROKU: „Im Zuge der Diskussion wurde von der Opposition auch die Funktion des Landes-Schulrats-Präsidenten in Frage gestellt. Man warf der ÖVP vor, dass diese Funktion das Land unnötig Geld kostet und hat verlangt, dass die Bildungs-Landesrätin die Funktion mitbetreut. Die LISTE FRITZ schreibt in einer Aussendung, man habe durch die separate Besetzung von 2008 bis 2013 pro Jahr über 100.000,- EURO Steuergeld unnötiger Weise ausgegeben.“

Lintners Rücktritt spart offenbar keinen EURO!
 
LINTNER: „Das wurde so dargestellt, stimmt aber nicht. Auf Grund des Bezüge-Begrenzungsgesetzes wurde mein Bürgermeistergehalt während meiner Zeit als Landesschulratspräsident halbiert und mein Lehrergehalt eingestellt. Ohne den Bezug als Landesschulratspräsident bekomme ich wieder meinen vollen Bürgermeisterbezug und meine Lehrerpension. Der Steuerzahler spart sich also nichts. “

ROKU: „Also spart Ihr Rücktritt ausschließlich Ihre Arbeit für den Landesschulrat. Könnte man die Tätigkeit der letzten Jahre dann als „ehrenamtlich“ bezeichnen?“

LINTNER: „Nein, das ist nicht ganz richtig. Vorher erhielt ich die Bezüge eben als Landesschulrats-Präsident und noch einen Teil des Bürgermeister-Bezuges. Nun erhalte ich Bezüge in selber Höhe, aber eben als Bürgermeister und aus der Lehrerpension. Richtig ist, dass mein Rücktritt keinerlei Steuermittel spart. Das einzige, was nun tatsächlich eingespart wird, ist tatsächlich meine Arbeitsleistung.“

ROKU: „Wie reagiert die Bevölkerung auf Ihre Haltung, wie reagieren Partei-Kollegen?“

LINTNER: „Noch immer sprechen mich Leute auf meine Haltung und meine Aussagen zur Gesamtschule an und gratulieren mir zu meiner klaren Linie, zu meinen klaren Aussagen. Auch durch die Umfrage-Ergebnisse zur Gesamtschule in Tirol sehe ich mich bestätigt. Über 70% der Tirolerinnen und Tiroler lehnen das Modell Gesamtschule ja ab.“
   
ROKU: „Danke für das Interview!“

Gesamtschule, Migration, Lehre: Lintner spricht Klartext

Mittwoch, 04 September 2013
Freigegeben in Politik
TIROL  Im ROFAN-KURIER-Interview bezieht Landes-Schulratspräsidenten Bgm. Dr. Hans Lintner in einer für die Politik ungewöhnlichen Deutlichkeit Position zu den Themen „Migranten-Anteil an Schulen“, „Gesamtschule“, „Jugend-Arbeitslosigkeit“ und „Lehre mit Matura“.

Kinder, die der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, werden zum Beispiel in Schwaz, Wörgl oder Innsbruck in „Sprachstart-Gruppen“ (in den Kindergärten) oder in „Sprachstart-Klassen“ in den Volksschulen speziell gefördert. Dies wird vor allem von GRÜNEN und türkischen Organisationen heftig kritisiert...

„Migrations-Hintergrund“

LINTNER: „Das Thema ist leider sehr ideologisch besetzt. Es ist ein Problem, wenn die Ideologie die Menschlichkeit zudeckt. Wir haben in Innsbruck beispielsweise Grundschul-Klassen mit einem Migranten-Anteil von über 70, 80 Prozent. Wenn man über den Anteil der Kinder mit Migrations-Hintergrund spricht und in diesem Zusammenhang von Problemen, muss man ganz klar sagen, dass ja auch Kinder von deutschen  oder französischen Eltern Migranten-Kinder sind. Mit denen gibt es aber keine Probleme. Auch mit Kindern von Kroaten gibt es keine Probleme. Eine Gefahr für die Bildung der Kinder selbst und auch für die Gesellschaft ist aber die selbst gewählte Abschottung – auch sprachlich – vor allem von türkischen Migranten-Gruppen. Und hier auch wiederum vor allem von anatolischen Gruppen.“

ROKU: „Kann das Bildungs-System gegen eine selbst gewählte Abschottung, die noch dazu an die jeweils nächste Generation vererbt wird, überhaupt  etwas ausrichten?“

LINTNER: „Die Kinder müssen der Unterrichts-Sprache folgen können. Sonst schaffen sie keine Ausbildung. Wir begegnen diesem Problem mit unseren Sprachstart-Gruppen und Sprachstart-Klassen. Das kann man auch nicht auf private Institute auslagern! Ich bin davon überzeugt, dass der Staat die Pflicht hat, bei jedem Kind die Bildungs-Aufgabe zu Ende zu bringen. Jedes Kind muss mit den Grundkenntnissen Schreiben, Lesen, Rechnen UND einer demokratischen Grundeinstellung die Schule verlassen.“

ROKU: „Sprachstart-Gruppen und -Klassen sind eine Diskriminierung, lautet die Kritik...“

LINTNER: „Ich kenne diese Vorwürfe. Und vor allem in Wörgl hat eine Gruppe von GRÜNEN und türkischen Migranten gegen die Zuteilung ihrer Kinder in Sprachstart-Klassen mobil gemacht. Der Landesschulrat wurde mit Einsprüchen überhäuft und musste diese alle prüfen... Aber es ist falsch, das als Diskriminierung hinzustellen. Kinder, die ein offensichtliches Problem haben, haben auch das Recht, dort gezielt betreut und gefördert zu werden. Es wird fast so getan, als wäre es unsozial, den Kindern mehr Zuwendung zu geben. Man muss die Integration ernsthaft anpacken. Man tut den Kindern nichts Gutes, wenn man gegen ihre Förderung hetzt. Und wenn es nicht möglich ist, ein Kind in der Volksschule zu unterrichten, dann brauchen wir auch die Sonderschule. Ich sage: Soviel Inklusion wie möglich, soviel Differenzierung wie nötig.“

„Gesamtschule und Jugend-Arbeitslosigkeit“

LINTNER: „Ich halte nicht viel von der Gesamtschule. Das ist ein marxistischer Ansatz. Alle bekommen das Gleiche. Also sind sie dann auch alle gleich. So funktioniert das nicht. Ich unterstütze diesbezüglich die Position von Bildungs-Minister Töchterle voll und ganz. Wir haben das beste Bildungs-System der Welt, auch wenn es täglich schlecht geredet wird. Aus der ganzen Welt kommen jetzt Experten zu uns und wollen sehen, wie wir unsere Jugend-Ausbildung organisieren, weil wir weltweit zu den Ländern mit der geringsten Jugendarbeitslosigkeit zählen.“

ROKU: „Worauf führst du die geringe Jugendarbeitslosigkeit in Österreich/Tirol zurück?“

LINTNER: „Vor allem auf das duale Ausbildungssystem und auf unser differenziertes Schulsystem. Wir sehen ja, was die Gesamtschule in anderen Ländern bringt: Nämlich Jugendarbeitslosigkeit. In Südtirol machen 70% der Kinder die Matura. Bei uns machen 30% die Matura und etwa 42% eine Lehre. Trotzdem steht Nord-Tirol in Sachen Jugend-Arbeitslosigkeit besser da.“

ROKU: „Was sagst du zu `Lehre mit Matura´?“

LINTNER: „Jemand, der nach der Lehre die Matura macht, wird kaum in diesem Beruf bleiben. Das ist etwas für die Söhne von Unternehmern, die noch zusätzliche Bildung absolvieren wollen. Wir haben hier einen falschen Ansatz: „Wer keine Matura hat, der ist nichts“. Wir müssen die Lehre aufwerten! Der Lehrabschluss muss eine Stellung auf gleicher Augenhöhe mit der Matura erhalten! Dafür muss es auch mehr Ausbildung in der Lehre geben: 1,5 Tage Berufsschule statt 1 Tag pro Woche oder 12 Wochen statt 8 Wochen pro Lehrjahr. Oder ein Lehrjahr mehr. Dafür muss man mit dem Lehrabschluss dann auch ohne Matura an eine Fachhochschule (FH) der eigenen Fachrichtung gehen können. Der, der schon 40 Stunden arbeitet, soll doch nicht nebenher noch die Matura machen müssen...“
ROKU: „Danke für das Gespräch!“
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