Bildungs-Landesrätin Dr. Beate Palfrader (ÖVP) übt nun auch die Funktion des Landesschulrats-Präsidenten aus. Das spart zwar in Zukunft Geld. Doch Vorgänger Dr. Hans Lintner (ÖVP) musste für dieses Amt auf andere Bezüge verzichten, die nun reaktiviert wurden. Also keine Ersparnis an Steuergeld...
SCHWAZ (cm) Im September-Interview 2013 sprach der Schwazer Bürgermeister Dr. Hans Lintner (ÖVP) Klartext zu Themen wie Integration, Religion und Gesamtschule. Er ist für die „Freiheit der Bildungswahl und die Förderung der Talente“. Diese Ziele sieht er in der Gesamtschule nicht verwirklicht. Den philosophischen Hintergrund, dass Gleichheit Gerechtigkeit schaffe, bezeichnete er im ROFAN-KURIER als „marxistischen Ansatz“. Darauf folgte eine heftige Diskussion, die schließlich zu Lintners Rückzug als Landes-Schulratspräsident führte.
„Gesamtschule heißt Errichten eines Zwangs-Systems“
ROKU: „Bereuen Sie die Aussagen im Interview von 2013?“
LINTNER: „Nein. Ich stehe zu meiner Auffassung und bin davon überzeugt, dass wir in unseren Schulen als Ziel nicht den Durchschnitt sondern die Förderung aller Begabungen und Talente anbieten müssen. Jenen, die mehr Unterstützung benötigen, müssen wir diese auch mit mehr Ressourcen zur Verfügung stellen. Gesamtschule heißt aber Abschaffung der Sonderschulen, Abschaffung der Gymnasien, Beseitigung der Privatschulen und die Errichtung eines Zwangssystems.“
ROKU: „Wie sieht der Vergleich in Europa aus?“
LINTNER: „Wir haben in Österreich die geringste Jugendarbeitslosigkeit der Welt. Unser Bildungs- und Ausbildungssystem wird vor allem durch die Beschäftigungs-Chancen für Jugendliche bestätigt.“
ROKU: „Es braucht also keine Veränderung in unserem Bildungs-System?“
LINTNER: „Selbstverständlich muss sich unser Bildungsangebot ständig den Veränderungen anpassen. Wir brauchen besonders in Ballungsräumen kleine Gruppen und mehr Ressourcen für die Förderung unserer Kinder. Aber wenn alle das Gleiche bekommen, entsteht keine gerechte Gesellschaft. Dieses Modell ist überall – besonders im Ostblock – gescheitert.“
ROKU: „Was halten Sie von der Modellregion Zillertal?“
LINTNER: „Wer sich mit diesem Thema ausführlich befasst, weiß, dass die Gesamtschule nur mit der Beseitigung des Gymnasiums und der Sonderschule sowie mit dem Verbot für Kinder, bis zum 14. Lebensjahr, Privatschulen besuchen zu dürfen, umsetzbar ist. Ein solches Programm entspricht nicht meinen Vorstellungen und das hat auch die ÖVP immer wieder abgelehnt.“
ROKU: „Wie kam es eigentlich zur großen Aufregung um die Aussagen im ROFAN-KURIER-Interview von 2013?“
LINTNER: „Von LA Weratschnig von den GRÜNEN wurde dieser Artikel zum richtigen Zeitpunkt vor den Nationalratswahlen über den Redakteur Peter Nindler gesteuert und initiiert. Die ÖVP Tirol hat dann dieses Interview zum Anlass genommen, besonders heftig für die Gesamtschule einzutreten.“
ROKU: „Wurden Sie deshalb als Landesschulratspräsident abgelöst?“
LINTNER: „Ich habe mein Ausscheiden schon vor der Landtagswahl dem Herrn Landeshauptmann angekündigt, wurde aber von ihm gebeten, noch in der Funktion zu bleiben. Das Interview hat aber mein Ausscheiden mit Beginn des Jahres 2014 unterstützt.“
ROKU: „Im Zuge der Diskussion wurde von der Opposition auch die Funktion des Landes-Schulrats-Präsidenten in Frage gestellt. Man warf der ÖVP vor, dass diese Funktion das Land unnötig Geld kostet und hat verlangt, dass die Bildungs-Landesrätin die Funktion mitbetreut. Die LISTE FRITZ schreibt in einer Aussendung, man habe durch die separate Besetzung von 2008 bis 2013 pro Jahr über 100.000,- EURO Steuergeld unnötiger Weise ausgegeben.“
Lintners Rücktritt spart offenbar keinen EURO!
LINTNER: „Das wurde so dargestellt, stimmt aber nicht. Auf Grund des Bezüge-Begrenzungsgesetzes wurde mein Bürgermeistergehalt während meiner Zeit als Landesschulratspräsident halbiert und mein Lehrergehalt eingestellt. Ohne den Bezug als Landesschulratspräsident bekomme ich wieder meinen vollen Bürgermeisterbezug und meine Lehrerpension. Der Steuerzahler spart sich also nichts. “
ROKU: „Also spart Ihr Rücktritt ausschließlich Ihre Arbeit für den Landesschulrat. Könnte man die Tätigkeit der letzten Jahre dann als „ehrenamtlich“ bezeichnen?“
LINTNER: „Nein, das ist nicht ganz richtig. Vorher erhielt ich die Bezüge eben als Landesschulrats-Präsident und noch einen Teil des Bürgermeister-Bezuges. Nun erhalte ich Bezüge in selber Höhe, aber eben als Bürgermeister und aus der Lehrerpension. Richtig ist, dass mein Rücktritt keinerlei Steuermittel spart. Das einzige, was nun tatsächlich eingespart wird, ist tatsächlich meine Arbeitsleistung.“
ROKU: „Wie reagiert die Bevölkerung auf Ihre Haltung, wie reagieren Partei-Kollegen?“
LINTNER: „Noch immer sprechen mich Leute auf meine Haltung und meine Aussagen zur Gesamtschule an und gratulieren mir zu meiner klaren Linie, zu meinen klaren Aussagen. Auch durch die Umfrage-Ergebnisse zur Gesamtschule in Tirol sehe ich mich bestätigt. Über 70% der Tirolerinnen und Tiroler lehnen das Modell Gesamtschule ja ab.“
ROKU: „Danke für das Interview!“
Letzte Änderung am Donnerstag, 23 Januar 2014 09:36
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