Immer mehr Feministinnen treten in den Medien auf, um sich für die Rechte der Frauen einzusetzen. In ihren Forderungen sind allerdings die wirklichen Bedürfnisse der Frauen nebensächlich.
ÖSTERREICH (bb) „Erfolgreich ohne Penis“, „Alte-Kuh neue Kuh“, „Wir Alphamädchen“ - mittlerweile ist das feministische Repertoire auf dem Büchermarkt unüberschaubar geworden. Das Thema ist ein Verkaufsschlager in den Massenmedien, wo nun verstärkt Feministinnen auftreten, die sich von den „alten“, Männer feindlichen und Lila-Latzhosen tragenden Frauenrechtsverfechterinnen vehement abgrenzen. Vielmehr zeigen sie sich als jung, modern und dynamisch. Von ihren Inhalten kann man das oftmals nicht behaupten.
Debatte in Österreich
Auch in Österreich wird über Gleichstellung von Frauen und Männern - die bereits 1998 in der Bundesverfassung verankert wurde - rege diskutiert. So fordern Feministinnen in den Medien beispielsweise ein eigenständiges Frauenministerium, das mit ausreichenden finanziellen und personellen Ressourcen ausgestattet ist. Bisher ist die Frauenministerin nämlich nur Ministerin im Bundeskanzleramt, ihre Ressourcen sind vom Budget, sowie der Organisation und Personalverwaltung des Bundeskanzleramtes abhängig. Auch auf Landesebene scheint das Thema Frauen in Mode zu sein. So wurde kürzlich das neue Tiroler Kinder- und Jugendschutzgesetz in komplett weiblicher Form verfasst. Doch dieser vermeintliche Meilenstein in der Tiroler Frauenpolitik ist eher ein Salto rückwärts. Vielmehr werden darin die Fehler des alten radikalen Feminismus wie die ethnozentrische Sichtweise und dem Ausschluss der Männer wiederholt. So Swird in Österreich bzw. in Tirol, statt immanente Probleme der Gleichstellungspolitik, wie der Gender Pay Gap, ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, die Armutsfalle der Alleinerzieherinnen oder mangelnde Väterkarenz, anzugehen, lieber nur der Schein einer egalitären Gesellschaft gewahrt.
Der neue Feminismus
Der neue Feminismus scheint sich immer mehr von den wirklichen Bedürfnissen der Frauen abzuheben. So kommen in unzähligen Fernseh-Talkshows und Titelgeschichten renommierter Zeitschriften ausschließlich beruflich erfolgreiche Frauen zu Wort, die über ihre Ziele und Wünsche sprechen. Dazu gehört vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Für sie ist klar, dass alle jungen Frauen heute das Gleiche wollen, „nämlich: genauso viel verdienen wie Männer, die gleichen Aufstiegschancen sowie einen gleich großen Anteil an Macht im Land. Es scheint, als würde in der Gleichstellungsdebatte nur noch die Berufskarrieren von gut qualifizierten Frauen thematisieret werden. Probleme wie Niedriglöhne gerade in Erwerbsbereichen, in denen Frauen überrepräsentiert sind, illegalisierte Hausarbeiterinnen und deren oft miserablen Arbeitsbedingungen sowie Altersarmut von Frauen tauchen hingegen nur kurz unter dem Label der Sozialpolitik auf, werden aber im hegemonialen Diskurs nicht weiter beachtet. So wird zu den besten Sendezeiten unter dem Topos des neuen Feminismus ausschließlich für das bürgerliche Klientel gestritten, deren Interessen allerdings mit einem „Wir“ verallgemeinert werden. Die Anderen, die nicht dazu gehören, finden keine Erwähnung, behaupten die Sozialwissenschaftlerinnen Melanie Groß und Gabriele Winker. Was für einen Nutzen eine Reinigungsfrau oder eine Sexarbeiterin von dieser Art Gleichstellungspolitik haben soll, stellen sie in Frage. Auch der Maßstab für politische Erfolge richtet sich mittlerweile nach den Forderungen erfolgreicher bürgerlicher Frauen. So stellt die Erhöhung der Frauenquoten bei Professuren, Führungskräften, Unternehmensvorständen oder in Aktiengesellschaften einen gewaltigen Fortschritt in Sachen Gleichstellungspolitik dar. Klare Vorschläge zur Beseitigung der Armut bei Alleinerziehenden, zur Erzielung humaner Arbeitsbedingungen bei undokumentierten und illegalisierten Dienstleisterinnen, zur Einführung menschlicher Abtreibungsbedingungen oder zur Verhinderung von Gewaltverhältnissen und Diskriminierungen in Familien, werden allerdings weder von politischen Vertretern noch von den medial aktiven Feministinnen gemacht.
Mainstream Debatte
Zusammenfassend bleibt der Eindruck zurück, dass individuelle Selbstbefreiungsstrategien die derzeit einzige Entwicklung im Feminismus ist. Davon profitieren Groß und Winker zufolge allerdings nur gut ausgebildete, finanzkräftige und im Bürgertum sozial vernetzte Frauen. Ihnen gehe es nicht um die grundlegende Umgestaltung von heteronormativen Geschlechterverhältnissen sondern um die Erzielung individueller Gleichstellung. Störend ist daran, wie die Soziologin Ute Gerhard treffend anmerkt, dass es in diesem auf das Bürgertum bezogenen Feminismus keinen Platz für Mitgefühl gibt, für Solidarität mit Frauen, die nicht dieselben ökonomischen, kulturellen und sozialen Ressourcen vorweisen können. Darüber hinaus ist es ärgerlich, dass ausschließlich die Meinung von Karrierefrauen zu hören ist, die mit ihrer verallgemeinernden Sprache andere Positionen gänzlich ausschließen. Um jedoch die wirklichen Probleme derjenigen wahrzunehmen, die nicht Teil der Mittelschicht sind, erfordert es eine Frauenpolitik, die jenseits der Mainstreamdebatte angesiedelt ist, laut Groß und Winker