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TTIP und was kommt noch?

Freitag, 11 Dezember 2015
Freigegeben in Leserbriefe
Ihr Interview mit Minister Ruprechter war recht aufschlussreich. Mit vielen Worten nichts konkretes auszusagen ist politische Kunst. Es zeigt aber, wohin der Hase laufen soll: nämlich in Richtung Markthilfe für Großkonzerne! Mich verwundert in diesem Zusammenhang das lasche Auftreten der Tiroler Bauernfunktionäre. Die Herren sollten sich einmal an Ort und Stelle die in den USA praktizierte Farmwirtschaft ansehen und erläutern lassen. Dann könnten sie sich selbst ausrechnen, welche Überlebens-Chancen unsere Landwirtschaft hat. Die Größenverhältnisse sind nämlich nicht 1:2, sondern 1:1000 oder noch mehr. Die Ruhe bei den Bauern in Sache TTIP kann ich mir nur damit erklären, dass genügend Subventionen (Steuergelder) zum Ausgleich von Nachteilen durch TTIP in Sicht sind.

Simon Neuhauser
Brixlegg

„Russland-Embargo wird weitere Jobs kosten“

Donnerstag, 29 Oktober 2015
Freigegeben in Politik
Jeden Tag werden in Österreich Ackerflächen im Ausmaß von 31 Fußball-Feldern zubetoniert. Das Resultat: Österreich kann sich nicht mehr selbst ernähren! Dazu und zu anderen Themen hat der ROFAN-KURIER LWK-Präsident Josef Hechenberger (ÖVP) zum Interview gebeten.

TIROL/REITH (cm) Bauern-Vertreter wie der Tiroler Landwirtschaftskammer (LWK)-Präsident Josef Hechenberger schlagen Alarm: Die Versorgungs-Sicherheit des Staates und damit auch seine Souveränität sind in Gefahr. Jeden Tag werden in Österreich etwa 22 Hektar landwirtschaftliche Flächen versiegelt. Zubetoniert oder asphaltiert. Das sind etwa 31 Fußball-Felder. Pro Jahr also  11.300 Fußball-Felder oder 80 Millionen m2.

Ideal für internationale Lebensmittel-Konzerne

Hält der Trend an, wird bereits in 20 Jahren zusätzlich eine Fläche so groß wie das Burgenland komplett zubetoniert sein! In 200 Jahren wird dann in Österreich keine einzige Kartoffel mehr von einem Bauern angebaut: Alle landwirtschaftlichen Flächen sind bis dahin (theoretisch) verschwunden.
Laut jüngsten Erkenntnissen benötigt man etwa 1.850 m2 landwirtschaftlichen Boden, um einen Menschen zu ernähren.
Noch 1961 standen in Österreich pro Einwohner etwa 2.400 m2 landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung, heute sind es laut österreichischer Hagelversicherung weniger als 1.600 m2 pro Person.
Österreichs Landwirtschaft kann seine Bewohner also kaum noch ernähren und ist auf Importe angewiesen.
Für internationale Lebensmittel-Konzerne die perfekte Situation: Die regionale Konkurrenz schafft sich selbst ab...
LWK-Präsident Josef Hechenberger warnt: „Die Selbstversorgung eines Staates ist aufgrund von saisonalen Effekten ohnehin schwierig. Aber auch die rechnerische Selbstversorgung geht sich in Österreich bald nicht mehr aus!“

Mehr Überschwemmungen

Auch für das Abfluss-Verhalten von Wasser bei Stark-Regen oder Überschwemmungen ist diese Entwicklung enorm schlecht: Das Wasser kann nicht mehr versickern, wird nicht mehr von Pflanzen und Wurzeln zurückgehalten. So schießen die Wassermassen mit hoher Geschwindigkeit durch Straßen und über versiegelte Flächen, warnt auch die österreichische Hagelversicherung.

Etwa 130.000 Hektar in Tirol

In Tirol werden momentan noch etwa 130.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen in Tal-Lagen bewirtschaftet (für Ackerbau, Viehzucht, Obstanbau...). Auf den Almen sind es etwa 160.000 Hektar. Diese Fläche dient jedoch hauptsächlich als Almweide  und hat für den Ackerbau kaum Bedeutung.
Tirols Bauern können die rund 700.000 Tiroler Bürger also rein rechnerisch noch gerade so ernähren (Almflächen nicht mitgerechnet).
 
Im Gegenzug stehen in Österreich laut Umweltbundesamt rund 13.000 ha (= 130 Mio. m²) Industriehallen leer, bei Berücksichtigung von leerstehenden Wohn- und Geschäftsimmobilien sind es rund 500 Mio. m² leerstehende Gebäude, die durch entsprechende Anreizsysteme wieder wirtschaftlich genutzt werden könnten.

Josef Hechenberger: „Bauern auch selbst schuld“

LWK-Präsident Josef Hechenberger möchte auf die Problematik aufmerksam machen aber auch das Bewusstsein seiner eigenen Leute, der Bauern, schärfen. „Man braucht hier nichts schön reden. Die zubetonierten Grundstücke muss ja auch jemand verkaufen. Manchmal werden Landwirte gedrängt, für Verkehr oder Ortsentwicklung etwas zu verkaufen. Meist passiert das aber freiwillig…“

ROKU: „Wie steht es um die Selbstversorgung von Tirol?“

HECHENBERGER:„Bei Rind- und Schweinefleisch sind wir von Importen abhängig. Selbstversorger sind wir hingegen im Bereich Milch und Milchprodukte. Getreide und Mais müssen wir auch importieren. Bei Salat und Radieschen sind wir ganz vorne dabei und versorgen uns (in der Saison) selbst. Zwar holen wir auch im Obstbau auf, aber da sind wir ebenfalls von Importen abhängig. Alles bezogen auf Tirol...“

ROKU: „Wie können die Bürger die heimische Qualität unterstützen?“

HECHENBERGER:„Das Thema „Regionalität“ geht ja weit über die Landwirtschaft hinaus. Wir versuchen, nicht nur den Rohstoff, sondern auch die Veredelung und die Wertschöpfung hier in Tirol zu halten. Wer darauf beim Einkaufen achtet, schützt unseren Lebensraum aber auch heimische Arbeitsplätze in Tirol.“
    
ROKU: „Was sagst du zum internationalen Freihandels-Abkommen TTIP?“

HECHENBERGER:„Ich weiß, dass die Bundesregierung da eine offenere Schiene fährt. Aber ich halte davon überhaupt nichts! Wir müssen in erster Linie auf unsere eigenen Leute, auf unsere Bürger und Arbeitsplätze schauen. Was hier geplant ist, schützt die Struktur der regionalen Landwirtschaft überhaupt nicht. Auch über die Arbeitnehmer wurde drüber gefahren.“

ROKU: „Könnte man mit den US-Preisen mithalten?“

HECHENBERGER:„Heimische Bauern könnten nie mit den Weltmarkt-Preisen von industrieller Landwirtschaft mithalten. Allein schon in Relation mit unseren teuren Grundstücken. Ich sehe die Gefahr, dass wir komplett unterlaufen werden. Preislich und auch sonst. Ja, wir produzieren teurer. Aber dafür ist der Umweltschutz gewährleistet, der Tierschutz, die Wertschöpfung und auch die Arbeitsplätze. TTIP wäre eine Arbeitsplatz-Vernichtungs-Maschine.“

ROKU: „Zum Thema Arbeitsplatz-Vernichtung. Wieso beteiligt sich ein neutrales Österreich am Russland-Embargo?“

HECHENBERGER: „Man hat offenbar wirklich geglaubt, man könnte Putin durch so ein Embargo in die Knie zwingen. Eine völlige Fehleinschätzung! Das Ukraine-Thema kann nur am Verhandlungs-Tisch gelöst werden, nicht durch Embargos. Wenn das Embargo aufrecht bleibt, werden in der Landwirtschaft weitere Jobs verloren gehen! Auch der Milchpreis-Verfall hat direkt mit dem Russland-Embargo zu tun. Das kostet uns viel – auch Arbeitsplätze – und bringt uns gar nichts! Ich verstehe nicht, warum die EU den Amerikanern damit auf den Leim geht. Amerika ist hier der lachende Dritte.“

ROKU: „Danke für das Gespräch!“
Im Juni feierte das Projekt IBBA in Buch in Tirol sein 10-jähriges Bestehen. Anlass genug für den ROFAN-KURIER, dem Vorzeigeprojekt einen Besuch abzustatten.

BUCH (ce) Das Projekt IBBA (Integratives Buntes und Bäuerliches Arbeitsprojekt) ist ein Berufsvorbereitungs-, Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt im landwirtschaftlichen und gärtnerischen Bereich für Jugendliche und junge Erwachsene mit besonderen Bedürfnissen. Die hier beschäftigten Personen sollen lernen und ihre gesammelten Erfahrungen als Sprungbrett in die Arbeitswelt nutzen. DSA Georg Moser erklärt das Prinzip von IBBA: „Wir haben derzeit 14 Jugendliche und junge Erwachsene, die bei uns arbeiten. Einige sind in der „Inneren Gruppe“. Sie kochen und kümmern sich um die Verarbeitung und Vermarktung unsere Produkte. Das sind zum Beispiel Marmeladen, Kompotte, Gewürzsalze, Schneidebretter, Kerzenhalter, Schaf-fleisch und vieles mehr. Die „Außengruppe“ kümmert sich um die Tiere des Schafflerhofes, betreibt Handwerk und Kunsthandwerk sowie kleinere Reparaturen rund um den Hof. Die „Gartengruppe“ bestellt die Äcker, sammelt Kräuter, pflegt die Obstbäume und verrichtet Auftragsarbeiten der Gemeinde oder von Privatpersonen.“ Da viele Jugendliche erst herausfinden müssen, was ihnen gefällt, wechselt die Besetzung der Gruppen in regelmäßigen Abständen. Nur in der Qualifizierungsphase bleiben die Jugendlichen in der passenden Gruppe, um sich auf den Einstieg ins Berufsleben konkret vorzubereiten. „In den vergangenen 10 Jahren konnten über 80 Prozent jener, die bei uns beschäftigt waren, einen dauerhaften Job am normalen Arbeitsmarkt bekommen;  eine stolze Bilanz!“, freut sich Geschäftsführer Moser.

Hechenberger: „Almwirtschaft ist unser Juwel“

Mittwoch, 03 Juli 2013
Freigegeben in Lokales
Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Hechenberger besichtigte kürzlich die Gärtnerei Strillinger in Kufstein und die Ackern-Bärenbad-Alm in Thiersee.

KUFSTEIN/BEZIRK (aw) Im Rahmen seiner diesjährigen Sommertour machte Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Hechenberger Halt bei der Gärtnerei Strillinger in Kufstein. Als einer von 65 Tiroler Gemüsebauern und damit einziger im Bezirk, war Betreiber Johann Strillinger der passende Gastgeber.

Bewusstsein für Regionalität stärken

Hechenberger geht es vor allem darum das Bewusstsein für regionale Lebensmittel zu stärken. „In Zeiten in denen ein Lebensmittelskandal den nächsten jagt, müssen wir Tiroler Bauern den Konsumenten vehement auf hochwertige Produkte hinweisen“, sagt der Präsident.
Um die Bedeutung der Almwirtschaft hervorzuheben, wurde wenig später die Ackern-Bärenbad-Alm in Thiersee besucht. „Die Almwirtschaft is unser Juwel“, bekräftigt Hechenberger und weist damit auf die 2.300 Tiroler Almen hin, von denen sich 334 im Bezirk Kufstein befinden. Wirtschaftskammer-Obmann Johannes Gwiggner fügt hinzu: „Es ist einzigartig in Tirol, dass das Milchvieh auf die Alm getrieben wird. Diese Art der Landwirtschaft muss erhalten bleiben“.

Bezirk stark im Gartenbau

Wo der Bezirk Kufstein in Sachen Obst- und Gemüsebau im Land nicht den höchsten Stellenwert hat, da hebt er sich in Sachen Gartenbau hervor. Elf Betriebe (73 tirolweit) erzeugen hier Beet- und Balkonpflanzen.
Umweltminister Nikolaus Berlakovich brachte mit seinem Pro-Pestizid-Votum die Diskussion um das Bienensterben ins Rollen. Doch Pestizide sind nicht der einzige Feind der Bienen. Bezirks-Imkerin Rosi Fellner erklärt im Interview weitere Ursachen.

ÖSTERREICH/TIROL (aw) Stirbt die Biene, stirbt der Mensch. Das wusste bereits Albert Einstein. Das weltweite Bienensterben ist seit Jahren im Gang. Auch in Österreich gibt es gebietsweise Ausfälle von 25-30%. In einzelnen Gebieten sterben sogar ganze Bienenvölker komplett aus.

Stirbt die Biene, stirbt der Mensch

„Was uns die Biene gibt, haben wir bisher immer für selbstverständlich genommen“, sagt Rosi Fellner, Obfrau der Bezirks-Imker. Die Breitenbacherin weiß, wie wichtig die Bestäubungsleistung der Biene ist. Viele Lebensmittel würden ohne Bienen rasch knapp werden oder wären irgendwann gar nicht mehr erhältlich. So etwa Tomaten oder Kürbisse. Auch Futterpflanzen für Kühe benötigen die Bestäubung, was sich wiederum positiv auf die Milchproduktion auswirkt.
„Die Agrarwirtschaft muss sich ändern, sonst haben wir bald ein Ernährungsproblem“, prophezeit Fellner. Auch die UNO warnt: Wird der Einsatz von Pestiziden nicht eingeschränkt und die Agrarkultur nicht radikal geändert, hat die Menschheit bereits innerhalb der nächsten zehn Jahre ein ernsthaftes Problem.

Bienensterben: Die Ursachen

Doch warum sterben immer mehr Bienen? Die Gründe sind vielfältig und hängen oft zusammen. Rosi Fellner erörtert mit dem ROFAN-KURIER die größten Bienen-Killer:

* Die Varroa-Milbe
1975 aus Indien eingeschleppt, ist die Varroa-Milbe der größte  Feind der Biene. Sie nistet sich in jedem Volk ein, saugt ihren Opfern das Blut aus und verletzt den Chitin-Panzer – dadurch haben Viren und Keime leichtes Spiel! Jeglicher Versuch, die tödliche Milbe zu bekämpfen, scheiterte bisher. „Jedes Bienen-Volk in Österreich ist Milben-befallen“, bekräftigt Fellner.

* Pestizide/Fungizide/Herbizide
„In Tirol wird ohne Rücksicht auf Verluste gespritzt“, kritisiert die Bezirks-Imkerin. Die Spritzmittel werden in Österreich zwar so getestet, dass 50% der Bienen die Tests überleben. Diese 50% sind aber in ihrem Mechanismus schwer beeinträchtigt. „Umweltminister Berlakovich hat die Diskussion über Pestizide ins Rollen gebracht. Damit tat er uns einen Gefallen“, sagt Fellner.
Mit Dezember werden EU-weit für vorerst zwei Jahre lang zumindest drei Pestizide verboten.

* Monokulturen
Der Mensch freut sich zwar über eine geringe Pollen-Belastung, der Biene fehlt dadurch aber das Eiweiß als wichtiger Körperaufbaustoff. In der heimischen Natur gibt es außerdem keine Artenvielfalt mehr, weshalb Bienen unter einseitiger Ernährung leiden. Die Folge: Sie entwickeln sich nicht optimal. Mit Schuld daran ist das frühe und oft zu häufige Mähen.

* Weniger Lebensraum
Die natürlichen Lebensräume der Biene werden immer stärker reduziert – hauptsächlich durch Verbauungen und Wegfallen natürlicher Wiesen.

* Der Klimawandel
Nicht zuletzt leidet die Biene unter der Umweltbelastung und den schlechter werdenden Luftwerten. Früher roch eine Biene Blüten in einer Entfernung von bis zu 700 m – heute sind es nur mehr 200 m.

Das Pestizid-Verbot ist eine erste Maßnahme gegen das Bienensterben. Doch damit ist es nicht getan. Sie hofft auf weitere gemeindliche Bienenweiden, so wie in Radfeld. Allgemein plädiert sie für eine Umstellung auf Bio-Landwirtschaft und mehr Naturbelassenheit. Damit kann man auch privat anfangen, indem man weniger mäht und Blumen oder Bäume pflanzt. „Außerdem sollte man sich informieren, bevor man Pflanzenschutzmittel kauft“, rät Fellner.

Lebensmittel: Was sollen wir noch essen?

Dienstag, 02 April 2013
Freigegeben in Tirol-Nachrichten
Die Unsicherheit der Konsumenten steigt: In der Lebensmittel-Industrie wird offenbar gelogen und betrogen, wo immer es ein paar Cent bringt. Was sollen wir noch essen?

TIROL (cm) Pferdefleisch-Skandal, BIO-Eier-Betrug und die Felder werden offenbar europaweit mit illegalen Unkrautmitteln aus China vergiftet. Der ROFAN-KURIER hat den Präsidenten der Landes-Landwirtschaftskammer, Josef Hechenberger, zum Thema „Was sollen wir noch essen“ zum Interview gebeten. Er besuchte uns mit seiner bestens informierten Presse-Sprecherin in der Redaktion.

ROKU: „Welche Tierarten hältst du selber auf deinem Hof?“

HECHENBERGER:
„Derzeit halten wir 80 Kühe, in erster Linie Milch- und Zuchtvieh. Wir produzieren Rindfleisch für den Eigenbedarf. Außerdem halten wir Hühner.“

ROKU: „Gibt es so etwas wie Lebensmittel-Sicherheit noch?“

HECHENBERGER: „Die Intervalle zwischen den Skandalen werden immer kürzer. Ich sehe das sehr kritisch. Für mich als Bauer ist es positiv, dass solche Themen aufkommen, weil das Bewusstsein für Lebensmittel und deren Wert wieder steigt. Wir haben auch als Bauern die Pflicht, dem Vertrauensvorschuss als Produzenten gerecht zu werden.“

ROKU: „Wie schaut das aus, wenn du als LWK-Präsident eine Kuh schlachten lässt: Wo fährst du hin oder kommt der Metzger auf den Hof? Welches Fleisch kommt zu Hause auf den Teller: Das von hofeigenen Tieren?“

HECHENBERGER: „Schlachtung am Hof ist ja mittlerweile verboten. Erlaubt ist eine Schlachtung am EU-Schlachthof, der die Standards erfüllt. Zum Beispiel in Reith… Wir haben da einen Bauern, der auch Gastwirt ist und einen deklarierten, geprüften EU-Schlachthof betreibt. Dort lasse ich schlachten. Schweinefleisch haben wir nicht selbst, wir kaufen zum Beispiel bei der Firma Wimpissinger, weil das ein regionaler Metzger ist.“

ROKU: „Welche Medikamente und Antibiotika und welche Wachstums-Mittel sind in der Nutztier-Haltung bei uns erlaubt?“

HECHENBERGER: „Hormone sind gänzlich verboten. Wenn ein Tier krank ist, sind jedoch Medikamente erlaubt. Aber auch Homöopathie ist im Vormarsch! In Tirol haben wir den Tier-Gesundheitsdienst, da muss genau dokumentiert werden, was wann und in welcher Menge verabreicht wurde. Es gibt gesetzlich die Verpflichtung, dass jeder Tierhalter jedes Tier innerhalb von sieben Tagen kennzeichnet. Auch wenn das Tier den Hof wechselt – aufbauend auf dem BSE-Skandal – muss jedes Tier von Geburt an bis zur Schlachtung lückenlos überwacht werden. Sonst drohen BH-Strafen oder die Kürzung von Förderungen.“

ROKU: „Was sagst du zu Mitteln wie Monsanto Roundup? Es wird als Unkrautmittel legal in der Landwirtschaft eingesetzt und soll Pflanzen-Schäden aber auch Hormonstörungen, Entwicklungsschäden und Geburtsdefekte bei Tieren verursachen.“

HECHENBERGER: „Die meisten Tiroler Bauern (95%) haben sich verpflichtet, auf Kunst-Dünger oder chemischen Pflanzenschutz freiwillig zu verzichten. Das wird kontrolliert! Für die Einhaltung gibt es eine finanzielle Abgeltung.“

ROKU: „Woher kommt das Gemüse, das wir essen (in der Regel), wenn wir beim Wirt sitzen?“

HECHENBERGER: „Bei der Milch und der Milchproduktion hat Tirol eine Eigenversorgung von ca. 80%. Bei Gemüse ist es natürlich saisonal bedingt. Es gibt bei keinem Produkt eine Vollabdeckung – aber Tirol ist im Gemüse-Bereich extrem gut aufgestellt.“

ROKU: „Billig kostet... Billig kostet uns offenbar unsere Gesundheit. Könnten lokale Anbieter überhaupt ein Ausweg sein.“

HECHENBERGER: „Man kann nicht das ganze Jahr über frische Tiroler Äpfel oder Zwetschken erwarten. Aber wir versuchen den Obstbau auszuweiten, weil gerade das Tiroler Oberland hier besonders geeignet ist. Wichtig ist, dass die Qualität passt!“

ROKU: „Regionale Produkte sind offenbar sicherer. Doch jetzt steuert die EU mit der Saatgutrichtlinie gegen und möchte die private und kleinbäuerliche Vermehrung  von Saatgut für Getreide, aber auch Obst und Gemüse (?) verbieten, sofern die Sorten nicht registriert und genormt sind. Das wäre der Tod für kleine regionale Strukturen, die noch bestehen. Was tust du als LWK-Präsident, um den Beschluss dieser Richtlinie zu verhindern? Hier gibt es auch Unterschriften-Aktionen...“

HECHENBERGER: Das ist wohl eine Dummheit, wenn man versucht, ganz Europa über einen Kamm zu scheren. Wenn Produktion zu normiert wird, ist die Gesellschaft noch anfälliger für gesundheitliche Entwicklungen.  Eine Abhängigkeit der Bevölkerung im Lebensmittelbereich ist nicht möglich – das sehe ich sehr kritisch. Wir machen gemeinsam mit Südtirol genau das Gegenteil, wo wir mit GENE-SAVE alte Obstsorten, die resistent sind, neu aussetzen, damit diese erhalten bleiben. Ich werde das Thema bei der Länder-Runde auf die Agenda setzen.“

ROKU: „Was rätst du den Leserinnen und Lesern: Wie sollen sie ihren Bedarf decken? Worauf sollen sie achten? Offenbar wird auch mit Gütesiegeln und Prüfzeichen Schindluder getrieben?“

HECHENBERGER: „Sofern saisonal möglich, ist man sicher gut damit beraten, wenn man bei Bauernmärkten, Läden oder bei Verarbeitungs-Betrieben einkauft. Am kritischsten ist es, wenn man Fertigprodukte kauft, das ist ein Mix von irgendwo. Ich traue Zertifikaten wie „BIO vom BERG“ oder „Qualität Tirol“ oder österreichweit dem „AMA-Gütesiegel“...

Schwein muht Pferd... „Mahlzeit“

Montag, 25 Februar 2013
Freigegeben in Wissenschaft
Kebab, Tortellini, Lasagne, Würste… Letzte Woche hat der Pferdefleisch-Tsunami Österreich voll erreicht! Es scheint: Nicht „Kohlehydrate“ sind der Feind, sondern Fertiggerichte. Regionalität wäre ein Schutz. Doch die EU macht jetzt Jagd auf Kleinbauern und Selbstversorger.

INTERNATIONAL (cm/rr) Ist Pferdefleisch etwas Schlechtes? An sich vermutlich nicht. Man sollte es nur nicht bekommen, wenn man eingentlich Rindfleisch kauft. Wenn in einem Rindfleisch-Döner zum Beispiel nicht deklariertes Schweinefleisch wäre, beginge der gläubige Moslem eine schwere Sünde, wenn er diesen verzehrt. Bisher hat man darin aber „nur“ Pferde gefunden...

„Wenn ich nur wüsst, was drinnen ist...“

Das Ausmaß an Falsch-Deklaration von Fleisch ist noch nicht abschätzbar. Doch darum alleine geht es längst nicht mehr. Der jüngste Lebensmittel-Skandal zeigt, dass viele Produzenten gar nicht mehr wissen, was sich in ihren Produkten befindet oder woher die Zutaten überhaupt kommen. Die Billig-Zulieferer sitzen meist in Ländern, in denen Medikamente, Antibiotika oder giftige Spritzmittel nach wie vor erlaubt sind. Andererseits zeigt der Skandal einmal mehr, wie billig hier produziert wird, wenn es rentabel ist, Pferdefleisch um die halbe Welt zu karren. Dabei wird es wohl mehrfach umdeklariert, bevor es den Weg in die Bäuche der deutschen oder österreichischen Konsumenten findet. Regionalität, Selbstversorgung oder der Verzicht auf Fertig-Gerichte könnten helfen. Viele verdrängen beim Kauf von Fertiggerichten die Tatsache, dass sie bezüglich Inhalt komplett ausgeliefert sind: Pferde, Augen, Innereinen? Was man sonst vielleicht nicht essen würde, kauft man so eventuell trotzdem ein.

Sind wir nicht alle Chinesen…?

„Du bist, was du isst“ lautet ein Sprichwort. Dann müssten die Europäer allesamt längst Chinesen sein. Wenn man Recherchen des deutschen Fernseh-Magazins „Quer“ glauben darf, kommen fast 80 Prozent der verarbeiteten Tomaten am europäischen Markt, zum Beispiel in Tomatenmark oder Dosentomaten, nicht wie am Etikett steht aus Italien, sondern aus China. Was ist mit Früchten in Marmeladen oder in Joghurt? Auch das sind „Fertigprodukte“...
Wer Dosentomaten aus Italien kauft, denkt, die Tomaten in der Dose kommen aus Italien. Doch oft ist nur die Dose ein echter „Italiener“, der Inhalt aber aus China. Eine Kennzeichnung ist bei verarbeiteten Lebensmitteln nicht vorgeschrieben! (Siehe Marmelade, Joghurt, Tomatenmark, Dressings, Soßen, Fertig-Püree, Fertiggerichte wie Pizza, Lasagne...) Dabei würden die Verbraucher sehr gern wissen, woher die Lebensmittel in ihren Produkten kommen. Die China-Tomaten beispielsweise werden in Süditalien von Frachtschiffen geholt und nur in Italien verarbeitet. So wird ein „italienisches“ Produkt gebastelt.
Diese Skandale rütteln die Leute auf und bringen sie dazu, vermehrt bei heimischen Bauern zu kaufen oder sich Saatgut zu beschaffen und einen Teil ihrer Lebensmittel selbst anzubauen.

Selbst-Versorgung wird verboten

Eine logische Antwort auf diese Miss-Stände wäre es, sich so weit wie möglich selbst zu versorgen oder die Erzeugnisse der lokalen Bauern zu nutzen.
Doch auch dafür hat die EU, massiv beeinflusst von Konzernen wie BASF oder MONSANTO, eine Regelung im Ärmel: Die Selbstversorgung durch Ackerbau soll per Gesetz praktisch abgeschafft werden!
Ein Landwirt schenkt seinem Nachbarn selbst gezüchtetes Saatgut. Wenn es nach der EU-Kommission geht, könnte das schon bald illegal sein. Denn dann darf nur noch registriertes Saatgut, EU-konform von registrierten Betrieben weitergegeben werden. Das Gesetz ist noch nicht fixiert und die weitere Entwicklung ist spannend. Wie immer geht es auch hier ums Geld: Unterbindet man die private Saatgut-Vermehrung und zwingt man die Bauern und Hobby-Gärtner, Industrie-Saatgut zu kaufen (das sich übrigens in den meisten Fällen nicht vermehren lässt), macht man ganze Volkswirtschaften abhängig vom Tropf und der Preispolitik von Konzernen wie BASF, die dann Jahr für Jahr neues Saatgut verkaufen können... 

Siehe dazu Vortrag: „Unser Saatgut in Gefahr“. Fr., 22. März, 19:30 Uhr, Hotel Vomperhof, Dorf 4, Vomp.
© Rofankurier