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Barrierefrei wird für Firmen Pflicht

Donnerstag, 02 Juli 2015
Freigegeben in Tirol-Nachrichten
Seit 10 Jahren müssen in Österreich alle öffentlich zugänglichen Gebäude für Behinderte barrierefrei sein. Darunter fallen auch Geschäfte, Hotels, Büros, Restaurants... 2016 endet die Übergangsfrist, bei Nichtbeachtung drohen Gerichtsverfahren.

TIROL (ce) Je näher der 1. Jänner 2016 rückt, dester mehr beschäftigen sich Bauherren, Planer, Handwerker, Ladenbesitzer und Wirte mit den Fragen: Muss alles barrierefrei sein? Was wird das kosten? Können wir das technisch beherrschen?
Der ROFAN KURIER hat diese und andere Fragen DI Anton Rieder, Innungsmeister der Landesinnung Bau Tirol in der Wirtschaftskammer, gestellt.

ROKU: „Gilt das Gesetz wirklich für alle Unternehmer, ohne Einschränkungen?“
DI Anton Rieder: „Ja, soweit die Geschäftsräume für alle öffentlich zugänglich sind. Dabei handelt es sich meist um Handels- und Gastrobetriebe, einzelne Büros vielleicht nur dann, wenn dort auch Kundenverkehr herrscht.“
ROKU: „Was können kleine Betriebe, Lokale oder Boutiquen tun? Müssen Rampen und Lifte eingebaut werden?“
Di Anton Rieder: „Unsere Empfehlung ist es, sich ganz genau im Vorhinein anzuschauen was genau zu machen ist. Es gibt sehr gute Fachleute, die hier beratend tätig sind, auch auf der Homepage der Innung erhält man Auskunft, darüber, was is zwingend notwendig ist und wie man nicht übers Ziel hinausschießt.“
ROKU: „Gibt es Kosten-Unterstützungen und wie könnte ich mit meinen Geschäft größeren Kosten entkommen?“
DI Anton Rieder: „Dem Gesetz ganz auskommen können Sie praktisch nur, wenn ihr Gebäude unter Denkmalschutz steht. Aber neben den bautechnischen Möglichkeiten gibt es genügend alternative Lösungen (zB.: Gegensprechanlagen). Bautechnische Lösungen müssen auch wirtschaftlich zumutbar sein. Manchmal reichen Schilder „Bitte läuten – Es wird Ihnen geholfen!“? Ein Unternehmer, der sich aktiv mit der Problematik beschäftigt, macht bei den Betroffenen schon einen guten Eindruck.“

Schlichtung vor Gericht

ROKU: „Wer überprüft das Gesetz und wie kann man gestraft werden?“
DI Anton Rieder: „Bei gewerblichen Bauten gilt das Anti-Diskriminierungs-Gesetz. Somit läuft die Kontrolle nur über die Betroffenenen selbst. Bei Beschwerden gegen einen Unternehmer gibt es zuerst ein Schlichtungsverfahren zur Vermittlung zwischen Kunden und Unternehmer. Erst wenn diese Schlichtung scheitert,  kommt es zum Gerichtsverfahren. Aber bisher gingen nur ein Prozent der Fälle vor Gericht, aber mit dem Ende der Übergangsfrist ab 2016 gilt eigentlich null Toleranz.“
ROKU: „Raten Sie, sofort mit Umbau etc. zu beginnen?“
DI Anton Rieder: „Ich rate allen Unternehmen sich zu überlegen, was dieses Gesetz für sie selbst, für Kunden und Mitarbeiter bedeutet. Ich würde mich bemühen, erste Schritte setzen, damit ich zeige, dass  mir ist das Thema wichtig ist. Ich würde nicht Unmengen dafür ausgeben, bevor ich alles geklärt habe und mich beraten lassen habe. Ich glaube, wenn die, für die Barrierefreiheit wichtig ist,  erkennen, dass ich mich bemühe, dann ist der Rechtsweg eher ausgeschlossen. Außerdem steht im Gesetz nichts genaues, was definitiv zu tun ist. Somit ist es jedem Unternehmer überlassen, jene Lösung zu finden, die ihm und seinen Kunden am Besten passt.“
 
Barrierefrei heisst Komfort

Dass Barreierfreiheit wichtig für eine Gesellschaft ist, erklärt Bundesbehindertenanwalt Dr. Erwin Buchinger: „Barrierefreiheit ist vor allem ein Thema für den Altbestand, zumal bei neuen Gebäuden Barrierefreiheit ja bereits vorgeschrieben und wirksam ist. Derzeit gebe es keinen Rechtsanspruch auf Durchsetzung der Barrierefreihei, sondern nur einen Rechtsanspruch auf Schadenersatz“. In Österreich leben rund 1,7 Millionen Menschen, also 20 % der Bevölkerung mit irgendeiner Art von Behinderung (1 Mio. mit Mobilitätseinschränkungen, darunter 50.000 Rollstuhlfahrer; 0,3 Mio. mit starker Sehbeeinträchtigung; 0,2 Mio. mit psychischen/neurologischen Beeinträchtigungen; weitere 0,2 Mio. mit starker Hörbeeinträchtigung; und 0,1 Mio. mit Lernschwierigkeiten). Für sie sei Barrierefreiheit eine notwendige und gesetzlich gebotene Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Für Familien mit Kindern, Personen nach Krankheit oder Unfall, ältere Menschen oder Personen mit schwerem Gepäck sei Barrierefreiheit ebenfalls notwendig. „Doch vom zusätzlichen Komfortgewinn werden letztlich alle profitieren“, so Buchinger.

Vereinbarungen in Ehe und Lebenspartnerschaft

Montag, 03 September 2012
Freigegeben in Recht
RATTENBERG In Österreich bestehen zwingende gesetzliche Bestimmungen, die regeln, was Ehepartner miteinander vereinbaren dürfen. Vertraglich nicht abgeändert werden können die das Wesen einer Ehe bestimmenden Umstände, wonach die Ehepartner zum gegenseitigen Beistand, zur anständigen Begegnung, zur Treue und zur Lebensgemeinschaft verpflichtet sind.
Ebenso nicht zulässig sind im Vorhinein für den Fall der Scheidung geschlossene Vereinbarungen über das eheliche Gebrauchsvermögen, in denen von der gesetzlichen Vorgabe der Teilung 50:50 zwischen den Ehepartnern abgegangen wird. Vom ehelichen Gebrauchsvermögen ist alles umfasst, was die Eheleute gemeinsam benützen, wie beispielsweise die Ehewohnung, die Einrichtung, der Pkw, etc. Auch sind Verträge über den Kindesunterhalt und über einen Verzicht auf Ehegattenunterhalt unwirksam.
Für den Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung im Zusammenhang mit einer bevorstehenden Scheidung gelten die restriktiven gesetzlichen Regelungen nicht und kann diese schriftlich und ansonsten formfrei erfolgen. Obwohl immer wieder einschlägige Reformbemühungen bestanden haben, ist die nicht eheliche Lebensgemeinschaft gesetzlich derzeit nicht geregelt.
Dies führt bei Partnerschaften, in denen gemeinsam Vermögenswerte geschaffen werden oder bei gemeinsamen Kindern meist zu Benachteiligungen eines der beiden Lebenspartner. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass der Lebenspartner, der die gemeinsamen Kinder betreut und kein eigenes Einkommen erzielt, keinen gesetzlichen Unterhalt vom anderen Lebenspartner erhält. Eine Unterhaltspflicht besteht nur gegenüber den Kindern.
Zusammengefasst muss gesagt werden, dass Ehepartner nur wenige Dinge vertraglich und abweichend vom Gesetz regeln können. Unverheiratete Lebenspartner dagegen übersehen häufig, dass ihre Beziehung gesetzlich nicht geregelt ist. Durch eine vertragliche Vereinbarung über ihre vermögensrechtliche Situation könnten aufwändige und teure Verfahren im Zusammenhang mit der Aufteilung vermieden werden.
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