Hochwasser-Schutz wird im Tiroler Unterland groß geschrieben. Dennoch wollen sich Kundler und Radfelder nicht noch mehr Retensions-Flächen „aufdrücken“ lassen. Die Gemeinden wollen nicht alleine für die Wassermassen verantwortlich sein.
KUNDL/RADFELD (lias) Nach dem Hochwasser im Jahr 2005 ist der Hochwasser-Schutz ein großes Thema in Tirol. Zum jetztigen Zeitpunkt stellen Kundl und Radfeld gemeinsam 319 ha an Retensions-Flächen. Das entspricht 60% der bisher ausgewiesenen Retensions-Flächen im Unterland.
Durch den Dammbau in der Nachbar-Gemeinde Wörgl würde der dortige Überflutungsbereich komplett wegfallen. Diese Wassermengen würden zusätzlich auf die Gemeinden Kundl und Radfeld verlagert werden, befürchtet man dort. Laut Gefahrenplan 2013 immerhin etwa fünf Millionen m3.
Kundl und Radfeld wollen nicht allein die Last tragen
Vize-Bürgermeister Michael Dessl spricht sich aber nicht gegen den Damm aus: „In erster Linie muss die Bevölkerung vor Hochwasser geschützt werden, deshalb ist ein Damm mehr als sinnvoll. Trotzdem sollten nicht nur die Gemeinden Kundl und Radfeld die überschüssigen Wassermengen aufnehmen müssen!“ Denn sonst müssten Kundl und Radfeld noch mehr Flächen für Überflutungen zu Verfügung stellen. „Das entspricht aber nicht dem Gleichheits-Grundsatz“, erklärt Bürgermeister Anton Hoflacher, „und wir sind nicht bereit das alles alleine ‚auszubaden‘, das ist absolut inaktzeptabel!“
LHStv Josef Geisler (ÖVP) zur Problematik im ROFAN-KURIER-Interview: „Die Sorgen der Gemeinden Kundl und Radfeld sind uns durchaus bewusst. Jede Gemeinde wird vom Hochwasserschutz profitieren – jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. Um einen bestmöglichen Ausgleich unter den betroffenen Gemeinden ... zu erzielen, ist es notwendig, dass diese – wie generell üblich – einen Wasserverband gründen.“
Laut Dessel zeige sich im aktuellen Inn-Gefahrenzonenplan, dass in den letzten Jahrzehnten viele Retensionsflächen versiegelt worden sind, die im Falle eines Hochwassers unentbehrlich wären. So auch in Wörgl. „Sollte es wirklich dazu kommen, dass überschüssiges Wasser in Richtung Kundl und Radfeld aktiv umgeleitet werden muss, führt dies zu immensen wirtschaftlichen Einschränkung“, sagt Dessl.
Josef Geisler sieht diesen Umstand aus einem anderen Blickwinkel: „Die letzte Abflussuntersuchung aus dem Jahr 2002 zeigte im Bereich Wörgl eine geringere Gefährdung. Infolge des Hochwassers im Jahr 2005 wurde der Wert für ein hundertjähriges Hochwasser (HQ 100) neu bemessen. Die Ergebnisse liegen seit 2009 vor. Mittlerweile verbaute Gebiete liegen nunmehr in der roten Zone.“ Das bedeutet, dass die bebauten Flächen erst im Nachhinein als rote Zonen ausgewiesen wurden.
Kontakaufnahme ignoriert?
Schon im November 2013 schrieb die Gemeinde Kundl eine Stellung nahme zum „Gefahrenzonenplan Inn“ und die betroffenen Gebiete an das Land Tirol. Bis jetzt gab es laut Bgm. Hoflacher keinerlei Rückmeldung.
Die Stellungnahme sei keinesfalls ignoriert worden, meint dazu LHStv Josef Geisler: „Alle Stellungnahmen werden gemeinsam im Zuge der so genannten ‚Örtlichen Prüfung‘ des Gefahrenzonenplans behandelt. Vor dieser Prüfung durch eine vom Bundesministerium für ... Wasserwirtschaft eingesetzte Kommission können einzelne Stellungnahmen nicht beantwortet werden.“
Vize-Bgm. Dessl betont trotz all den Unstimmigkeiten: „Dieses Thema soll nicht emotional diskutiert werden, aber so kann es nicht funktionieren! Jetzt ist das Land Tirol am Zug, einerseits den bestmöglichen Schutz zu gewährleisten - dafür ist der Wörgler Damm dringend notwendig - und anderererseits einen bestmöglichen Retentionsflächen-Ausgleich zu schaffen! Es bedarf eines fairen Modells, das nicht nur zu Lasten der Gemeinden Kundl und Radfeld geht!“