Ab jetzt neues Demokratie-Verständnis in Vomp!
Vomp - Im 21. Jahrhundert funktionieren auch einige Dinge in der Kommunalpolitik anders: Die meisten Gemeinden stellen ihre Sitzungs-Protokolle mittlerweile ins Internet. Auch die Tagesordnungen der Gemeinderatssitzungen, die ja veröffentlicht werden müssen, findet man auf immer mehr Internet-Seiten der Gemeinden in Tirol. In Vomp war das anders: Hier gab es online keine Tagesordnung von Gemeinderats-Sitzungen. Auch die Sitzungs-Protokolle, also die Mitschrift der Gemeinderats-Sitzungen, wurden nicht im Internet veröffentlicht. Mehr noch: Der ROFAN-KURIER hat bei der Gemeinde bezüglich Sitzungs-Protokollen angefragt. Diese werden Medien NICHT übermittelt, hieß es auf Nachfrage im Büro des Bürgermeisters. Auch die Tagesordnungs-Punkte der Gemeinderats-Sitzungen übermittelte die Gemeinde Vomp nicht an die Redaktionen.
Von größeren Gemeinden bringt der ROFAN-KURIER immer wieder auch Budget-Berichte: Hierfür wird eigens ein Fragebogen an die Gemeinden ausgeschickt. Die einzige Gemeinde, die diesen Fragebogen bisher nie ausgefüllt hat, war Vomp...
"Anderes" Demokratie-Verständnis
Offenheit und Transparenz sehen anders aus. Festgehalten sei: Die Gemeinde Vomp hat damit kein Gesetz verletzt. Die Sitzungs-Protokolle sind öffentlich. Zumindest, wenn man auf das Gemeindeamt geht und sich diese in Schriftform vorlegen lässt. Dann durfte der Bürger oder der Medienvertreter auch in Vomp Einblick nehmen. Rechtlich korrekt: Ja. Zeitgemäßer Umgang mit der Öffentlichkeit? Nein. Auf Anfrage hieß es seitens Bürgermeister Karl-Josef Schubert, der Gemeinderat wolle es so, das sei im Gemeinderat entschieden worden und er können dagegen als Bürgermeister nichts tun.
SPÖ stellt Antrag auf Veröffentlichung von Protokollen!
So kommt es, dass die SPÖ, die in Vomp in Opposition ist, bei der Juni-Sitzung des Gemeinderates den Antrag gestellt hat, die Sitzungs-Protokolle sollten wie in anderen Gemeinden online veröffentlicht werden. Dazu Gemeinderat Hubert Scheiber (SPÖ): "Bei uns sind ja viele neue Gemeinderäte dabei, die das auch eingesehen haben. Wir hatten ja auch gute Argumente. Es ist sehr erfreulich, dass dieser Antrag dann mit 15 zu 2 Stimmen im Gemeinderat angenommen wurde. Wir werden uns ja wohl nicht als rückständig bezeichnen lassen und unseren eigenen Bürgern den Zugang zu Informationen erschweren!" Der Beschluss gilt "ab sofort". Das aktuelle Gemeinderats-Protokoll wird bereits auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht.
TTIP: Neue Kooperation schafft Demokratie ab!
INTERNATIONAL (ce) Laut neuesten Informationen der deutschen Bürgerrechts-Initiative „CAMPACT!“ bedeutet der Begriff „Regulatorische Kooperation“, dass Konzerne nach dem Inkrafttreten von TTIP (Transatlantic-Trade-and-Investment-Partnership-Abkommen) eigentlich völlige Freiheit bei der Mitbestimmung von Gesetzen genießen werden!
Noch bevor die EU den gewählten Volksvertretern ein neues Gesetz vorschlägt, muss sie, laut „Campact!“ erst die US-Wirtschaft und deren Lobbyisten konsultieren.
Wenn diese mit dem vorgeschlagenen Gesetzt nicht einverstanden sind, müsste die EU diesen Text als „schädlich für den Handel“ einstufen.
Danach dürfen die Konzerne ihre eigenen Vorschläge einbringen. Diese Idee stammt vor allem von mächtigen Lobby-Organisationen wie der US Handelskammer oder „Business Europe“ mit Sitz in Brüssel, betont „Campact!“. Dafür dürfte auch eine neue Institution geschaffen werden, der sogennannte „Rat für Regulatorische Kooperation“.
Das totale Ende
der Demokratie
In diesem Rat werden die Unternehmen den größten Einfluss haben und Verbraucherinteressen in den Hintergrund gedrückt.
Da gewählte Volksvertreter hier keinen Zutritt haben, spricht man in Experten-Kreisen von einem kompletten Ausverkauf der Demokratie.
TTIP ist laut „Campact!“ übrigens kein klassisches Freihandelsabkommen. Es geht nicht um die Abschaffung von Zöllen und Handelsschranken, weil es die zwischen Europa und den USA kaum noch gibt.
Handels-Hämmnis Demokratie
Ziel ist vielmehr der Abbau von so genannten „nicht-tarifären Handelshemmnissen“.
Als Handelshemmnis können die Vertragspartner alles definieren: Verbraucherschutz, Kennzeichnungspflicht, Datenschutz, Arbeitnehmerrechte. US-Konzerne können europäische Staaten verklagen, wenn deren Gesetze ihre Gewinne schmälern. Die Urteile fällen keine Richter, sondern von den Konzernen selbst ausgewählte Wirtschaftsanwälte!
Die Verhandlungen finden mit Beteiligung der demokratisch gewählten Parlamente statt. Die Parlamente können am Schluss nur noch Ja oder Nein zu dem ganzen Vertrag sagen bedauert „Campact!“.
Dinkhauser: „Koalition will Piraten und neue Listen abschrecken!“
In der Reihe der Polit-Interviews im ROFAN-KURIER spricht diesmal Fritz Dinkhauser, Landtags-Abgeordneter, Gründer & Obmann des „Bürgerforum Tirol, LISTE FRITZ"(mit über 18% zweitstärkste Fraktion im Tiroler Landtag) über die politische Stimmung und warum die Rückerstattung der Wahlkampfkosten für die Demokratie so wichtig wäre.
TIROL (rr) Die Abschaffung der Wahlkampfkosten-Rückerstattung, das Transparenz-Gesetz und die Parteien-Finanzierung werden derzeit heiß diskutiert. Wir sprachen dazu mit LA Fritz Dinkhauser.
ROKU: „Was bedeutet der Ausgang der Wahl in der Landeshauptstadt in Hinblick auf die Landtagswahl und was sagst du dazu, dass ohne den Wahlsieger ÖVP eine Koalition gebildet wurde?"
FRITZ: „Das war das beste und stärkste Signal des Bürgers! Bürgermeisterin Oppitz-Plörer hat klar gesagt, dass sie keine Befehle aus dem Landhaus braucht. Und die Bürger haben das offenbar verstanden und sie zur Bürgermeisterin gemacht. Für mich ist das eine Genugtuung! Wenn die ÖVP jetzt den Wählerwillen beweint, weil sie in Innsbruck stärkste Fraktion geworden ist und trotzdem nicht in der Stadt-Regierung sitzt, kann ich nur sagen: Bei der letzten Landtagswahl war ihnen der Wählerwille scheißegal! Da haben sie eine Verlierer-Koalition gebildet und die LISTE FRITZ mit über 18 Prozent der Stimmen als zweitstärkste Fraktion aus der Regierung ausgeschlossen. "
ROKU: „Was für eine Rolle haben Ratgeber eurer Liste für die Koalitions-Strategie in Innsbruck gespielt? Schließlich ist deine Frau bei der Liste FÜR INNSBRUCK..."
FRITZ: „Wie gesagt: Ich persönlich begrüße es, dass Oppitz-Plörer in Innsbruck Bürgermeisterin geworden ist. Aber im Wahlkampf und bei der Koalitions-Strategie haben wir hier niemanden beraten."
ROKU: „Ihr habt also bei FÜR INNSBRUCK nicht mitgemischt... Wer mischt denn derzeit bei der ÖVP am kräftigsten mit, gibt die Richtung vor?"
FRITZ: „Ich glaube, das wissen die ÖVPler selber nicht genau. Ich sehe es so: Platter sitzt am Kutschbock, die Zügel hält aber Steixner und hinten drauf sitzt der Van Staa und bedient die Bremse. Der sagt zwar „da mische ich mich nicht ein". Aber der spielt dort schon auch noch eine Rolle. Der ÖVP fehlt halt jemand, der sie wirklich lenkt. Das merkt man auch. Ich habe letztens schon gesagt: Wer die ÖVP schätzt, schickt sie in die Opposition! Die müssen sich endlich reinigen, erneuern und erholen."
ROKU: „Schockierend war bei der Innsbruck-Wahl ja die Wahlbeteiligung. Warum gehen die Leute nicht mehr zu den Wahlurnen?"
FRITZ: „Ganz klar! Die sind ja alle frustriert, weil der Bürger bei uns in Wahrheit Null zu melden hat! Alle vier oder fünf Jahre mal einen Zettel wo einzuschmeißen, das ist zu wenig! Und sonst sollen die Leute das Maul halten. Mich kann jeder, der ein Anliegen hat, anrufen! Ich und meine Abgeordneten, wir bringen jedes vernünftige Thema sofort in den Landtag. Meine Telefonnummer ist 0699/13375214! Ich verlange, dass jedes machbare und umsetzbare Anliegen, das 25 % der Wahlberechtigten unterschreiben, auch umgesetzt wird und nicht nur eine kurze Debatte im Landtag oder Nationalrat auslöst. Der Landtag und der Nationalrat brauchen ihre eigentliche Funktion wieder zurück: Die Koalitions-Mehrheiten in diesen Gremien sind ja völlig der Regierung untergeordnet, was aber laut Verfassung nicht ihre Aufgabe ist. Im Gegenteil: Sie sollen die Regierung kontrollieren!"
ROKU: „Zum Thema Parteifinanzierung: Josef Geisler sagt, ihr wollt den Leuten gleich zweimal in die Tasche greifen, weil ihr für den Erhalt der Wahlkampfkosten-Rückerstattung seid..."
FRITZ: „Tatsache ist, dass die Koalitionen in Wien und in den Bundesländern jetzt versuchen, die Piraten oder andere neue Parteien (Liste Tirol?) abzuschrecken, indem man ihnen die Wahlkampfkosten-Rückerstattung und damit den Geldhahn abdreht. In Wahrheit schaut es so aus, dass man sich hier selber mehr Geld auszahlen will, anstatt vom Topf neuen Parteien etwas zu geben! Und damit kein Missverständnis aufkommt: Die Liste Fritz hat hier nichts zu befürchten: Wir sitzen ja schon im Landtag. Hier geht es den Machthabern darum, neue Gruppierungen wie die Piraten abzuschrecken, indem man das Geld unter den etablierten aufteilt. Wir bekämen weniger, wenn es die Wahlkampfkosten-Rückerstattung noch gäbe. Dafür wäre das besser für die Demokratie."
ROKU: „Wie schaut die Parteifinanzierung in Tirol genau aus?"
FRITZ: „Derzeit liegen 1,8 Mio. EURO im Topf für Wahlkampfkosten-Rückerstattung und 5,9 Mio. EURO im Topf für die Parteien-Finanzierung. Für alle Tiroler Parteien zusammen. Das sind 7,7 Mio. EURO pro Jahr. Abgerechnet wird pro Wähler. Das sind derzeit 11,45 EURO pro Stimme. Jetzt will die Koalition die Wahlkampfkosten-Rückerstattung streichen, dafür aber die Parteien-Finanzierung erhöhen und selber kassieren, anstatt etwas auch auf neue Parteien aufzuteilen! Das ist Blödsinn. Wir stimmen nur einer Inflations-Anpassung zu. Dann wären wir auf 12,62 EURO pro Wähler. Die Grünen wollen 12,90 EURO, die ÖVP und die SPÖ wollen 13,- EURO pro Wähler. So schaut´s aus! Und diese 13,- EURO sollen nur mehr die bekommen, die schon im Landtag sitzen. Parteien, die sich neu gründen, will man den Geldhahn zudrehen. Wir allein können gegen die Koalition ÖVP/SPÖ die Wahlkampfkosten-Rückerstattung nicht aufrecht erhalten. Aber wir fordern, dass künftig auch Parteien, die bei einer Landtags-Wahl 2,5% oder 7.000 Stimmen erreichen, eine anteilige Parteien-Förderung für das erste Jahr bekommen. Das wären dann etwa 100.000,- EURO. Damit bliebe der Zugang zur Politik für neue Listen gewahrt und würde nicht durch hohe Kosten verbaut. Nochmal: Dieses Geld wird dann nicht ZUSÄTZLICH ausgegeben, sondern würde den bestehenden Parteien – also auch uns – weggenommen!"
ROKU: „Stichwort Transparenz-Paket: Würdest du die Finanzen eurer Partei offen legen?"
FRITZ: „Ich bin für totale Offenheit. Es braucht hier keine Grenzen, ab denen Spenden gemeldet werden oder nicht. Ich wäre dafür, dass alle Parteien unabhängig geprüft und dann eine Zusammenfassung online gestellt wird. Das ist alles öffentliches Geld! Also soll die Öffentlichkeit hier auch Zugang haben. Auch die Wirtschaftsförderungen und die Agrarförderungen gehören online. Alle öffentlichen Budgets, auch von allen Firmen, die mehrheitlich in öffentlicher Hand sind: Alles online, öffentlich machen!"
ROKU: „Danke für das Gespräch."