Ein Oberarzt, der bei der Visite von Patient zu Patient geht, ohne sich dazwischen die Hände zu desinfizieren? Diese Fossile sterben langsam aus. Doch Mediziner berichten, dass sie dies noch vor 20 Jahren während ihrer Ausbildungszeit auch in Tiroler Krankenhäusern beobachtet haben!
EUROPA/TIROL (rr) Das Krankenhaus: Ein Ort der Sauberkeit, wo alles ganz steril hergeht. Eigentlich.
Doch alleine in Europa infizieren sich Jahr für Jahr etwa drei Millionen Menschen in Krankenhäusern mit Keimen oder Viren.
Landes-Sanitätsdirektor Dr. Franz Katzgraber dazu: „Es ist oft auch der Zeitdruck an den Kliniken, in Sanatorien oder Arzt-Praxen, der die Leute die Wichtigkeit der Hände-Desinfektion vergessen lässt.“
Teils mit verheerenden Folgen: Denn gerade in Krankenhäusern gibt es sogenannte „Multiresistente Erreger“, die mit Antibiotika nicht bekämpft werden können.
Durch das einfache Desinfizieren der Hände mit 80-prozentigem Alkohol sterben diese Erreger aber ab! Die Spender dafür findet man in Tirol beinahe in jedem Patientenzimmer, in den WCs und teils sogar am Gang.
Dazu Dr. Cornelia Lass-Flörl von der Med-Uni Innsbruck: „Die Übertragung von krankheitsverursachenden Keimen ist für alle Bereiche der Gesundheitsversorgung ein relevantes Problem. Mit einer so simplen Maßnahme wie dem Desinfizieren der Hände kann in Krankenhäusern oder anderen Einrichtungen verhindert werden, dass multiresistente Keime übertragen werden!“
Tirol startet „Aktion saubere Hände“
Aufgrund der Bedeutung des Themas hat Tirol kürzlich offiziell die „Aktion saubere Hände“ gestartet. Dabei geht es nicht um einen Anti-Korruptions-Pakt, sondern darum, das Bewusstsein für die Wichtigkeit von desinfizierten Händen in allen Bereichen des Gesundheits-Wesens wieder mehr zu stärken.
Drei Millionen Infektionen
Tirols Gesundheits-Landesrat Dr. Bernhard Tilg ist dieses Thema ein echtes Anliegen: „In Europa verzeichnen wir drei Millionen Fälle von Krankenhaus-Infektionen pro Jahr. Dadurch steigen die Kosten und die Aufenthaltsdauer von PatientInnen in Krankenhäusern enorm. Ganz zu schweigen vom Gesundheitsrisiko. Durch eine so simple und kostengünstige Maßnahme wie die Händehygiene können laut Studien bis zu 40 Prozent dieser Infektionen verhindert werden! Daher muss dieses Thema für uns höchsten Stellenwert haben. Derzeit bemühen wir uns über die `Aktion saubere Hände´, dieses Wissen und die WHO-Standards zur Händehygiene noch mehr im Krankenhausalltag zu integrieren“, erklärt LR Bernhard Tilg.
Ziel der Aktion ist es, dass die Verhaltensregeln zur Händedesinfektion in allen Gesundheitseinrichtungen noch mehr zum selbstverständlichen Alltag werden. „Die Kampagne berücksichtigt Krankenanstalten, stationäre Pflege-Einrichtungen, niedergelassene Ärzte, Hauskrankenpflege, Rettungsdienste und Reha-Einrichtungen. In einem dreijährigen Stufenplan werden alle bettenführenden Krankenanstalten und die Landespflegeklinik, alle Pflegeheime, die Hauskrankenpflege und das Rettungswesen in das Projekt integriert“, erklärt dazu Landessanitätsdirektor Katzgraber.
Aufbauend auf der WHO-Kampagne „Clean Care is Safer Care“ wurde in Deutschland die Kampagne „Aktion saubere Hände“ ins Leben gerufen. Da es eine vergleichbare Aktion in Österreich nicht gibt, beteiligt sich Tirol in Deutschland.
Letzte Änderung am Donnerstag, 31 Mai 2012 15:31