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Europa mag sich selbst nicht mehr ...

Montag, 02 Juni 2014
Freigegeben in Politik
Europa hat gewählt. In Österreich haben 48% das Wahl-Recht genutzt. In Tirol (Schlusslicht) sogar nur 32%. Wahlsieger sind EU-kritische Parteien. In Österreich bleibt das Kräfteverhältnis dank der Nicht-Wähler relativ unverändert.

ÖSTERREICH/BRÜSSEL (cm) In Österreich haben die Parteien die Zeichen der Zeit erkannt und sich vor der Europa-Wahl EU-kritisch präsentiert. Europaweit sind eindeutig die EU-kritischen Parteien auf dem Vormarsch, die sogar in fast allen Gründungs-Ländern der EU massiv zulegen konnten. In England, Frankreich oder Ungarn sind EU-kritische Parteien mittlerweile sogar die stärksten Fraktionen im EU-Parlament! Für das relativ konstante Kräfteverhältnis in Österreich sind die Nicht-Wähler verantwortlich.
Durch ihr Fernbleiben von der Wahl stärken sie alt eingesessenen Parteien. Denn etablierte Fraktionen wie ÖVP (27%), SPÖ (24%), FPÖ (20%) oder GRÜNE  (14,5%) verfügen über ein Netz von Parteimitgliedern und Sympathisanten, das sie meist vor Wahlen auch relativ gut mobilisieren können. Bei einer derart schlechten Wahlbeteiligung wie in Österreich (unter 50%) ist jede abgegebene Stimme eines Partei-Mitgliedes mehr als doppelt so viel wert.

EU-Kritiker europaweit „in“
 
England und Frankreich sind zwei Gründungs-Mitglieder der Europäischen Union. Doch dort wählten die Menschen extrem EU-kritische Parteien zu ihren stärksten Vertretern für Brüssel. Das Erstarken der EU-Kritiker setzt sich fast europaweit in allen Ländern fort: Auch in Italien, Finnland, Dänemark, Irland, … waren EU-kritische Parteien, die politisch oft „mitte-rechts bis rechts“ oder „links“ angesiedelt sind, die großen Wahlgewinner. In Polen, das eigentlich mehr Geld von der EU erhält, als es zahlt, erreichte die nationalkonservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) fast 32% der Stimmen. In Ungarn holt die Fidesz-Partei des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban 51,5 %. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten erreichten 9,7 %. Auch in Österreich sind die EU-Kritiker die Wahlgewinner. Die FPÖ holte ca. 20% der Stimmen und legte um 7,8% zu. EU-Kritiker wie REKOS erhielten 1,2 % der Stimmen und EU-STOP kam auf etwa 2,7%. Mit BZÖ (0,5%) und EU-Anders (2,1%) sind das in Summe weitere 7% aller abgegebenen Stimmen.

Der ROFAN-KURIER hat die Tiroler ÖVP, SPÖ, Grüne, FPÖ und Neos zu ihren Meinungen gefragt:

ÖVP:

Wie beurteilen Sie die Wahlbeteiligung von unter 36%?
Der Trend zu einer geringen Wahlbeteiligung ist besorgniserregend. Dagegen muss und kann etwas unternommen werden. Es braucht einen parteiübergreifenden Schulterschluss. Mit viel Aufklärungsarbeit ist es möglich, dagegen zu steuern. Konkret liegt die geringe Wahlbeteiligung auch an den schwierigen Jahren, welche die EU gerade hinter sich hat. Dass die Bürger frustriert sind, die Zeche für die Hypo Alpe Adria zu zahlen, ist nachvollziehbar. Nur muss auch bedacht werden, wie Europa ohne gemeinsamen Vorgehen da gestanden wäre, wenn gleich mehrere Staaten pleite gegangen wären.
 
 Könnte man - überspitzt - sagen, dass die Tiroler das Interesse an der Demokratie verloren haben?
Es ist europaweit bzw. international ein Trend, dass die Wahlbeteiligungen zurückgeht. In Österreich ist diesbezüglich die Welt – zumindest bisher – noch in Ordnung. Bei Wahlen muss grundsätzlich unterschieden werden, um welche Wahl es sich handelt. Es gilt die Faustregel, je greifbarer die zu wählenden Personen, desto höher die Wahlbeteiligung. Eine Kommunalwahl hat deshalb eine höhere Wahlbeteiligung, als eine EU-Wahl. Man kann also nicht einfach feststellen, dass die Tiroler ihr Interesse an der Demokratie verloren hätten.
 
Welche  Strategien  haben  Sie, um die Tiroler wieder an die Urnen zu locken?
Wie erwähnt, braucht es über die Parteigrenzen hinweg einen Schulterschluss. Europa muss den Menschen näher gebracht werden. Dafür braucht es mehr Kommunikation, aber auch noch mehr Transparenz. Beispielsweise war die Kommunikationsstrategie bezüglich des Freihandelsabkommens verbesserungswürdig. Es ist nicht mehr zeitgemäß, der Bevölkerung die Tür vor der Nase zuzumachen. Die Menschen von heute fordern eine gewisse Partizipation ein. So gesehen kann nicht von einer Demokratieverdrossenheit gesprochen werden. Die Politik muss auf diese Forderung eingehen und die Bürger beteiligen.
 
Wie beurteilen Sie das Abschneiden Ihrer eigenen Partei?
Die Tiroler Volkspartei ist klar stärkste Partei geworden, die ÖVP klare Nummer eins bundesweit. Entgegen den Prognosen haben sich die Bürger klar für die Europapartei ÖVP ausgesprochen. Die Tiroler Volkspartei hat das zweitbeste VP-Ergebnis aller Bundesländer eingefahren und hat somit einen wesentlichen Beitrag zum Wahlerfolg beigetragen. Das ist beachtenswert.
Manfred Ladstaetter

Mag. Manfred Ladstätter
Pressesprecher
Tiroler Volkspartei

Grüne:

Wie beurteilen Sie die Wahlbeteiligung von unter 36%?
„BürgerInnenbeteiligung ist einer der zentralen Herausforderungen grüner Politik. Deswegen nehmen wir diese hohe Zahl an NichtwählerInnen sehr ernst. Wir versuchen, mit einem sachlichen und lösungsorientierten Politikstil zu arbeiten und sind überzeugt, dass das viele vom Gezänk enttäuschten Menschen zurück an die Wahlurnen bringt.“

Könnte man - überspitzt - sagen, dass die Tiroler das Interesse an der Demokratie verloren haben?
„Auch Wahlenthaltung ist eine Form der demokratischen Mitsprache. Die Botschaft ist klar: Wir PolitikerInnen haben den Auftrag, uns Strategien zu überlegen, wie wir jene zurück an die Wahlurnen bringen, die sich jetzt abwenden.“

Welche  Strategien  haben  Sie, um die Tiroler wieder an die Urnen zu locken?
„Wie oben: Wir versuchen, mit einem sachlichen, lösungsorientierten und bürgerInnennahen Politikstil zu punkten. Denn von Streiterei haben die Menschen nichts: Sie wollen gute Lösungen für das Gemeinwohl - an denen arbeiten wir Grüne. Und unsere Arbeit wird belohnt - bei der EU-Wahl sind wir das erste Mal zweitstärkste Kraft in Tirol geworden.“

Wie beurteilen Sie das Abschneiden Ihrer eigenen Partei?
„Mit Platz eins in Innsbruck, Zirl und Telfs haben wir das erste Mal drei Gemeinden gewonnen, mit über 18% außerdem das beste grüne Ergebnis in Tirol aller Zeiten erzielt, Platz zwei im ganzen Land ist sensationell. Das ist in erster Linie ein Erfolg des Grünen EU-Teams um Ulrike Lunacek. Das Ergebnis ist aber auch eine Bestätigung der sachlichen und lösungsorientierten Arbeit, die wir in der Tiroler Landesregierung und in der Stadt Innsbruck machen.“

Felipe Ingrid
LH-Stv.in Ingrid Felipe.


FPÖ:

- Wie beurteilen Sie die Wahlbeteiligung von unter 36%?
Es ist ernüchternd, dass die Wahlbeteiligung im Vergleich zur letzten EU-Wahl abermals nach unten ging, und nur mehr knapp jeder dritte Wahlberechtigte darin einen Sinn erkennt, sein demokratisches Grundrecht wahrzunehmen. Es ist jedoch ein klares Zeichen an die Eurokraten, dass die Verordnung der europäischen Idee von oben herab in Form des Brüsseler Zentralismus kapital gescheitert ist.

- Könnte man - überspitzt - sagen, dass die Tiroler das Interesse an der Demokratie verloren haben?
Nein, so weit würde ich nicht gehen – jedoch haben die Bürger definitiv das Interesse daran verloren von der Politik von vorne bis hinten belogen zu werden. Bestes Beispiel dafür sind die Wahlversprechen von SPÖ und ÖVP vor der Wahl, die angesichts eines „urplötzlich“ aufgetauchten Budgetlochs schnellstens wieder fallen gelassen wurden. Bei der EU-Wahl kommt hier noch das Gefühl dazu, mit seiner Stimme in diesem undurchsichtigen Brüsseler Moloch demokratisch nichts bewegen zu können.
Nachdem die Verantwortungsträger jedoch den Kontakt zur Bevölkerung schon lange verloren haben und in Brüssel, wie auch in Wien hauptsächlich auf Zuruf von Lobbyisten agieren, fordern wir Freiheitlichen den Ausbau der direkten Demokratie, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, auch selbst korrigierend einzugreifen.

- Welche  Strategien  haben  Sie, um die Tiroler wieder an die Urnen zu locken?
Hier müssen sich ganz klar die Regierungsparteien in ihrer Arbeit, aber auch in ihrer Einstellung bewegen. Es müssen sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene endlich die Sorgen und Anliegen der Bürger wieder ins Zentrum der politischen Arbeit rücken, anstatt dem Lobbyismus und parteipolitischen Spielchen die Bühne zu bieten.

- Wie beurteilen Sie das Abschneiden Ihrer eigenen Partei?
Ich bin sehr stolz darauf, dass wir mit der Verdoppelung unserer Mandate unser Wahlziel erreicht haben. Auch und vor allem das Ergebnis im Tiroler Unterland stimmt mich sehr positiv und bestätigt die Wichtig- und Richtigkeit unserer politischen Arbeit in Tirol.

Gartelgruber
NAbg. Carmen Gartelgruber


SPÖ:

Wie beurteilen Sie die Wahlbeteiligung von unter 36%?
Alarmierend! Sowohl die Landes- als auch Bundespolitik muss alles daran setzen in den nächsten Jahren den Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, dass WIR die EU sind und man darf nicht länger auf Brüssel schimpfen, sondern die Menschen für dieses Projekt begeistern.

Könnte man - überspitzt - sagen, dass die Tiroler das Interesse an der Demokratie verloren haben?
Das würde ich nicht sagen, zumal die Menschen sowohl die repräsentative Demokratie als auch direktdemokratische Elemente schätzen und den hohen Wert verstehen.

Welche  Strategien  haben  Sie, um die Tiroler wieder an die Urnen zu locken?
Es obliegt den Parteien und den Medien die Menschen wieder in die große politische Arena zurückzuholen. Nicht nur kurz vor den Wahlen. Sachlichkeit, Respekt im Umgang mit dem politischen Mitbewerber und die Sorgen und Ängste der Menschen ernstnehmen -das sind meiner Einschätzung nach drei wesentliche Bestandteile einer seriösen politischen Arbeit.

Wie beurteilen Sie das Abschneiden Ihrer eigenen Partei?
Durchwegs positiv. Wir hatten eine tolle Spitzenkandidatin und es ist uns in Tirol gelungen in jedem Bezirk Zugewinnen zu verzeichnen. Es ist für mich ein Zeichen, dass sich die Tiroler SPÖ konsolidiert.

10 Jahre - Gerhard Reheis  Rofan-Kurier IMG 6455
SP-Klubobmann Gerhard Reheis


NEOS:

Wie beurteilen Sie die Wahlbeteiligung von unter 32%?
Die Wahlbeteiligung liegt nun mit den Briefwahlstimmen bei  35%, aber es ist natürlich desaströs. Ich sehe es als Auftrag an die Politik, aber auch an die Medien, dass es dringende Änderungen braucht.

Könnte man - überspitzt - sagen, dass die Tiroler das Interesse an der Demokratie verloren haben?
Nicht an der Demokratie an sich, aber viele Akteur_innen in Politik und Medien gefallen sich darin, Europa als Ding hinter den Bergen abzutun, das einen nicht wirklich interessieren muss. Das ist unschön und die Schuld der vermeintlichen Eliten und nicht der Bevölkerung.

Welche  Strategien  haben  Sie, um die Tiroler wieder an die Urnen zu locken?
Neue Politik zu machen. Wir sind nicht nur Politiker_innen eines neuen Schlags, sondern laden alle Menschen ein, sich zu beteiligen und Politik mitzugestalten. Es gibt keinen anderen Weg. Wir Bürger_innen machen wieder Politik.
Außerdem benötigt es mehr Information und Transparenz. Gerade die Europäische Union ist für viele noch ein undurschaubares Gebilde, so zumindest die Rückmeldungen, die wir erhalten haben. Den Politiker_innen der letzten Jahre ist es nicht gelungen, den Menschen die EU näher zu bringen. Die Menschen müssen wieder erfahren, dass ihre Stimme und Meinung ein Gewicht haben, und natürlich auch, wie die einzelnen Gremien funktionieren.
 

Wie beurteilen Sie das Abschneiden Ihrer eigenen Partei?
Gut. Es wurden 9,7% in Tirol. Das ist etwas unter dem, was manche Umfragen glaubten, und ein bisschen unter den Hoffnungen. Wir sind aber nicht angetreten, um Strohfeuer abzubrennen, sondern mit harter Arbeit die Menschen zu überzeugen, beim Erneuern und Verbessern Österreichs und Europas mitzuarbeiten oder uns mit ihrer Stimme zu unterstützen. In Tirol zeigt sich, dass wir schön langsam auch in den ländlichen Regionen Fuß fassen und durchwegs gute Ergebnisse erzielen und insgesamt wachsen. Somit sind wir mit den Ergebnissen in Tirol zufrieden, mit einem zuversichtlichen Blick in die Zukunft.

Brigitte-Gerhold 4
Brigitte Gerhold
(Landessprecherin NEOS Tirol)





In der Reihe der Polit-Interviews im ROFAN-KURIER spricht diesmal Fritz Dinkhauser, Landtags-Abgeordneter, Gründer & Obmann des „Bürgerforum Tirol, LISTE FRITZ"(mit über 18% zweitstärkste Fraktion im Tiroler Landtag) über die politische Stimmung und warum die Rückerstattung der Wahlkampfkosten für die Demokratie so wichtig wäre.

TIROL (rr) Die Abschaffung der Wahlkampfkosten-Rückerstattung, das Transparenz-Gesetz und die Parteien-Finanzierung werden derzeit heiß diskutiert. Wir sprachen dazu mit LA Fritz Dinkhauser.

ROKU: „Was bedeutet der Ausgang der Wahl in der Landeshauptstadt in Hinblick auf die Landtagswahl und was sagst du dazu, dass ohne den Wahlsieger ÖVP eine Koalition gebildet wurde?"

FRITZ: „Das war das beste und stärkste Signal des Bürgers! Bürgermeisterin Oppitz-Plörer hat klar gesagt, dass sie keine Befehle aus dem Landhaus braucht. Und die Bürger haben das offenbar verstanden und sie zur Bürgermeisterin gemacht. Für mich ist das eine Genugtuung! Wenn die ÖVP jetzt den Wählerwillen beweint, weil sie in Innsbruck stärkste Fraktion geworden ist und trotzdem nicht in der Stadt-Regierung sitzt, kann ich nur sagen: Bei der letzten Landtagswahl war ihnen der Wählerwille scheißegal! Da haben sie eine Verlierer-Koalition gebildet und die LISTE FRITZ mit über 18 Prozent der Stimmen als zweitstärkste Fraktion aus der Regierung ausgeschlossen. "

ROKU: „Was für eine Rolle haben Ratgeber eurer Liste für die Koalitions-Strategie in Innsbruck gespielt? Schließlich ist deine Frau bei der Liste FÜR INNSBRUCK..."

FRITZ: „Wie gesagt: Ich persönlich begrüße es, dass Oppitz-Plörer in Innsbruck Bürgermeisterin geworden ist. Aber im Wahlkampf und bei der Koalitions-Strategie haben wir hier niemanden beraten."

ROKU: „Ihr habt also bei FÜR INNSBRUCK nicht mitgemischt... Wer mischt denn derzeit bei der ÖVP am kräftigsten mit, gibt die Richtung vor?"

FRITZ: „Ich glaube, das wissen die ÖVPler selber nicht genau. Ich sehe es so: Platter sitzt am Kutschbock, die Zügel hält aber Steixner und hinten drauf sitzt der Van Staa und bedient die Bremse. Der sagt zwar „da mische ich mich nicht ein". Aber der spielt dort schon auch noch eine Rolle. Der ÖVP fehlt halt jemand, der sie wirklich lenkt. Das merkt man auch. Ich habe letztens schon gesagt: Wer die ÖVP schätzt, schickt sie in die Opposition! Die müssen sich endlich reinigen, erneuern und erholen."

ROKU: „Schockierend war bei der Innsbruck-Wahl ja die Wahlbeteiligung. Warum gehen die Leute nicht mehr zu den Wahlurnen?"

FRITZ: „Ganz klar! Die sind ja alle frustriert, weil der Bürger bei uns in Wahrheit Null zu melden hat! Alle vier oder fünf Jahre mal einen Zettel wo einzuschmeißen, das ist zu wenig! Und sonst sollen die Leute das Maul halten. Mich kann jeder, der ein Anliegen hat, anrufen! Ich und meine Abgeordneten, wir bringen jedes vernünftige Thema sofort in den Landtag. Meine Telefonnummer ist 0699/13375214! Ich verlange, dass jedes machbare und umsetzbare Anliegen, das 25 % der Wahlberechtigten unterschreiben, auch umgesetzt wird und nicht nur eine kurze Debatte im Landtag oder Nationalrat auslöst. Der Landtag und der Nationalrat brauchen ihre eigentliche Funktion wieder zurück: Die Koalitions-Mehrheiten in diesen Gremien sind ja völlig der Regierung untergeordnet, was aber laut Verfassung nicht ihre Aufgabe ist. Im Gegenteil: Sie sollen die Regierung kontrollieren!"

ROKU: „Zum Thema Parteifinanzierung: Josef Geisler sagt, ihr wollt den Leuten gleich zweimal in die Tasche greifen, weil ihr für den Erhalt der Wahlkampfkosten-Rückerstattung seid..."

FRITZ: „Tatsache ist, dass die Koalitionen in Wien und in den Bundesländern jetzt versuchen, die Piraten oder andere neue Parteien (Liste Tirol?) abzuschrecken, indem man ihnen die Wahlkampfkosten-Rückerstattung und damit den Geldhahn  abdreht. In Wahrheit schaut es so aus, dass man sich hier selber mehr Geld auszahlen will, anstatt vom Topf neuen Parteien etwas zu geben! Und damit kein Missverständnis aufkommt: Die Liste Fritz hat hier nichts zu befürchten: Wir sitzen ja schon im Landtag. Hier geht es den Machthabern darum, neue Gruppierungen wie die Piraten abzuschrecken, indem man das Geld unter den etablierten aufteilt. Wir bekämen weniger, wenn es die Wahlkampfkosten-Rückerstattung noch gäbe. Dafür wäre das besser für die Demokratie."

ROKU: „Wie schaut die Parteifinanzierung in Tirol genau aus?"

FRITZ: „Derzeit liegen 1,8 Mio. EURO im Topf für Wahlkampfkosten-Rückerstattung und 5,9 Mio. EURO im Topf für die Parteien-Finanzierung. Für alle Tiroler Parteien zusammen. Das sind 7,7 Mio. EURO pro Jahr. Abgerechnet wird pro Wähler. Das sind derzeit 11,45 EURO pro Stimme. Jetzt will die Koalition die Wahlkampfkosten-Rückerstattung streichen, dafür aber die Parteien-Finanzierung erhöhen und selber kassieren, anstatt etwas auch auf neue Parteien aufzuteilen! Das ist Blödsinn. Wir stimmen nur einer Inflations-Anpassung zu. Dann wären wir auf 12,62 EURO pro Wähler. Die Grünen wollen 12,90 EURO,  die ÖVP und die SPÖ wollen 13,- EURO pro Wähler. So schaut´s aus! Und diese 13,- EURO sollen nur mehr die bekommen, die schon im Landtag sitzen. Parteien, die sich neu gründen, will man den Geldhahn zudrehen. Wir allein können gegen die Koalition ÖVP/SPÖ die Wahlkampfkosten-Rückerstattung nicht aufrecht erhalten. Aber wir fordern, dass künftig auch Parteien, die bei einer Landtags-Wahl 2,5% oder 7.000 Stimmen erreichen, eine anteilige Parteien-Förderung für das erste Jahr bekommen. Das wären dann etwa 100.000,- EURO. Damit bliebe der Zugang zur Politik für neue Listen gewahrt und würde nicht durch hohe Kosten verbaut. Nochmal: Dieses Geld wird dann nicht ZUSÄTZLICH ausgegeben, sondern würde den bestehenden Parteien – also auch uns – weggenommen!"

ROKU: „Stichwort Transparenz-Paket: Würdest du die Finanzen eurer Partei offen legen?"

FRITZ: „Ich bin für totale Offenheit. Es braucht hier keine Grenzen, ab denen Spenden gemeldet werden oder nicht. Ich wäre dafür, dass alle Parteien unabhängig geprüft und dann eine Zusammenfassung online gestellt wird. Das ist alles öffentliches Geld! Also soll die Öffentlichkeit hier auch Zugang haben. Auch die Wirtschaftsförderungen und die Agrarförderungen gehören online. Alle öffentlichen Budgets, auch von allen Firmen, die mehrheitlich in öffentlicher Hand sind: Alles online, öffentlich machen!"

ROKU: „Danke für das Gespräch."

In der Reihe der Polit-Interviews im ROFAN-KURIER spricht in dieser Ausgabe der SPÖ-Landtagsabgeordnete, Klubobmann-Stellvertreter, Bezirks-Parteivorsitzende und Bürgermeister von Kaltenbach, Klaus Gasteiger, über aktuelle politische Themen wie die Innsbruck-Wahl.

TIROL (cm) Klaus Gasteiger ist  Jahrgang 1965 und gelernter Tischler. Mit seiner Frau Maria hat er zwei Kinder (Clemens und Alexander). Gasteiger ist seit 2000 Bürgermeister von Kaltenbach, seit 1999 Bezirks-Parteivorsitzender der SPÖ Schwaz und Mitglied des Landesparteivorstandes der SPÖ. Seit 2003 sitzt Gasteiger auch im Tiroler Landtag.

ROKU: „Die Innsbrucker Gemeinderatswahl und die neue Stadtregierung waren wochenlang Polit-Thema Nummer eins. Tragisch ist vor allem die Wahlbeteiligung...“

GASTEIGER: „Offensichtlich interessiert 50% der Innsbrucker Bevölkerung die Politik nicht mehr! Leider fehlt mir auch das Patent-Rezept um entsprechend gegenzusteuern. Ich glaube aber, man muss sich jeden Tag mit vollem Einsatz um die Anliegen der Bürger bemühen. Das ist die einzige Antwort darauf.“

ROKU: „Beim Duell der Bürgermeister-Kandidaten Oppitz-Plörer und Platzgummer wählten nur mehr  44,5 Prozent. Warum? “
GASTEIGER: „Es ist bedenklich, dass damit die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt nur mehr von 24% der  Innsbrucker gewählt wurde. Ich hoffe nicht, dass wir da die Zukunft der Wahlen in Tirol sehen.“

ROKU: „Was sagst du zur Stadtregierung in Innsbruck: FI, SPÖ und Grüne. Eine Koalition aus Wahlverlierern mit dem einzigen Zweck, die ÖVP auszusperren und die Macht von Oppitz-Plörer zu erhalten?“

GASTEIGER: „Ob das so ge-plant war, kann ich nicht beurteilen. Die SPÖ-Stadtpartei arbeitet autonom und hat versucht, wahrscheinlich aus ihrer Situation das Beste zu machen!“
 
ROKU: „Oppitz-Plörer hat hier gut taktiert. Die SPÖ hat sich auch gut verkauft. Aber denkst du, dass es gut für die ohnehin politikverdrossene Bevölkerung ist, die Wahlsieger und die stärkste Partei von der Innsbrucker Stadt-Regierung auszusperren? Warst du dafür, dass die SPÖ hier mitmacht?“

GASTEIGER: „Ich darf daran erinnern, dass es noch nicht lange her ist, als ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel als drittstärkste Partei mit FPÖ-Obmann Jörg Haider eine Bundesregierung bildete und Wolfgang Schüssel Bundeskanzler wurde! Das ist halt  die Demokratie, und als solche zu respektieren.“
 
ROKU: „ÖVP und SPÖ haben ja vor der Regierungsbildung (Innsbruck) bekanntgegeben, dass man sich in Koalitions-Fragen bereits einig ist. War das seitens der SPÖ nur Taktik, um Oppitz-Plörer zu Zugeständnissen zu bringen?“
 
GASTEIGER: „Das kann ich nicht beurteilen, da ich nicht im Verhandlungsteam der SPÖ war.“

ROKU: „Muss die Demokratie abgeschafft werden, wenn sie ohnehin keinen mehr interessiert? Bist du für eine Wiedereinführung der Wahlpflicht?“

GASTEIGER: „Ich denke, die Wahlpflicht bringt nichts. Viele Menschen vergessen leider, dass in anderen Ländern der Welt um das Recht, mitbestimmen zu können und um Demokratie Kriege geführt werden. In Österreich haben vor etwa 80 Jahren (Mitte der 30er Jahre) Menschen aufeinander geschossen und für ihr Recht auf Demokratie gekämpft!“

ROKU: „Politikwissenschafter wie Prof. Plasser sagen, amerikanische Zustände kommen mit einer Zeitverzögerung von etwa 10 bis 20 Jahren auch zu uns. Vor 20 Jahren hat man in Innsbruck in der Nacht sicher spazieren gehen können. Heute ist das nicht mehr so. Kommt jetzt die Zeit, in der die Politik nur noch für ein Viertel der Menschen Entscheidungen trifft?“

GASTEIGER: „Das muss verhindert werden. Ich bin aber auch gegen ein Mehrheits-Wahlrecht. Es darf nicht so werden, dass sich – wie  beispielsweise in Amerika – nur mehr Reiche eine Wahl für ein öffentliches Amt überhaupt leisten können. Jeder Mensch muss für die höchsten politischen Ämter kandidieren können.“

ROKU: „Die SPÖ hat in der größten Stadt Tirols mit etwa 160.000 Einwohnern bei der Stadtgemeinde-Wahl 5,2 Prozent verloren. Sie ist von 21,7 auf 14,2 Prozent abgesackt. Was läuft deiner Meinung nach schief?“

GASTEIGER: „Bei einer Wahl bietet man den Wählern eine Partei aus Kandidatinnen und Kandidaten mit deren Ideen an. Offensichtlich hat da bei der SPÖ in Innsbruck etwas nicht gepasst...“  

ROKU: „Lassen diese massiven Verluste für die SPÖ bereits einen Trend für die Landtagswahl erkennen?“

GASTEIGER: „Nein. Das schließe ich aus. Die SPÖ-Mandatare im Landtag und in der Regierung leisten tagtäglich gute Arbeit. Ich gebe aber zu: Die Vermarktung könnte besser sein.“

ROKU: „Was sagst du zum Verhaltens-Kodex für Politiker von der ÖVP?“
                 
GASTEIGER: „Persönlich halte ich davon nichts! Wer sich für ein politisches Amt zur Verfügung stellt, sollte von sich aus soviel Moral, Anstand und Ehre mitbringen, um sich nicht auch noch selbst einen Kodex dafür verordnen zu müssen! Das macht mich traurig. Ein paar wenige korrupte Politikerinnen und Politiker bringen das gesamte System in Misskredit. Viele Kolleginnen und Kollegen haben sich das ganz einfach nicht verdient. Ich persönlich brauche keinen Ehrenkodex, keine Vereinbarung oder vielleicht einen Tanzkurs, um zu wissen, wie man sich am politischen Parkett  verhält. Ehre und Anstand sowie die eigene Erziehung müssen genügen, um zu wissen, was man darf und was nicht!“

ROKU: „Stichwort Hypo: Da hast du sogar Anzeige erstattet. Warum wurden an die Sanierung der Hypo keine Bedingungen geknüpft?“

GASTEIGER: „Die Zeit zwischen Thematisierung und Entscheidung im Landtag betrug drei Tage. Das war viel zu kurz. Bis heute liegen noch keine nachvollziehbaren schriftlichen Entscheidungs-Grundlagen vor!“

ROKU: „Was sagst du zum Transparenzpaket zur Parteienfinanzierung?“

GASTEIGER: „Auch hier gilt, dass leider ein paar wenige korrupte Politiker das System in Österreich schlecht gemacht haben. Den Bundes- und Landesgesetzgebern bleibt damit keine andere Chance, als mit einem Transparenzgesetz zu reagieren. Ich fürchte aber, hier könnte in vorauseilendem Gehorsam etwas geschaffen werden, das die Politik noch mehr in die Geiselhaft des Kapitalismus treibt. Freundschaft!“

ROKU: „Danke für das Gespräch.“

© Rofankurier