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RATTENBERG (klausm) Für den Kundler Gemeindevorstand kommt eine „kleine Verbandslösung“ im Zusammenhang mit den geplanten Retentionsflächen nicht in Frage, somit sprengt die Marktgemeinde vorerst dementsprechende Pläne für einen Verband. Radfeld’s Gemeindeführung sagt ihrerseits ebenfalls einstimmig NEIN zum Vorschlag, durch Zusammenschluss der Inngemeinden Brixlegg, Radfeld, Kundl, Breitenbach, Wörgl, für gezielte Überschwemmungen Retentionsflächen festzulegen. Für die Tiroler Landesregierung also sowieso eine äußerst schwierige Situation.

So lud das Land Tirol am Montag den 09. Februar alle Bürgermeister, Gemeinderäte und Ausschüsse der betroffenen Inngemeinden zu einem Informationsabend „Gemeindeübergreifender Hochwasserschutz im Tiroler Unterinntal“ in das Veranstaltungszentrum Malerwinkel. Die meisten der Geladenen hatten sich doch tatsächlich einen echten Informationsabend für Gemeindevertreter erwartet, an dem seitens der Landesregierung die vielen offenen Fragen der letzten Monate beantwortet und Lösungen präsentiert würden. Allerdings, nach kurzer Zeit war klar, dass es an diesem Abend keine schlüssigen Antworten geben würde, dass die Bürgermeister, die Gemeinderäte, die verschiedenen Ausschussmitglieder halt wieder und dies zum wiederholten Mal, die Situation ihrer Gemeinde im Bezug auf Hochwasserschutz und geplante Retentionsflächen, ihre Bedenken, ihre Fragen zwar neuerlich vorbringen konnten, dass die angereisten Fachleute und Spezialisten des Landes Tirol die vielen Fragen dann halt doch nur so gut als möglich beantworten oder eben nicht ganz beantworten konnten.

LH-Stv Josef Geisler eröffnete mit dem Appell, das Thema „Hochwasserschutz im Tiroler Unterinntal“ miteinander und nicht gegeneinander anzupacken, zu behandeln, was auch gut war, denn es kamen sehr viele, schon öfters gestellte Fragen seitens der Gemeindevertreter und ebenso viele, erwartungsgemäß hie und da unbefriedigende Antworten von den Podiumsteilnehmern. Den Fragen stellten sich unter anderem DI Markus Federspiel und Dr. Stefan Walder.

DI Federspiel nahm zu den Bereichen Gefahrenzonenpläne, zu den gesetzlichen Grundlagen des Raumordnungsgesetzes Stellung, er stellte fest, dass „Rote Zone“ nicht unbedingt Bauverbot heißt. Dr. Walder präsentierte eine Regionalstudie Unterinntal von Innsbruck bis Kufstein, liefert eine Abflussuntersuchung, stellte die Wirkung von Hochwasser-Schutzmaßnahmen dar.

Gekommen waren neben LH-Stv Josef Geisler die Bürgermeister Bgm Anton Hoflacher (Kundl), Bgm Hedi Wechner (Wörgl), Bgm Ing. Rudolf Puecher (Brixlegg), Bgm Mag. Josef Auer (Radfeld), Bgm Manfred Stöger (Kramsach), Vize-Bgm Bernhard Freiberger (Rattenberg) und LA Bgm Ing. Alois Margreiter (Breitenbach).

Schließlich kam es doch zu einem Ergebnis, zumindest zu einem Teilergebnis: Jeder der betroffenen Gemeinden bestellt nun 3 Personen, welche im März in einer gemeinsamen Exkursion nach Vorarlberg fahren, sich dort bereits bestehende Gemeindeverbände anschauen, sich dabei über die Funktion und Zusammenarbeit dieser Verbände einen Überblick verschaffen. Im Herbst will man sich dann wieder im Bezirk treffen und gemeinsam mit den Landesvertretern einen gangbaren Weg zum Thema „Hochwasserschutz im Tiroler Unterinntal“ erarbeiten.

FOTOS:


Kundl/Radfeld „Hochwasser-Sündenbock“

Montag, 01 Dezember 2014
Freigegeben in Tirol-Nachrichten
Hochwasser-Schutz wird im Tiroler Unterland groß geschrieben. Dennoch wollen sich Kundler und Radfelder nicht noch mehr Retensions-Flächen „aufdrücken“ lassen. Die Gemeinden wollen nicht alleine für die Wassermassen verantwortlich sein.

KUNDL/RADFELD (lias) Nach dem Hochwasser im Jahr 2005 ist der Hochwasser-Schutz ein großes Thema in Tirol. Zum jetztigen Zeitpunkt stellen Kundl und Radfeld gemeinsam 319 ha an Retensions-Flächen. Das entspricht 60% der bisher ausgewiesenen Retensions-Flächen im Unterland.
Durch den Dammbau in der Nachbar-Gemeinde Wörgl würde der dortige Überflutungsbereich komplett wegfallen. Diese Wassermengen würden zusätzlich auf die Gemeinden Kundl und Radfeld verlagert werden, befürchtet man dort. Laut Gefahrenplan 2013 immerhin etwa fünf Millionen m3.

Kundl und Radfeld wollen nicht allein die Last tragen

Vize-Bürgermeister Michael Dessl spricht sich aber nicht gegen den Damm aus: „In erster Linie muss die Bevölkerung vor Hochwasser geschützt werden, deshalb ist ein Damm mehr als sinnvoll. Trotzdem sollten nicht nur die Gemeinden Kundl und Radfeld die überschüssigen Wassermengen aufnehmen müssen!“ Denn sonst müssten Kundl und Radfeld noch mehr Flächen für Überflutungen zu Verfügung stellen. „Das entspricht aber nicht dem  Gleichheits-Grundsatz“, erklärt Bürgermeister Anton Hoflacher, „und wir sind nicht bereit das alles alleine ‚auszubaden‘, das ist absolut inaktzeptabel!“
LHStv Josef Geisler (ÖVP) zur Problematik im ROFAN-KURIER-Interview: „Die Sorgen der Gemeinden Kundl und Radfeld sind uns durchaus bewusst. Jede Gemeinde wird vom Hochwasserschutz profitieren – jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. Um einen bestmöglichen Ausgleich unter den betroffenen Gemeinden ... zu erzielen, ist es notwendig, dass diese – wie generell üblich –  einen Wasserverband gründen.“
Laut Dessel zeige sich im aktuellen Inn-Gefahrenzonenplan, dass in den letzten Jahrzehnten viele Retensionsflächen versiegelt worden sind, die im Falle eines Hochwassers unentbehrlich wären. So auch in Wörgl. „Sollte es wirklich dazu kommen, dass überschüssiges Wasser in Richtung Kundl und Radfeld aktiv umgeleitet werden muss, führt dies zu immensen wirtschaftlichen Einschränkung“, sagt Dessl.
Josef Geisler sieht diesen Umstand aus einem anderen Blickwinkel: „Die letzte Abflussuntersuchung aus dem Jahr 2002 zeigte im Bereich Wörgl eine geringere Gefährdung. Infolge des Hochwassers im Jahr 2005 wurde der Wert für ein hundertjähriges Hochwasser (HQ 100) neu bemessen. Die Ergebnisse liegen seit 2009 vor. Mittlerweile verbaute Gebiete liegen nunmehr in der roten Zone.“ Das bedeutet, dass die bebauten Flächen erst im Nachhinein als rote Zonen ausgewiesen wurden.

Kontakaufnahme ignoriert?

Schon im November 2013 schrieb die Gemeinde Kundl eine Stellung nahme zum „Gefahrenzonenplan Inn“ und die betroffenen Gebiete an das Land Tirol. Bis jetzt gab es laut Bgm. Hoflacher keinerlei Rückmeldung.
Die Stellungnahme sei keinesfalls ignoriert worden, meint dazu LHStv Josef Geisler: „Alle Stellungnahmen werden gemeinsam im Zuge der so genannten ‚Örtlichen Prüfung‘  des Gefahrenzonenplans behandelt. Vor dieser Prüfung durch eine vom Bundesministerium für ... Wasserwirtschaft eingesetzte Kommission können einzelne Stellungnahmen nicht beantwortet werden.“
Vize-Bgm. Dessl betont trotz all den Unstimmigkeiten: „Dieses Thema soll nicht emotional diskutiert werden, aber so kann es nicht funktionieren! Jetzt ist das Land Tirol am Zug, einerseits den bestmöglichen Schutz zu gewährleisten - dafür ist der Wörgler Damm dringend notwendig - und anderererseits einen bestmöglichen Retentionsflächen-Ausgleich zu schaffen! Es bedarf eines fairen Modells, das nicht nur zu Lasten der Gemeinden Kundl und Radfeld geht!“
© Rofankurier