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Rupprechter: „Zuerst um unsere Leute sorgen“

Donnerstag, 29 Oktober 2015
Freigegeben in Politik
Die eskalierende Situation an der steirischen Grenze, die unbegreifliche Masse, die unkontrollierten Grenzübertritte. Im Exklusiv-Interview mit dem ROFAN-KURIER geht Bundes-Minister DI Andrä Rupprechter (ÖVP) auch auf die Asyl-Problematik ein.

WIEN/TIROL (cm) DI Andrä Rupprechter ist 54 und kommt aus Brandenberg. Für die ÖVP hat der Vater von 4 Kindern in der jetzigen Bundes-Regierung das Umwelt- und Landwirtschafts-Ministerium übernommen. Kürzlich hatte der ROFAN-KURIER die Gelegenheit zu einem Exklusiv-Interview.

ROKU: „Liegt dein Haupt-Wohnsitz eigentlich in Wien oder in Tirol?“
RUPPRECHTER: „Derzeit in Wien – aber es wird auch in Alpbach ein Wohnsitz angemeldet.“
ROKU: „Siehst du deine politische Zukunft eher in Wien, in Brüssel oder in Tirol?“
RUPPRECHTER: „Ich gehe davon aus, dass wir zuerst diese Legislatur-Periode durchdienen. Wenn es gewünscht wird, stehe ich danach für den Nationalrats-Wahlkampf als ÖVP-Spitzenkandidat von Tirol zur Verfügung und werde gerne wieder als Minister tätig sein. Wir haben noch ein großes Programm – und ich bin überzeugt, dass wir auch für die nächste Periode ausreichend Arbeit hätten. Brüssel könnte ich mir aber auch vorstellen... Tirol gehört eindeutig nicht zu meinen Plänen.“

ROKU: „Die Situation an der Staats-Grenze läuft immer wieder aus dem Ruder. Der steirische Landes-Hauptmann Schützenhöfer (ÖVP) spricht von einer „berechtigten Angst“ der Bürger und sieht die Kernaufgabe des Staates „Schutz der Grenze“ nicht mehr erfüllt. Wer muss in der Regierung jetzt handeln und was sollte getan werden?“
RUPPRECHTER: „Zunächst ist das nicht mein Ressort... Aber ich weiß, dass viele Menschen große Sorgen und Ängste haben. Es hat hier auch fatale Bilder gegeben in den Medien, wenn Hunderte Menschen einfach an unseren Polizisten vorbeimarschieren und in unser Land kommen. Wenn wir in Europa nicht mehr in der Lage sind, unsere Schengen-Außengrenzen zu schützen, was gültiges Recht ist, und wir in Österreich ebenfalls nicht darauf vorbereitet sind, unsere Grenzen zu schützen... Dann gibt es diese fatalen Bilder, dass eben Hunderte Menschen an unserer Polizei vorbei in unser Land strömen. Das erfüllt viele Bürger mit Ängsten. Wir können nicht akzeptieren, dass geltendes Recht nicht umgesetzt wird. Denn gleichzeitig verlangen wir ja, dass sich unsere Bürger an die Gesetze halten. Daher müssen wir auch sicherstellen können, dass unser Recht, unsere Ordnung auch für jene gilt, die nach Österreich kommen.“

ruppiinta 1ROKU: „Wer blockiert konkrete Maßnahmen, z.B. Gesetzes-Änderungen wie in Deutschland angedacht? Woran scheitert es?
RUPPRECHTER: „Wir brauchen niemanden, der diese Situation ausnutzt, um Angst zu schüren. Aber wie auch der Salzburger Landeshauptmann  Haslauer (ÖVP) gesagt hat: Wir können nicht das gesamte Leid dieser Welt schultern. Es braucht dringend eine europäische Lösung! Wir brauchen auch keine übertriebene Willkommens-Kultur. Wir müssen dafür sorgen, dass wir unsere EU Außengrenze wieder wirkungsvoll schützen können.“

ROKU: „Mikl-Leitner sagt: Es muss eine Festung um Europa gebaut werden. Noch vor wenigen Wochen wurde Victor Orban wegen Ungarns Grenzzaun scharf kritisiert. Nun gibt die Entwicklung Ungarn Recht, zudem sichert man dort gesetzeskonform die EU-Außengrenze.“
RUPPRECHTER: „Meine Einschätzung ist ähnlich der von Sebastian Kurz und  Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) aber auch von Horst Seehofer. Ich bin christlich-sozialer Politiker und wir müssen schon unseren Fokus zu allererst auf unserer eigenen Bevölkerung haben! Ja, wir müssen helfen... aber wir können nicht alle, die davon träumen, dass sie bei uns ihre Lebens-Bedingungen verbessern, auf unsere Kosten schultern. Da müssen wir einen Riegel vorschieben.“

ROKU: „Die Bevölkerung hat aber den Eindruck, dass nichts passiert und die Sicherheit nicht mehr gegeben ist.“
RUPPRECHTER: „Wir müssen gewährleisten, dass Recht und Ordnung in unserem Land gelten. Und auch die, die als Gäste in unserem Land sind, müssen sich an unsere Regeln halten. Wie Juncker gesagt hat: Es hat kein Flüchtling das Recht, sich den besten Standort auszusuchen...“


ROKU: „Du warst einer der ersten, die auch über Bodentruppen in Syrien gesprochen haben. Hugo Portisch gibt Dir in seinem Ö1-Interview Recht und sagt sinngemäß, die Schwäche, die Europa international zeigt, könnte die EU sprengen…“
RUPPRECHTER: „Ich stehe zu dem, was ich im Sommer gesagt habe. Das wurde mittlerweile durch die Realität bestätigt. Man muss vor Ort Frieden schaffen. Und das wird nur mit einer militärischen Intervention möglich sein. Auch die regionalen Kräfte wie Iran, Irak, die Saudis, die Türkei... müssen hier eine maßgebliche Rolle spielen. Es ist mir aber schon klar, dass wir als neutrales Land keine Truppen schicken werden.“
 
ROKU: „Zum Thema Umwelt: Wenn man sich den Verkehr in Österreich anschaut, muss man erkennen: So kann es nicht weiter gehen.“
RUPPRECHTER: „Ein Drittel des Energie-Verbrauchs in Österreich entfällt auf den Verkehr. Davon werden 93% durch Erdöl-Importe gedeckt. Wir geben dafür 6 Mrd. EURO pro Jahr aus. Aus der Sicht des Klimaschutzes ist der Verkehr der größte Emittent von Schadstoffen und steht für 30% der Emissionen. Deswegen ist es um so wichtiger, dass man sich von fossilen Treibstoffen unabhängig macht. Wir müssen uns Hinwenden zu E-Mobilität. Der Transport von Gütern gehört von der Straße auf die Schiene.  Wir müssen den Individual-Verkehr auf alternative Antriebe ausrichten.“
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ROKU: „Es gibt in Österreich (besonders rückständig ist Tirol) nur wenig Ausbau von öffentlichen Elektro-Tankstellen. Was tut die Bundesregierung bzw. tust du als Minister in diesem Bereich?“
RUPPRECHTER: „Von meinem Ressort gibt es unterstützung für die E-Mobilität mit dem Bereich „Klima-Aktiv-Mobil“, wo wir z.B. E-Gemeindetaxis und E-Busse fördern. Hier tragen wir bis zu 50% der umweltrelevanten Investitions-Kosten. Oder: Bei Handels-Unternehmen, Firmen... Unterstützen wir die Fuhrpark-Umstellung auf Elektro-Mobilität. Erhöht wurde auch der Förderbonus für soziale Dienste, der jetzt 6.000,- EURO pro PKW beträgt!“

ROKU: „Sollte man versuchen, die Landes-Förderungen für Elektro-Autos zu vereinheitlichen?“
RUPPRECHTER: „Wir wickeln über die KPC (Kommunalkredit) ab. Da ist der Ansatz schon, dass wir versuchen, das zu harmonisieren. Auf www.umweltfoerderung.at/verkehr kann man sich die Details anschauen. Mit der steuerlichen Absetzbarkeit von Elektro-Autos ab 2016 (20% USt.) und dem Wegfall des Selbstbezuges für Unternehmer geben wir Firmen ebenfalls einen starken Anreiz, E-Mobile anzukaufen...“

ROKU: „Danke für das Gespräch!“


In der Reihe der Polit-Interviews im ROFAN-KURIER spricht diesmal Fritz Dinkhauser, Landtags-Abgeordneter, Gründer & Obmann des „Bürgerforum Tirol, LISTE FRITZ"(mit über 18% zweitstärkste Fraktion im Tiroler Landtag) über die politische Stimmung und warum die Rückerstattung der Wahlkampfkosten für die Demokratie so wichtig wäre.

TIROL (rr) Die Abschaffung der Wahlkampfkosten-Rückerstattung, das Transparenz-Gesetz und die Parteien-Finanzierung werden derzeit heiß diskutiert. Wir sprachen dazu mit LA Fritz Dinkhauser.

ROKU: „Was bedeutet der Ausgang der Wahl in der Landeshauptstadt in Hinblick auf die Landtagswahl und was sagst du dazu, dass ohne den Wahlsieger ÖVP eine Koalition gebildet wurde?"

FRITZ: „Das war das beste und stärkste Signal des Bürgers! Bürgermeisterin Oppitz-Plörer hat klar gesagt, dass sie keine Befehle aus dem Landhaus braucht. Und die Bürger haben das offenbar verstanden und sie zur Bürgermeisterin gemacht. Für mich ist das eine Genugtuung! Wenn die ÖVP jetzt den Wählerwillen beweint, weil sie in Innsbruck stärkste Fraktion geworden ist und trotzdem nicht in der Stadt-Regierung sitzt, kann ich nur sagen: Bei der letzten Landtagswahl war ihnen der Wählerwille scheißegal! Da haben sie eine Verlierer-Koalition gebildet und die LISTE FRITZ mit über 18 Prozent der Stimmen als zweitstärkste Fraktion aus der Regierung ausgeschlossen. "

ROKU: „Was für eine Rolle haben Ratgeber eurer Liste für die Koalitions-Strategie in Innsbruck gespielt? Schließlich ist deine Frau bei der Liste FÜR INNSBRUCK..."

FRITZ: „Wie gesagt: Ich persönlich begrüße es, dass Oppitz-Plörer in Innsbruck Bürgermeisterin geworden ist. Aber im Wahlkampf und bei der Koalitions-Strategie haben wir hier niemanden beraten."

ROKU: „Ihr habt also bei FÜR INNSBRUCK nicht mitgemischt... Wer mischt denn derzeit bei der ÖVP am kräftigsten mit, gibt die Richtung vor?"

FRITZ: „Ich glaube, das wissen die ÖVPler selber nicht genau. Ich sehe es so: Platter sitzt am Kutschbock, die Zügel hält aber Steixner und hinten drauf sitzt der Van Staa und bedient die Bremse. Der sagt zwar „da mische ich mich nicht ein". Aber der spielt dort schon auch noch eine Rolle. Der ÖVP fehlt halt jemand, der sie wirklich lenkt. Das merkt man auch. Ich habe letztens schon gesagt: Wer die ÖVP schätzt, schickt sie in die Opposition! Die müssen sich endlich reinigen, erneuern und erholen."

ROKU: „Schockierend war bei der Innsbruck-Wahl ja die Wahlbeteiligung. Warum gehen die Leute nicht mehr zu den Wahlurnen?"

FRITZ: „Ganz klar! Die sind ja alle frustriert, weil der Bürger bei uns in Wahrheit Null zu melden hat! Alle vier oder fünf Jahre mal einen Zettel wo einzuschmeißen, das ist zu wenig! Und sonst sollen die Leute das Maul halten. Mich kann jeder, der ein Anliegen hat, anrufen! Ich und meine Abgeordneten, wir bringen jedes vernünftige Thema sofort in den Landtag. Meine Telefonnummer ist 0699/13375214! Ich verlange, dass jedes machbare und umsetzbare Anliegen, das 25 % der Wahlberechtigten unterschreiben, auch umgesetzt wird und nicht nur eine kurze Debatte im Landtag oder Nationalrat auslöst. Der Landtag und der Nationalrat brauchen ihre eigentliche Funktion wieder zurück: Die Koalitions-Mehrheiten in diesen Gremien sind ja völlig der Regierung untergeordnet, was aber laut Verfassung nicht ihre Aufgabe ist. Im Gegenteil: Sie sollen die Regierung kontrollieren!"

ROKU: „Zum Thema Parteifinanzierung: Josef Geisler sagt, ihr wollt den Leuten gleich zweimal in die Tasche greifen, weil ihr für den Erhalt der Wahlkampfkosten-Rückerstattung seid..."

FRITZ: „Tatsache ist, dass die Koalitionen in Wien und in den Bundesländern jetzt versuchen, die Piraten oder andere neue Parteien (Liste Tirol?) abzuschrecken, indem man ihnen die Wahlkampfkosten-Rückerstattung und damit den Geldhahn  abdreht. In Wahrheit schaut es so aus, dass man sich hier selber mehr Geld auszahlen will, anstatt vom Topf neuen Parteien etwas zu geben! Und damit kein Missverständnis aufkommt: Die Liste Fritz hat hier nichts zu befürchten: Wir sitzen ja schon im Landtag. Hier geht es den Machthabern darum, neue Gruppierungen wie die Piraten abzuschrecken, indem man das Geld unter den etablierten aufteilt. Wir bekämen weniger, wenn es die Wahlkampfkosten-Rückerstattung noch gäbe. Dafür wäre das besser für die Demokratie."

ROKU: „Wie schaut die Parteifinanzierung in Tirol genau aus?"

FRITZ: „Derzeit liegen 1,8 Mio. EURO im Topf für Wahlkampfkosten-Rückerstattung und 5,9 Mio. EURO im Topf für die Parteien-Finanzierung. Für alle Tiroler Parteien zusammen. Das sind 7,7 Mio. EURO pro Jahr. Abgerechnet wird pro Wähler. Das sind derzeit 11,45 EURO pro Stimme. Jetzt will die Koalition die Wahlkampfkosten-Rückerstattung streichen, dafür aber die Parteien-Finanzierung erhöhen und selber kassieren, anstatt etwas auch auf neue Parteien aufzuteilen! Das ist Blödsinn. Wir stimmen nur einer Inflations-Anpassung zu. Dann wären wir auf 12,62 EURO pro Wähler. Die Grünen wollen 12,90 EURO,  die ÖVP und die SPÖ wollen 13,- EURO pro Wähler. So schaut´s aus! Und diese 13,- EURO sollen nur mehr die bekommen, die schon im Landtag sitzen. Parteien, die sich neu gründen, will man den Geldhahn zudrehen. Wir allein können gegen die Koalition ÖVP/SPÖ die Wahlkampfkosten-Rückerstattung nicht aufrecht erhalten. Aber wir fordern, dass künftig auch Parteien, die bei einer Landtags-Wahl 2,5% oder 7.000 Stimmen erreichen, eine anteilige Parteien-Förderung für das erste Jahr bekommen. Das wären dann etwa 100.000,- EURO. Damit bliebe der Zugang zur Politik für neue Listen gewahrt und würde nicht durch hohe Kosten verbaut. Nochmal: Dieses Geld wird dann nicht ZUSÄTZLICH ausgegeben, sondern würde den bestehenden Parteien – also auch uns – weggenommen!"

ROKU: „Stichwort Transparenz-Paket: Würdest du die Finanzen eurer Partei offen legen?"

FRITZ: „Ich bin für totale Offenheit. Es braucht hier keine Grenzen, ab denen Spenden gemeldet werden oder nicht. Ich wäre dafür, dass alle Parteien unabhängig geprüft und dann eine Zusammenfassung online gestellt wird. Das ist alles öffentliches Geld! Also soll die Öffentlichkeit hier auch Zugang haben. Auch die Wirtschaftsförderungen und die Agrarförderungen gehören online. Alle öffentlichen Budgets, auch von allen Firmen, die mehrheitlich in öffentlicher Hand sind: Alles online, öffentlich machen!"

ROKU: „Danke für das Gespräch."

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