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Sonntag, 29. September: Nationalrats-Wahl

Mittwoch, 04 September 2013
Freigegeben in Österreich
Am Sonntag, 29. September, wählen die Österreicher ihren neue Nationalrat. Dabei stehen bundesweit neun Listen zur Auswahl.  6,4 Millionen Walhberechtigte haben heuer neben ÖVP, SPÖ, FPÖ, GRÜNE, BZÖ und KPÖ drei neue Alternativen: Das TEAM STRONACH, die NEOS und die PIRATEN.

ÖSTERREICH (bb) Die neuen Parteien wollen in den Nationalrat. Und die erste Hürde haben sie dabei schon geschafft:  Sie alle haben ausreichend Unterstützungs-Erklärungen für ein Antreten erhalten.
Eine weit größere Hürde für die NEOS, die KOMMUNISTEN, PIRATEN und vielleicht sogar für das BZÖ ist das Erreichen der vier Prozent. Denn nur, wenn eine Partei  mindestens vier Prozent der Stimmen erhält, zieht sie auch in den Nationalrat ein. Doch auch die „alten“ Parteien kämpfen um ihre Sitze im höchsten Vertretungs-Organ des Volkes.

Höchste wählbare Volksvertretung

Der Nationalrat ist die direkte Volksvertretung der Bürgerinnen und Bürger mit Sitz in Wien.  Er beschließt die österreichischen Gesetze auf Bundesebene. Für Verfassungsgesetze benötigt er eine 2/3-Mehrheit und für alle weiteren Gesetze eine einfache Mehrheit, also über 50%. Die Bundesregierung muss die im Nationalrat beschlossenen Gesetze ausführen. Deren Mitglieder werden nicht direkt gewählt, sondern meist von den Obmännern der verschiedenen Parteien ausgewählt. Der Obmann sowie die Mächtigsten in einer Partei gehören dabei meist selbst zur Regierung. Damit wird gewissermaßen auch die Grundidee der österreichischen Demokratie ausgehebelt: Denn die Nationalräte erhalten ihre Anweisungen von den mächtigsten Partei-Mitgliedern – und damit meist von den Regierungs-Mitgliedern. Zudem besteht – anders als in der österreichischen Verfassung festgeschrieben – der sogenannte „Klubzwang“. Das bedeutet: Alle Abgeordneten einer Partei müssen mit der Partei-Linie im Parlament mitstimmen, sie können nicht frei ihre Stimme abgeben, obwohl das die österreichische Verfassung vorsieht...

Parteien im Nationalrat

ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne, BZÖ und das Team STRONACH teilen sich momentan die 183 Sitze  im Nationalrat.
Der Einzug in den Nationalrat ist in der Vergangenheit nur wenigen kleinen und neuen Parteien gelungen. Über 70 Parteien haben seit 1945 versucht, in den Nationalrat zu kommen. Geschafft haben es SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne, BZÖ, LIF und KPÖ, die Kommunisten saßen lediglich zur Zeit der Übergangs-Regierung nach dem II. Weltkrieg im Nationalrat.
Die Grünen beispielsweise schafften den Einzug 1986 im Windschatten der Zwentendorf-Proteste gegen Atomkraft in Österreich. Das LIF schaffte zwar als neue Partei den Sprung ins Hohe Haus, scheiterte allerdings mit 3,65 Prozent bei seinem dritten Wahlantritt.
Seit den 90er-Jahren stieg die Zahl der “Sonstigen Listen”  wieder an. 2008 bekamen neun Nicht-Parlaments-Parteien die nötigen Unterstützungserklärungen, um bei der Wahl anzutreten. Das ist bisheriger Rekord.

2013: Neun Listen bundesweit

Heuer treten neun Parteien bei der Nationalratswahl an.
Von Anfang an fix war das österreichweite Antreten der Parlamentsparteien SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne, BZÖ und TEAM STRONACH. Alle anderen Parteien mussten sich Unterstützungs-Erklärungen von Wahlberechtigten holen. Sehr erfolgreich waren dabei die neuen Parteien NEOS und PIRATEN sowie die KPÖ. Sie bekamen in jedem Bundesland ausreichend Unterschriften, um in ganz Österreich anzutreten.
Vier weitere Parteien schafften es nur in einzelnen Bundesländern, die nötigen Unterstützungs-Erklärungen zu bekommen. Dazu gehört „Der Wandel“ in Wien und Oberösterreich. Ebenfalls in Wien tritt die Sozialistische Linkspartei (SLP) an.
Die Christliche Partei Österreichs schaffte es, in Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg und Steiermark genügend Unterstützer zu bekommen. Zudem tritt die Männerpartei in Vorarlberg an.

In der Reihe der Polit-Interviews im ROFAN-KURIER spricht diesmal Fritz Dinkhauser, Landtags-Abgeordneter, Gründer & Obmann des „Bürgerforum Tirol, LISTE FRITZ"(mit über 18% zweitstärkste Fraktion im Tiroler Landtag) über die politische Stimmung und warum die Rückerstattung der Wahlkampfkosten für die Demokratie so wichtig wäre.

TIROL (rr) Die Abschaffung der Wahlkampfkosten-Rückerstattung, das Transparenz-Gesetz und die Parteien-Finanzierung werden derzeit heiß diskutiert. Wir sprachen dazu mit LA Fritz Dinkhauser.

ROKU: „Was bedeutet der Ausgang der Wahl in der Landeshauptstadt in Hinblick auf die Landtagswahl und was sagst du dazu, dass ohne den Wahlsieger ÖVP eine Koalition gebildet wurde?"

FRITZ: „Das war das beste und stärkste Signal des Bürgers! Bürgermeisterin Oppitz-Plörer hat klar gesagt, dass sie keine Befehle aus dem Landhaus braucht. Und die Bürger haben das offenbar verstanden und sie zur Bürgermeisterin gemacht. Für mich ist das eine Genugtuung! Wenn die ÖVP jetzt den Wählerwillen beweint, weil sie in Innsbruck stärkste Fraktion geworden ist und trotzdem nicht in der Stadt-Regierung sitzt, kann ich nur sagen: Bei der letzten Landtagswahl war ihnen der Wählerwille scheißegal! Da haben sie eine Verlierer-Koalition gebildet und die LISTE FRITZ mit über 18 Prozent der Stimmen als zweitstärkste Fraktion aus der Regierung ausgeschlossen. "

ROKU: „Was für eine Rolle haben Ratgeber eurer Liste für die Koalitions-Strategie in Innsbruck gespielt? Schließlich ist deine Frau bei der Liste FÜR INNSBRUCK..."

FRITZ: „Wie gesagt: Ich persönlich begrüße es, dass Oppitz-Plörer in Innsbruck Bürgermeisterin geworden ist. Aber im Wahlkampf und bei der Koalitions-Strategie haben wir hier niemanden beraten."

ROKU: „Ihr habt also bei FÜR INNSBRUCK nicht mitgemischt... Wer mischt denn derzeit bei der ÖVP am kräftigsten mit, gibt die Richtung vor?"

FRITZ: „Ich glaube, das wissen die ÖVPler selber nicht genau. Ich sehe es so: Platter sitzt am Kutschbock, die Zügel hält aber Steixner und hinten drauf sitzt der Van Staa und bedient die Bremse. Der sagt zwar „da mische ich mich nicht ein". Aber der spielt dort schon auch noch eine Rolle. Der ÖVP fehlt halt jemand, der sie wirklich lenkt. Das merkt man auch. Ich habe letztens schon gesagt: Wer die ÖVP schätzt, schickt sie in die Opposition! Die müssen sich endlich reinigen, erneuern und erholen."

ROKU: „Schockierend war bei der Innsbruck-Wahl ja die Wahlbeteiligung. Warum gehen die Leute nicht mehr zu den Wahlurnen?"

FRITZ: „Ganz klar! Die sind ja alle frustriert, weil der Bürger bei uns in Wahrheit Null zu melden hat! Alle vier oder fünf Jahre mal einen Zettel wo einzuschmeißen, das ist zu wenig! Und sonst sollen die Leute das Maul halten. Mich kann jeder, der ein Anliegen hat, anrufen! Ich und meine Abgeordneten, wir bringen jedes vernünftige Thema sofort in den Landtag. Meine Telefonnummer ist 0699/13375214! Ich verlange, dass jedes machbare und umsetzbare Anliegen, das 25 % der Wahlberechtigten unterschreiben, auch umgesetzt wird und nicht nur eine kurze Debatte im Landtag oder Nationalrat auslöst. Der Landtag und der Nationalrat brauchen ihre eigentliche Funktion wieder zurück: Die Koalitions-Mehrheiten in diesen Gremien sind ja völlig der Regierung untergeordnet, was aber laut Verfassung nicht ihre Aufgabe ist. Im Gegenteil: Sie sollen die Regierung kontrollieren!"

ROKU: „Zum Thema Parteifinanzierung: Josef Geisler sagt, ihr wollt den Leuten gleich zweimal in die Tasche greifen, weil ihr für den Erhalt der Wahlkampfkosten-Rückerstattung seid..."

FRITZ: „Tatsache ist, dass die Koalitionen in Wien und in den Bundesländern jetzt versuchen, die Piraten oder andere neue Parteien (Liste Tirol?) abzuschrecken, indem man ihnen die Wahlkampfkosten-Rückerstattung und damit den Geldhahn  abdreht. In Wahrheit schaut es so aus, dass man sich hier selber mehr Geld auszahlen will, anstatt vom Topf neuen Parteien etwas zu geben! Und damit kein Missverständnis aufkommt: Die Liste Fritz hat hier nichts zu befürchten: Wir sitzen ja schon im Landtag. Hier geht es den Machthabern darum, neue Gruppierungen wie die Piraten abzuschrecken, indem man das Geld unter den etablierten aufteilt. Wir bekämen weniger, wenn es die Wahlkampfkosten-Rückerstattung noch gäbe. Dafür wäre das besser für die Demokratie."

ROKU: „Wie schaut die Parteifinanzierung in Tirol genau aus?"

FRITZ: „Derzeit liegen 1,8 Mio. EURO im Topf für Wahlkampfkosten-Rückerstattung und 5,9 Mio. EURO im Topf für die Parteien-Finanzierung. Für alle Tiroler Parteien zusammen. Das sind 7,7 Mio. EURO pro Jahr. Abgerechnet wird pro Wähler. Das sind derzeit 11,45 EURO pro Stimme. Jetzt will die Koalition die Wahlkampfkosten-Rückerstattung streichen, dafür aber die Parteien-Finanzierung erhöhen und selber kassieren, anstatt etwas auch auf neue Parteien aufzuteilen! Das ist Blödsinn. Wir stimmen nur einer Inflations-Anpassung zu. Dann wären wir auf 12,62 EURO pro Wähler. Die Grünen wollen 12,90 EURO,  die ÖVP und die SPÖ wollen 13,- EURO pro Wähler. So schaut´s aus! Und diese 13,- EURO sollen nur mehr die bekommen, die schon im Landtag sitzen. Parteien, die sich neu gründen, will man den Geldhahn zudrehen. Wir allein können gegen die Koalition ÖVP/SPÖ die Wahlkampfkosten-Rückerstattung nicht aufrecht erhalten. Aber wir fordern, dass künftig auch Parteien, die bei einer Landtags-Wahl 2,5% oder 7.000 Stimmen erreichen, eine anteilige Parteien-Förderung für das erste Jahr bekommen. Das wären dann etwa 100.000,- EURO. Damit bliebe der Zugang zur Politik für neue Listen gewahrt und würde nicht durch hohe Kosten verbaut. Nochmal: Dieses Geld wird dann nicht ZUSÄTZLICH ausgegeben, sondern würde den bestehenden Parteien – also auch uns – weggenommen!"

ROKU: „Stichwort Transparenz-Paket: Würdest du die Finanzen eurer Partei offen legen?"

FRITZ: „Ich bin für totale Offenheit. Es braucht hier keine Grenzen, ab denen Spenden gemeldet werden oder nicht. Ich wäre dafür, dass alle Parteien unabhängig geprüft und dann eine Zusammenfassung online gestellt wird. Das ist alles öffentliches Geld! Also soll die Öffentlichkeit hier auch Zugang haben. Auch die Wirtschaftsförderungen und die Agrarförderungen gehören online. Alle öffentlichen Budgets, auch von allen Firmen, die mehrheitlich in öffentlicher Hand sind: Alles online, öffentlich machen!"

ROKU: „Danke für das Gespräch."

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