A+ A A-
Umweltminister Nikolaus Berlakovich brachte mit seinem Pro-Pestizid-Votum die Diskussion um das Bienensterben ins Rollen. Doch Pestizide sind nicht der einzige Feind der Bienen. Bezirks-Imkerin Rosi Fellner erklärt im Interview weitere Ursachen.

ÖSTERREICH/TIROL (aw) Stirbt die Biene, stirbt der Mensch. Das wusste bereits Albert Einstein. Das weltweite Bienensterben ist seit Jahren im Gang. Auch in Österreich gibt es gebietsweise Ausfälle von 25-30%. In einzelnen Gebieten sterben sogar ganze Bienenvölker komplett aus.

Stirbt die Biene, stirbt der Mensch

„Was uns die Biene gibt, haben wir bisher immer für selbstverständlich genommen“, sagt Rosi Fellner, Obfrau der Bezirks-Imker. Die Breitenbacherin weiß, wie wichtig die Bestäubungsleistung der Biene ist. Viele Lebensmittel würden ohne Bienen rasch knapp werden oder wären irgendwann gar nicht mehr erhältlich. So etwa Tomaten oder Kürbisse. Auch Futterpflanzen für Kühe benötigen die Bestäubung, was sich wiederum positiv auf die Milchproduktion auswirkt.
„Die Agrarwirtschaft muss sich ändern, sonst haben wir bald ein Ernährungsproblem“, prophezeit Fellner. Auch die UNO warnt: Wird der Einsatz von Pestiziden nicht eingeschränkt und die Agrarkultur nicht radikal geändert, hat die Menschheit bereits innerhalb der nächsten zehn Jahre ein ernsthaftes Problem.

Bienensterben: Die Ursachen

Doch warum sterben immer mehr Bienen? Die Gründe sind vielfältig und hängen oft zusammen. Rosi Fellner erörtert mit dem ROFAN-KURIER die größten Bienen-Killer:

* Die Varroa-Milbe
1975 aus Indien eingeschleppt, ist die Varroa-Milbe der größte  Feind der Biene. Sie nistet sich in jedem Volk ein, saugt ihren Opfern das Blut aus und verletzt den Chitin-Panzer – dadurch haben Viren und Keime leichtes Spiel! Jeglicher Versuch, die tödliche Milbe zu bekämpfen, scheiterte bisher. „Jedes Bienen-Volk in Österreich ist Milben-befallen“, bekräftigt Fellner.

* Pestizide/Fungizide/Herbizide
„In Tirol wird ohne Rücksicht auf Verluste gespritzt“, kritisiert die Bezirks-Imkerin. Die Spritzmittel werden in Österreich zwar so getestet, dass 50% der Bienen die Tests überleben. Diese 50% sind aber in ihrem Mechanismus schwer beeinträchtigt. „Umweltminister Berlakovich hat die Diskussion über Pestizide ins Rollen gebracht. Damit tat er uns einen Gefallen“, sagt Fellner.
Mit Dezember werden EU-weit für vorerst zwei Jahre lang zumindest drei Pestizide verboten.

* Monokulturen
Der Mensch freut sich zwar über eine geringe Pollen-Belastung, der Biene fehlt dadurch aber das Eiweiß als wichtiger Körperaufbaustoff. In der heimischen Natur gibt es außerdem keine Artenvielfalt mehr, weshalb Bienen unter einseitiger Ernährung leiden. Die Folge: Sie entwickeln sich nicht optimal. Mit Schuld daran ist das frühe und oft zu häufige Mähen.

* Weniger Lebensraum
Die natürlichen Lebensräume der Biene werden immer stärker reduziert – hauptsächlich durch Verbauungen und Wegfallen natürlicher Wiesen.

* Der Klimawandel
Nicht zuletzt leidet die Biene unter der Umweltbelastung und den schlechter werdenden Luftwerten. Früher roch eine Biene Blüten in einer Entfernung von bis zu 700 m – heute sind es nur mehr 200 m.

Das Pestizid-Verbot ist eine erste Maßnahme gegen das Bienensterben. Doch damit ist es nicht getan. Sie hofft auf weitere gemeindliche Bienenweiden, so wie in Radfeld. Allgemein plädiert sie für eine Umstellung auf Bio-Landwirtschaft und mehr Naturbelassenheit. Damit kann man auch privat anfangen, indem man weniger mäht und Blumen oder Bäume pflanzt. „Außerdem sollte man sich informieren, bevor man Pflanzenschutzmittel kauft“, rät Fellner.
Bienen sind für das Bestäuben von Pflanzen unersetzbar. Doch immer mehr Bienenvölker sterben aus! „Stirbt die Biene, stirbt der Mensch“, sagte bereits Albert Einstein. Die Gemeinde Radfeld möchte nun lokal erste Gegen-Maßnahmen setzen...

RADFELD (aw) „Wenn Bienen irgendwann gänzlich ausgestorben sind, hat die Bevölkerung nicht mehr länger als vier Jahre zu leben“, prophezeite einst Albert Einstein. 100 Jahre später wird diese Aussage immer mehr zur beängstigenden Realität. Schließlich sind Bienen zu einem erheblichen Teil am Erhalt vieler Pflanzen und deren Erträgen verantwortlich.

Imker schlagen Alarm!

Durch verschiedene Ursachen werden weltweit immer mehr Bienenvölker dahingerafft. Einer der größten Bienen-Feinde sind Pestizide, deren Einsatz immer intensiver wird. Auch Schädlinge wie Pilze oder Milben kommen in unseren Breitengraden häufig vor. Hinzu kommen schlechtere Luftwerte. Früher roch eine Biene Blüten in einer Entfernung von bis zu 700 m – durch die Luftverschmutzung sind es heute nur mehr 200 m. Auch das zu häufige Mähen seitens der Landwirte ist ein Hauptgrund für das Bienensterben. Heimische Imker klagen an, dass Mähwerke „zu tief“ eingestellt sind und so pro Quadratmeter bei jeder Mahd eine Biene getötet wird.
Auch lokale Imker schlagen Alarm. Die Breitenbacherin Rosi Fellner, Obfrau der Bezirks-Imker, nimmt die Politik in die Verantwortung: „Leider hat Minister Berlakovich als Österreichs Vertreter in Brüssel nicht für ein Verbot von Pestiziden gestimmt“. Seiner eigenen Wähler-Klientel, den Bauern, hat er damit nichts Gutes getan... Denn alleine im Bezirk Kufstein melden schon acht Imker einen Totalverlust, viele haben einen 50%igen-Ausfall.

Bienenweiden in Radfeld

Als eine der ersten Gemeinden im Bezirk möchte Radfeld gegen das Bienensterben vorgehen. „Ich habe mich bereits mit Frau Fellner unterhalten und gemeinsam mit ihr und unserem Waldaufseher erste Maßnahmen beschlossen“, erklärt Bgm. Mag. Josef Auer. Noch heuer sollen in Radfeld mehrere Weiden errichtet werden, die den Bienen Platz zum Leben schaffen. „Man muss in der Öffentlichkeit klar machen, dass wir auf einem schlechten Weg sind. Wir wollen in Radfeld erste Schritte setzen und hoffen, dass weitere Gemeinden unserem Vorbild folgen“, bekräftigt Auer.
© Rofankurier