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Ende Juni veröffentlichte Greenpeace wieder geheime Dokumente. Dieses Mal geht es um JEFTA – ein japanisch- europäisches Freihandels-Abkommen. Schon seit 2013 soll im Geheimen darüber verhandelt werden. Laut Greenpeace wäre JEFTA das größte Handels-Abkommen der EU.

International - 205 Seiten aus den geheimen Verhandlungen zum geplanten EU-Japan-Handelsabkommen JEFTA ("Japan EU Free Trade Agreement") wurden Ende Juni von Greenpeace publik gemacht. Laut den "Leaks" soll das Freihandels-Abkommen sogar die Dimension von CETA übersteigen und wäre das größte Handels-Abkommen der Union. Die Dokumente stammen hauptsächlich aus dem Zeitraum zwischen Ende 2016 und Frühjahr 2017, von der 18. Verhandlungsrunde des Abkommens.  Interessanterweise waren nichteinmal EU-Parlamentarier umfassend über die Verhandlungen informiert worden: "Bis zum Greenpeace-Leak waren uns beim Abkommen mit Japan nur wenige Positionen bekannt", sagt Michel Reimon, EU-Parlamentarier der GRÜNEN, der schon letztes Jahr TTIP bekrittelte.

Transparenz? Fehlanzeige

"Die EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedsstaaten haben aus der massiven öffentlichen Kritik an TTIP und CETA offenbar nichts gelernt", sagt Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit, "hinter verschlossenen Türen wird hier abermals ein Abkommen verhandelt", sagt er. Nur zwei kleine Kapitel der Verhandlungen wurden bis jetzt veröffentlicht...
Gegen TTIP, CETA etc. gab es in Österreich sogar eine Volksabstimmung.

Mängel in Sachen Umweltschutz

Greenpeace schreibt in den Leaks weiters von einem Mangel in Sachen Umweltschutz: So sind etwa die Bestimmungen zur Bekämpfung von illegaler Abholzung zu schwach und das Thema Walfang wird im Abkommen nicht erwähnt. Japan ist eines von drei Ländern (neben Norwegen und Island), die noch kommerziellen Walfang betreiben: "Das gesamte Nachhaltigkeits-Kapitel ist so schwammig formuliert, dass Zweifel aufkommen, ob die Kommission das Pariser Klimaabkommen ernst nimmt. Der japanische Raubbau an internationalen Wäldern wird ebenso legitimiert wie der Walfang in internationalen Gewässern. Das Europäische Parlament hat gefordert, dass bei JEFTA dieser Walfang offensiv thematisiert wird – das ist nicht der Fall!", ärgert sich Reimon.

Alte Fehler wiederholt

"Die Leaks zeigen, dass beim Vorsorgeprinzip, bei den Schiedsgerichten oder auch beim Umwelt- und Tierschutz die alten Fehler wiederholt werden. Das Vorsorgeprinzip ist das Herzstück des europäischen Konsumentenschutzes. In den Verhandlungen mit Japan hat es bisher aber offenbar kaum eine Rolle gespielt. Wir müssen sicherstellen, dass nur Produkte auf europäische Märkte kommen, die unseren strengen Umwelt- und Gesundheitsstandards entsprechen", sagt die EU-Abgeordnete Karoline Graswander-Hainz, handelspolitische Sprecherin der Europa-SPÖ. Sie verspricht, dass die Sozialdemokraten im EU-Parlament kein Freihandels-Abkommen akzeptieren werden, "das in den Standards nicht über CETA liegt". Das europäische Vorsorgeprinzip kümmert sich um den Schutz von Umwelt und Nahrung und um die Gesundheit von Lebewesen. (mk)

TTIP: "Regierung kennt jeden Beistrich!"

Montag, 28 November 2016
Freigegeben in International
Der EU-Abgeordnete Michel Reimon (GRÜNE) besuchte im Rahmen einer kleinen Tirol-Tour das Museum der Völker in Schwaz. Zusammen mit Viktoria Gruber, Bezirks-Sprecherin der GRÜNEN, präsentierte er seine Sicht der Dinge in Sachen Freihandelsabkommen, TTIP und CETA.

Schwaz - "Wir vergiften uns beim Chlorhuhn nicht", sagt Michel Reimon, EU-Abgeordneter der GRÜNEN. Er vergleicht das Chlorhuhn mit dem Schwimmen im Chlorwasser eines Schwimmbades. "Nach dem Schwimmen geht man unter die Dusche..."
Bei den Hühnern funktioniert das gleich: Sie werden zuerst mit Chlor behandelt, dann abgewaschen und sind sauber.
Bei der Ablehnung des Chlorhuhnes geht es um etwas anderes: "In den USA gibt es mehrstöckige Zuchtanlagen für Hühner und die ‚untersten‘ leben im Dreck der oberen." Für diese grausame Tierhaltung steht das Symbol des Chlorhuhns! Produkte aus solchen Umständen werden mit TTIP in Europa auf den Markt kommen.

TTIP bringt US-Produkte ungeprüft in Europas Regale!

Bei den Freihandelsabkommen geht es um die Öffnung des europäischen Marktes für ausländische Produkte. "Wenn etwas in den USA auf dem Markt ist, dann kann es durch TTIP auch auf unseren Markt kommen, ungeprüft", erklärt Reimon die "gegenseiteige Anerkennung". Das Problem dabei ist, dass die amerikanischen Produkte billiger in den Supermarkt-Regalen stehen werden, als die einheimischen. "US-Standards kommen durch TTIP auch in die österreichischen Tiefkühltruhen. Ich prognostiziere, dass die österreichische Landwirtschaft dadurch auf Dauer nicht mehr konkurrenzfähig sein wird. Dann muss die Politik unsere Standards senken und dadurch sinken die Preise für die einheimische Landwirtschaft", vermutet Reimon. Es gibt keine direkte Anpassung an den US-Standard, sondern eine, durch den Markt geregelte, langfristige Abwertung heimischer Standards.

Trump als Retter vor TTIP?

"Die Wahl von Donald Trump als Präsident der USA war für die Verhandler von TTIP ein Schock.  Jedoch war Trump bei der Ablehnung von TTIP nicht deutlich genug. Es gibt trotzdem noch Schlupflöcher", sagt Michel Reimon. Zum Beispiel könnte Trump das "große" TTIP zerschlagen und schließt mehrere "kleinere" Abkommen mit Europa ab. Diese würden statt alle Branchen nur gewisse Teile, z.B. die Pharmaindustrie, betreffen.
Auch CETA ist in Kanada nicht mehr ohne Kritiker. Durch die gegenseitige Anerkennung könnten europäische Dienstleister auf den kanadischen Markt kommen, was in Kanada auf Gegenwind stößt.

Neue Generation von Freihandelsabkommen

TTIP, CETA und Co sind eine neue Generation von Freihandelsabkommen der EU mit anderen Staaten. Dabei werden mehrere Branchen zusammengefasst und alle zusammen ausverhandelt. Zwischen den Verhandlungspartnern heißt es, "nehmt alles oder nichts". Geplant sind solche Abkommen unter anderem mit Australien, Neuseeland, China oder auch mit ostafrikanischen Ländern.
Diese Freihandelsabkommen wird man aber nicht sofort spüren. Es wird eine schleichende Ausbreitung geben, denkt Reimon. Darin sieht er eine große Problematik: "Wir kämpfen nun gegen TTIP, CETA, etc., aber wenn es doch kommt, sind die Auswirkungen für den Konsumenten nicht sofort sichtbar. Erst in drei bis fünf Jahren werden diese sichtbar ..."

Reimon: "Regierung kennt jeden Beistrich von TTIP!"

Laut Reimon ist dem österreichischen Parlament genau bekannt, was da unterzeichnet wird. Die EU handelt das Abkommen aus, aber jeder Punkt ist mit der Regierung abgesprochen: "Mitterlehner kennt jeden Beistrich!" "Die Abkommen wiedersprechen den Interessen der Lokalpolitik, der Bevölkerung und der Bauern, deshalb arbeiten wir mit denen zusammen", sagt der TTIP- und CETA-Gegener Michel Reimon. (mk)
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