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Im Mai-Landtag soll die Novelle des Tiroler Jagdgesetzes beschlossen werden. Die Opposition bezeichnet diese als „grausam“, die Jägerschaft fordert Nachbesserungen.

TIROL (cm) In der Tiroler Jägerschaft gährt es gewaltig. Letztes Wochen-Ende wurde laut ORF ein Misstrauens-Antrag gegen Landes-Jägermeister Anton Larcher und einen Teil des Vorstandes eingebracht. Der Grund: Sie hätten die „schlechteste Jagdgesetznovelle aller Zeiten“ mitzuverantworten.

Mai-Landtag soll Novelle des
Jagdgesetzes beschließen

Auf Antrag von LHStv Josef Geisler (ÖVP) hat die Landesregierung kürzlich die Novellierung des Tiroler Jagdgesetzes beschlossen. Dieser Antrag muss nunmehr im Mai-Landtag beschlossen werden. Der Tiroler Jägerverband ist gegen den Entwurf in der jetzigen Form und verlangt Korrekturen.
Der Konflikt zwischen Waldbesitzern und Jägern ist beinahe so alt wie die Jagd selbst. Während es lange Jahre relativ ruhig war um die Thematik, hat diese zuletzt auch durch nicht erfüllte Abschuss-Pläne neuen Zündstoff erhalten. Die Abschuss-Pläne für Rotwild beispielsweise seien im Vorjahr nur zu 68% erfüllt worden. Nun will die Landesregierung den Bestand von 31.000 auf 20.000 Stück senken, um den Verbiss zu reduzieren.

Landes-Jägermeister DI Toni Larcher: „Diese Zahl, 31.000 Stück Rotwild, ist rein spekulativ! Ich wundere mich immer wieder, woher diese Zahlen kommen. Wir stehen kurz vor der Zeit, in der das Wild seinen Nachwuchs zur Welt bringt und gehen für den Sommer 2015 von einem Rotwildbestand von ca. 19.400 Stück aus. Gesamt ist der Wildstand gut an die Lebensräume angepasst. Beim Gamswild erleben wir leider einen Rückgang, nicht nur in Tirol, sondern in ganz Europa. Und zwar aufgrund der massiven Übernutzung der Bergwelt! Prinzipiell können mit dem bestehenden Jagdgesetz alle Ziele eines an die Kapazität der heimische Lebensräume angepassten Wildstandes erreicht werden. Der Widerstand der Jägerschaft beruht auf dem massiv steigenden bürokratischen Aufwand, den man uns verordnen will und nicht zuletzt in einer wildökologisch nicht zu rechtfertigenden Verkleinerung der Jagdgebietsgrößen.
Viele Jäger befürchten aber, dass in Hinkunft einfach nur die Abschüsse erhöht werden müssen, ohne wirklich beim Kern wildökologischer Probleme – wie eben jener des Wildlebensraumes und Notwendigkeit von Wildruhegebieten – anzusetzen.“

Dazu der Bezirksjägermeister von  Kufstein, Michael Lamprecht: „Wir wissen, das s wir mit einigen Sachen leben werden müssen. Aber die Zahl von 31.000 Stück Rotwild ist meiner Meinung nach nicht realistisch. Wir gehen eher von 22.000 Stück aus. Die Wahrheit liegt wohl dazwischen. Die Bejagung wird immer schwieriger, auch durch den steigenden Jagddruck, den wir gezwungener Maßen aufgrund der Abschusspläne ausüben. Auch die GRÜNEN reden viel mit. Da weiß man nicht ganz genau ob sie für den Tierschutz oder für den Pflanzenschutz sein wollen. Ich verstehe nicht, warum sich die Bauern und Grundeigentümer für diese Novelle hergeben. Das wird den Jagdwert massiv senken!“
TIROL (cm) Dr. Andreas Brugger ist Rechtsanwalt und Experte für Liegenschafts- und Verwaltungsrecht. Er lebt in Aldrans (Kanzlei in Innsbruck), ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Brugger ist Abgeordneter für die LISTE FRITZ im Tiroler Landtag. Im aktuellen Polit-Interview schießt sich Brugger auf die Novelle des Jagdgesetzes ein.

ROKU: „Wie geht es der LISTE FRITZ eigentlich ohne den Fritz?“

BRUGGER: „Der Fritz Dinkhauser ist immer noch dabei und ist auch noch Partei-Obmann. Er kommt jede Woche ins Büro und plant mit. Wir sind mittlerweile ein richtiges Bürger-Forum. Leute wie „du und ich“ können bei uns ihre Anliegen zum Thema Politik einbringen. Wir kümmern uns dann um die Anliegen. Leider ist die Idee „ich bringe mich ein“ in Tirol noch zu wenig verbreitet. Wir bekommen für die Landtags-Arbeit ein sehr gutes Feed-Back! Wir rufen die Leute dazu auf, mit ihren Anliegen zu uns zu kommen, dann packen wir die Themen an.“

ROKU: „Wir haben etwa Halbzeit. Wie schätzt ihr die Möglichkeiten bei der nächsten Wahl ein?“

BRUGGER: „Es gibt in Tirol etwa 20% an Wählern, die sich in den klassischen Parteien nicht vertreten fühlen. Manche wählen diese Parteien dann trotzdem, obwohl die Interessen einzelner Bürger oft rücksichtslos beiseite gewischt werden, wenn sie jemandem nicht in den Kram passen. Viele Bürger glauben in Tirol halt noch immer, der Name „Volks-Partei“ würde genügen, damit sich die Regierung auch um alle kümmert, die zum Volk gehören... Die 20%, die sich aber schlecht vertreten fühlen, darunter viele bürgerliche Wähler, sprechen wir sehr gut an. Es sind hier sicher Zugewinne für uns möglich. Wir sind stabilisiert und befinden uns in einer Wachstums-Phase. Es gibt großes Potential.“

ROKU: „Zum Thema Demokratie in Tirol: Wie siehst Du die Situation?“

BRUGGER: „Die Beschlüsse im Landtag fasst immer die Mehrheit. Das sind momentan ÖVP und GRÜNE. Die größere Enttäuschung sind dabei die GRÜNEN... Die Aufgabe der Oppositions-Politik ist es, Dinge, die nicht in Ordnung sind, aufzuzeigen. Und wir betreiben Bewusstseinsbildung. In den Ausschüssen kann man auch sehr gut mit den Abteilungs-Leitern im Land sprechen, die gewichtige Positionen in der Gesetzes-Formulierung haben. Im ersten Effekt lehnt die Regierung immer die Anträge der Opposition ab. Aber sie wissen es, wenn sie Mist gebaut haben. Dann kommen unsere Vorschläge halt später und ein wenig umformuliert.“

ROKU: „Wo steht FRITZ eigentlich im politischen Spektrum? Eher links oder eher rechts?“

BRUGGER: „Die Ideologien „links“ und „rechts“ sind ja über 100 Jahre alt. Ich denke, wir können uns eher der Mitte zuordnen und kümmern uns um die schwachen in der Gesellschaft. Grundsätzlich muss man sagen: Der Staat will immer mehr Geld, mehr Macht! Dann muss er aber um einiges besser funktionieren, als er es jetzt tut...“

ROKU: „Was ist eigentlich aus deinem zentralen Thema „Agrargemeinschaften“ geworden?“

BRUGGER: „Hier ist viel weitergegangen. In den festgestellten Gemeindeguts-Agrargemeinschaften ist ein wesentlicher Teil der Entscheidungs-Gewalt auf den Bürgermeister oder Substanz-Verwalter übergegangen. Die negative Seite: Das Gesetz betrifft ja nur 1/3 der Agrargemeinschaften in Tirol! Auch hier stellt man fest, dass sich die Bürgermeister in vielen Fällen nicht trauen, von den neuen Rechten Gebrauch zu machen. Die Bauern müssen jetzt Bewirtschaftungs-Beiträge leisten... Diese Beiträge liegen aber weiter unter den tatsächlichen Kosten. Darum machen die Almweide-Gemeinschaften nun Verluste. Die Verluste bleiben bei den Gemeinden hängen! Obwohl das Geld an anderen Ecken fehlt... Ein weiteres Drittel sind die Agrargemeinschaften, wo die Gemeinden auch Grundeigentümer geblieben sind. Die wurden durch das neue Gesetz ganz außer Acht gelassen, obwohl es auch hier einen dringenden Handlungs-Bedarf gibt, weil der Gemeinde durch den Regulierungs-Plan ein Großteil der Rechte weggenommen wurde! Dann gibt es noch jene, die in den Feststellungen nicht als Gemeindegut anerkannt wurden, obwohl sie früher wohl wahres Eigentum der öffentlichen Hand waren. Das wird gar nicht mehr im Detail überprüft.“

ROKU: „Im Mai soll der Landtag über das neue Jagdgesetz abstimmen. Was sagst du dazu?“

BRUGGER: „In der Natur gibt es Pflanzen. Und es gibt Tiere. Die Planzen haben momentan die richtige Farbe: Sie sind grün. Und wir haben Tiere, die die falsche Farbe haben: Sie sind braun... In Wahrheit schickt man jetzt – mit Zustimmung der GRÜNEN – ein Gesetz auf den Weg, das besagt, dass wir in den nächsten Jahren zu tausenden die Wald-Tiere abknallen lassen! Und wo sogar die Schonzeit aufgehoben wird, in der die Tiere Junge haben! Ein Rehkitz, dem die Mutter weggeschossen wird, verhungert elendiglich! Ein Gesetz, in dem JEDE Wildfütterung von der BH überprüft werden soll, ob sie da passt wo sie hinkommt! Das ist bürokratischer Wahnsinn. In Wahrheit geht es hier um den Lebensraum für die Tiere! Dass die Tiere in der Öffentlichkeit einzig und allein die  (Jäger, Anmerkung) als Fürsprecher haben, die sie dann abknallen, ist schon verblüffend. Die GRÜNEN sind hier so einseitig unterwegs! Das ist ein Konflikt zwischen Wirtschaft und Leben. In Wahrheit hat sich in den Agrargemeinschaften der Holzertrag verdreifacht, trotz aller Rehe. Das Jagdgesetz ist ein Paradebeispiel dafür, wie überspitzt und überzogen der Gesetzgeber in Tirol anlassbezogen reagiert. Und zwar auch in einer unglaublichen Grausamkeit gegenüber den Tieren. Das Gesetz sagt: „Wenn´s zu viele sind, lassen wir sie halt verhungern.“ Wenn dann auch noch die Schonzeit aufgehoben wird, wo dann Mutter-Tiere geschossen werden und die Jungen elendiglich verhungern... Und das mit Unterschrift der GRÜNEN. Solche Brutalitäten haben in der Politik nichts verloren. Das ist eigentlich ein gesetzlicher Zwang zur Massen-Tötung.“

ROKU: „Danke für das Gespräch!“
© Rofankurier