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Mitten in der Kältewelle hat Russland den Gashahn ein wenig zugedreht: Man brauchte selber mehr Gas. Schuld seien auch die Ukrainer, die Gas aus der Transitleitung entnehmen. Woher kommt aber das Gas in Tirol, ist Tirols Gasversorgung sicher? TIGAS-Chef Dr. Philipp Hiltpolt erläutert die Hintergründe zum russischen Gas-Streit.

TIROL (cm) Russland kürzte einmal mehr die Gaslieferungen nach Europa. Die heimischen Erdgasspeicher seien randvoll und könnten den Inlands-Bedarf aktuell für ganze 10 Monate lang decken. Das entspricht einer Menge von sieben Milliarden Kubikmetern Erdgas, heißt es bei der OMV. Aber Tirol bezieht sein Gas nicht aus Ostösterreich: Der Zusammenschluss der großen Gasleitung an der Grenze zu Salzburg (Hochfilzen) wurde nie gemacht. Wie also soll Tirol auf diese österreichischen Speicher zugreifen, wenn das Tiroler Gas-Netz gar nicht mit dem restlichen Netz von Österreich verbunden ist?

Auch ohne den Zusammenschluss könnte Tirol zugreifen, sagt dazu Dr. Philipp Hiltpolt, GF der TIGAS. Und zwar über das Süddeutsche Netz. Dies sei durch die Markt-Liberalisierung „kein Problem". Doch: „Die TIGAS würde im Notfall wohl eher auf den Speicher „Inzenham" in Bayern zugreifen, der geografisch näher liegt", erklärt Hiltpolt. Tatsache ist: Im Notfall könnte dieser Speicher, der auch Süd-Deutschland versorgt, den Bedarf (auch in Tirol) wohl maximal für zwei Monate decken. „Ein Totalausfall der Lieferungen ist jedoch kein realistisches Szenario", beruhigt Hiltpolt.

Woher kommt Tirols Gas?

Aktuell hätte man sogar wieder einen leichten Gasüberschuss. „Die TIGAS hat hauptsächlich deutsche, fanzösische und italienische Lieferanten", sagt Dr. Hiltpolt. Die TIGAS ist an das deutsche Gasnetz angeschlossen und bekommt von dort das Gas. Westeuropa könne sich laut Hiltpolt zu 2/3 selbst versorgen. Das Gas kommt hier aus der Nordsee (Dänemark, Norwegen), aus Holland und Deutschland. Die TIGAS ist zu 10 Prozent an der Bayerngas beteiligt. Jahresumsatz: 1,7 Mrd. EURO.

Über die Tochter-Gesellschaft „Bayern-Gas NORGE" und deren Töchter sei man auch an etwa  50 Bohr-Lizenzen beteiligt (von denen einige bereits genutzt werden) „Wir wollen mit Bayerngas und der Bayern Gas NORGE künftig 2/3 des Eigenbedarfs in Tirol decken", erklärt Dr. Hiltpolt.

Dinkhauser: „Gas in Tirol viel zu teurer"

Laut Erhebung der Arbeiterkammer habe die TIGAS den Gaspreis von Jänner 2011 bis Jänner 2012 um rund 21% angehoben. „Die Bürger müssen diese unverschämte Preisexplosion zahlen, weil es in Tirol keinen Wettbewerb gibt. Das Landesunternehmen TIGAS hat ein Quasimonopol!", ärgert sich Fritz Dinkhauser. Grund dafür sei, dass der Zusammenschluss mit dem österreichischen Gasnetz bei Salzburg fehle. Der Zusammenschluss für die zweite Gasleitung würde „mit 6,7 Mio. EURO etwa so viel kosten wie Platters Betonplatz".

Das stimme laut Dr. Hiltpolt so nicht: „Das Netz-Entgelt ist in Tirol hoch, weil das Netz neu ist. Auch wenn ein anderer Anbieter hier Gas liefert, muss er dieses Netzentgelt verrechnen. Das setzen nicht wir fest, das erlaubt uns der Regulator. Zählt man Netzentgelt (dieses sei sogar gesunken) und Gaspreis zusammen, habe es seit 2009 lediglich eine Steigerung von 8,7 % gegeben, was absolut der Inflationsrate entsprechen würde, sagt Hiltpolt.

"Die Gasmärkte sind über das Europaische liberalisierte System verbunden. Die TIGAS liefert auch nach Vorarlberg, nach Ostösterreich und auch nach Deutschland. Ein Gas Ein- und Verkauf mit Ostösterreich ist jederzeit möglich. Es gibt auch in Tirol andere Lieferanten. Die TIGAS hat die Leitung bis Hochfilzen bis zur Landesgrenze gebaut. Ein langfristiges Transportvolumen ist auf dieser Leitung aber nicht gesichert. Daher ist derzeit niemand bereit, hier den Zusammenschluss zu machen bzw. auch zu bezahlen. Wir haben in Tirol die niedrigsten Energiepreise in Österreich. Der Kunde würde vom Zusammenschluss nicht profitieren, weil er nur die Baukosten für den Zusammenschluss tragen müsste. Die Netznutzungs-Entgelte sind in Tirol aufgrund des neuen Netzes vergleichsweise hoch, der Energiepreis jedoch niedrig. Der Zusammenschluss würde also keine Preisvorteile bringen", sagt Hiltpolt.

Hintergrund zum Gasstreit

Die Hintergründe zum Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine erläutert Dr. Hiltpolt wie folgt: "Um eine Pipeline kostenlos durch die Ukraine zu führen, räumte Russland der Ukraine das Recht ein, daraus kostenlos Gas zu entnehmen. Naheliegend, dass die Ukraine alles mit Gas betreibt, was sie kann und mit dem Verbrauch nicht zimperlich ist."

Der russische Gaskonzern Gazprom hat mit den Streitereien um Entnahmen nun die Nase voll: Mit Hochdruck wird an der Gas-Pipeline „South Stream" gearbeitet. Der Bau soll heuer beginnen, die Leitung wird die Ukraine umgehen und ab  2015 etwa 63 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr nach Südeuropa pumpen. Gazprom ist mit 50 Prozent an der Leitung beteiligt, die italienische EMI hält 20 Prozent, die französische EDF und die deutsche WINTERSHALL sind mit je 15 Prozent beteiligt.

© Rofankurier