A+ A A-

Hochwasser: Wer spielt hier mit der Angst?

Montag, 03 November 2014
Freigegeben in Politik
Obwohl alle für das Selbe sind, geht es nicht ohne Streit. NR Gartelgruber (FPÖ),  LA Margreiter (ÖVP) und Bgm. Wechner (SPÖ) liefern sich einen Schlagabtausch.

WÖRGL (ce) Anfang Oktober nahm der Tiroler Landtag den gemeinsamen Dringlichkeitsantrag von SPÖ und FPÖ zur schnellst möglichen Errichtung eines Hochwasser-Schutzdamms in Wörgl als modifizierten Allparteienantrag an. Jedoch beschränkt sich diese Einstimmigkeit nur auf Grundsätzliches. Die Umsetzung des Hochwasserschutzes in und um Wörgl wird zwischen Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner (SPÖ), Nationalrätin Carmen Gartelgruber (FPÖ) und Landtagsabgeordneten und Bürgermeister von Breitenbach Alois Margreiter (ÖVP) heftig diskutiert.
„Die Realisierung eines effektiven Hochwasserschutzes im Tiroler Unterland erfordert umfangreiche Vorbereitungs- und Planungsarbeiten, die nicht von heute auf morgen umsetzbar sind. Ich verwehre mich deshalb vehement dagegen, dass vor allem Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner und FP-NRin Carmen Gartelgruber versuchen, dieses hochsensible Thema für ihren Vorwahlkampf zu missbrauchen und mit unrealistischen Versprechungen die Bevölkerung zu verunsichern. Den von manchen politischen Vertretern propagierten Einzelmaßnahmen, die in den Nachbargemeinden sogar zu einem Anstieg des Wasserspiegels führen würden, kann das Land Tirol jedoch nicht zustimmen“ , führt LA Alois Margreiter (ÖVP) im Zuge der Debatte im Oktober-Landtag aus. Damit spielte er auf die dringliche Anfrage von Gartelgruber im Nationalrat an, deren Beantwortung ergab, dass durch eine Errichtung von linearen Hochwasserschutzmaßnahmen, wie z.B. in Wörgl vorgesehen, eine Abflussverschärfung bzw. Erhöhung der Hochwasserspiegellagen, bei den flussabwärtsliegenden Gemeinden auftreten kann.

Wechner: „Kein Wahlkampf!“

Bgm. Hedi Wechner (SPÖ) freut sich, dass letztlich alle Parteien zur Erkenntnis gelangt sind, dass Hochwasserschutz eine absolute Notwendigkeit ist. „Befremdlich ist für mich die Reaktion von LA Bürgermeister Alois Margreiter, der bedauerlicherweise die Notwendigkeit sah, trotz eines überparteilichen Konsens als Parteisoldat zu fungieren, obwohl er selbst Bürgermeister einer betroffenen Gemeinde“.
Mit dem nun in Planung befindlichen Damm werden sowohl Wörgl, als auch die Nachbargemeinden effektiv vor einem Hochwasser geschützt sein. Bis zur Realisierung des Damms hat Wörgl mit einem mobilen Hochwasserschutz vorgesorgt. Margreiter appelliert nochmals, sachlich an die Thematik heran zu gehen und gemeinsam an einem Strang zu ziehen.
Vieles wird live im Internet übertragen: Konzerte, Sport-Ereignisse, Fest-Umzüge... Auch Gemeinderatssitzungen werden in einigen Gemeinden per Livestream übertragen. In Wörgl wurde dies jedoch klar abgelehnt. Doch wie wird das Thema in anderen Gemeinden gehandhabt?

WÖRGL (aw) 47,29% aller wahlberechtigten Wörgler gaben Ende April bei den Landtagswahlen ihre Stimme ab. Damit lag die Wahlbeteiligung nicht nur 10% unter dem Wert von 2008, nein, die Stadt Wörgl ist in Sachen Bürgerbeteiligung auch Schlusslicht im Bezirk Kufstein.

„Live aus Wörgl“

Ähnliches Desinteresse seitens der Bürger ruft der Wörgler Gemeinderat hervor. Wenn die 21 Gemeinderäte tagen, um öffentlich über wichtige Belange der Stadt abzustimmen, sind meist nicht mehr als eine Handvoll Zuseher anwesend. Eine Situation, die leider auch auf  andere Gemeinden zutrifft. FWL-Fraktionsführerin Carmen Gartelgruber brachte daher im April einen Antrag auf einen Livestream (Internet-Live-Übertragung) aus dem Gemeinderat ein.
„Gemeinderatssitzungen sind zwar öffentlich, jedoch ist es vielen Bürgern aus beruflichen, zeitlichen oder gesundheitlichen Gründen nicht möglich, dabei zu sein“, sagt Gartelgruber. Eine Live-Übertragung im Internet wäre zumindest eine Möglichkeit, um die Politik wieder näher zum Bürger zu bringen. Ein positives Beispiel ist die Stadt Salzburg, die ihre GR-Sitzungen seit Ende 2011 online überträgt. Dazu wurde eine eigene Plattform eingerichtet, in der User miteinander chatten und den Wortmeldungen der Gemeindepolitiker zustimmen oder diese ablehnen können. So nehmen die Bürger quasi aktiv an einer Sitzung teil.
Auch in Wels, Krems oder Waidhofen/Ybbs wird der Gemeinderat live übertragen. Die ÖVP in Linz beantragte 2011 einen Livestream – ein Testlauf brachte angeblich Zuseher-Zahlen von 1.200 Personen. Da andere Fraktionsmitglieder dagegen stimmten, wurde es aber nichts mit der regelmäßigen Übertragung. Ähnlich erging es der Stadt Graz, wo die ÖVP diesbezüglich schon 2007 aktiv wurde. In Wien werden nicht nur Gemeinderats-, sondern auch Landtagssitzungen gefilmt. Eine Idee, die im Tiroler Landtag ebenfalls teilweise umgesetzt wird.

Kamerascheue Politiker

Viele Städte und Gemeinden in  Deutschland sind in Sachen Gemeinderats-Livestream schon weiter. Vor allem in Gemeinden aus der ehemaligen DDR, wie Leipzig, Erfurt, Gera und Jena wird das Angebot gut angenommen. Deutschlands Vorreiter war allerdings Passau in Niederbayern. Seit zwei Jahren werden dort nicht nur Gemeinderats-, sondern auch diverse Aussschuss-Sitzungen übertragen. Während sich in der Testphase (Sommer 2011) noch ein Drittel der Fraktionsmitglieder weigerten aufgenommen zu werden, haben mittlerweile alle ihr Einverständnis gegeben.
Neben kamerascheuen Politikern  scheitern GR-Livestreams häufig an der geringen Nachfrage. Selbst Vorreiter Passau, eine Stadt mit 50.000 Einwohnern, verzeichnet nach anfänglichem Interesse derzeit im Schnitt etwa 50 Zuseher...

Wechner: „Aufwand und Ertrag in keiner Relation“

In Wörgl wurde der FWL-Antrag von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Bgm. Hedi Wechner (SPÖ): „Der Aufwand steht in keiner Relation zum Ertrag. Die genannten Kosten von 3.000,– bis 5.000,– EURO würden klar überschritten werden“. Wechner argumentiert, dass das Interesse in Wörgl selbst bei wichtigen Sitzungen (etwa beim Budget-Beschluss) gering sei. Und: „Selbst Interessierte müssen sich mit der ungünstigen Zeit (Donnerstags ab 18:00 Uhr) engagieren“, bemerkt Wechner. Fakt ist, dass der Live-Stream aber auch als „Konserve“ zum späteren Ansehen gespeichert werden könnte.    

Eine Frage der Transparenz?

Laut der Wörgler Gemeindechefin sei die Frage eines Live-Streams keine Frage der Transparenz. „Transparenz geht auch anders. Wir möchten so transparent wie möglich sein“, erklärt Wechner.
Die antragsstellende Carmen Gartelgruber ist dennoch überzeugt: „Wenn mehr Gemeinden sich für mehr Tranzparenz entscheiden, wird es auch für Wörgl ein unumgänglicher Schritt sein.“
Bis dahin steht der Wörgler wohl weiterhin vor der Entscheidung zwischen der Gemeinderatssitzung und einer Fußball-Übertragung. Zwischen Wechner und Messi. Zwischen Ronaldo und Gartelgruber...

In der Reihe der Polit-Interviews im ROFAN-KURIER spricht diesmal Carmen Gartelgruber, Nationalrats-Abgeordnete und Bundesobfrau der Freiheitlichen Frauen über Partei-Internas, Wahlaussichten und Listenerstellung in der FPÖ.

TIROL (cm) Carmen Gartelgruber ist Baujahr 1965 und lebt in Wörgl, sie hat drei Kinder (Ines, Emanuel, Nicolas). Ihr erlernter Beruf ist Buchhalterin, derzeit ist sie jedoch für die FPÖ als Berufspolitikerin Gemeinderätin von Wörgl und Nationalrats-Abgeordnete. Gartelgruber hat die Abend-HAK abgeschlossen sowie die Buchhalter- und Controllerprüfung absolviert.  Seit 2011 ist sie Bundesobfrau der IFF (Initiative Freiheitlicher Frauen) Österreich.

ROKU: „Laut der letzten Umfrage bekämen die Grünen bei der Landtags-Wahl 2013 etwa 16 %. Die Freiheitlichen sieht die Umfrage im Juni noch bei 17%, jetzt nur mehr auf 12%. Woran liegt das?“

GARTELGRUBER: „Umfragen sind mit Vorsicht zu genießen. Ich kann mir das aber nicht erklären, weil die Arbeit der Tiroler FPÖ im Land hervorragend ist. Bemessen wird das Ergebnis am Wahltag, nicht Monate zuvor in Umfragen.“

ROKU: „Kann das an Streitigkeiten in der Partei liegen? Man hört von Zwist. Immer wieder gibt es in Tirol Partei-Ausschlüsse durch Obmann Gerald Hauser.“

GARTELGRUBER: „Wir haben nicht mehr oder weniger Zwistigkeiten wie andere Parteien auch. Nur wird es manchmal bewusst so dargestellt. Aber eigentlich stehen wir jetzt sehr geeint da. Das hat denke ich nichts mit den Umfragewerten zu tun.“

ROKU: „Nicht alle kommen gut mit dem Landes-Parteiobmann aus. Wie ist Ihr Verhältnis zu Gerald Hauser?“

GARTELGRUBER: „Ich denke, der Landesparteivorstand ist jetzt sehr einig. Ich persönlich habe ein sehr gutes Einvernehmen mit dem Landesparteiobmann.“

ROKU: „Altgediente, treue Weggefährten der FPÖ wie Richard Heiss, Anton Frisch oder auch Sie selbst werden auf den Listen nicht mehr abgesichert. Glauben Sie, dass Sie in Ihrem Wahlkreis ein Grundmandat erreichen können?“

GARTELGRUBER: „Die Beschlussfassung dazu ist noch nicht endgültig. Daher möchte ich dazu noch nichts sagen. Wir sind sehr bestrebt, alle Bezirksgruppen zufrieden zu stellen.“

ROKU: „Stehen die Listen für die Landtagswahl als auch für die Nationalratswahl für Tirol bereits?“

GARTELGRUBER: „Die Listen sind so gut wie fertig, es fehlt aber die endgültige Beschlussfassung.“

ROKU: „Kandidieren Sie für den Landtag - oder für den Nationalrat?“

GARTELGRUBER: „Ich kandidiere fix für den Nationalrat. Ich bin auch bereits als Spitzenkandidatin für den Bezirk Kufstein gewählt.“

ROKU: „Warum wurde Rudi Federspiel von den Freiheitlichen ausgeschlossen?“

GARTELGRUBER: „Ich war damals noch nicht politisch aktiv, aber es gab wohl Unstimmigkeiten mit Jörg Haider.“

ROKU: „Federspiel war für die  ÖVP im Landtag, nun wieder bei der FPÖ? Kennt sich der Wähler da noch aus?“

GARTELGRUBER: „Federspiel war nicht bei der ÖVP, er besetzte ein freies Mandat im Landtag. Natürlich gibt es Gespräche mit Rudi Federspiel. Aber die Entscheidung ist noch nicht gefallen. Die Grund-idee dahinter ist, dass man das rechte Lager gerade in Innsbruck wieder vereinen möchte.“

ROKU: „Stichwort BZÖ und rechtes Lager...?“

GARTELGRUBER: „Ich spüre das BZÖ in Tirol eigentlich nicht. Daher glaube ich, dass es keine Bestrebungen gibt, BZÖ und FPÖ in Tirol wieder zu vereinen.“

ROKU: „Welches Ergebnis erwarten Sie für die FPÖ bei der Landtagswahl, welches bei der Nationalratswahl?“

GARTELGRUBER: „Wir hatten 2008 bei der Landtags-Wahl 12,8% und damit vier Mandate. Auf Bundesebene 17% und damit zwei freiheitliche Nationalräte für Tirol. Unser Ziel: Ein drittes freiheitliches Mandat für den Nationalrat und für die Landtagsfraktion gehe ich davon aus, dass die vier Mandate wieder erreicht werden bzw. ein fünftes dazugewonnen wird.“

ROKU: „Themen-Wechsel: Hat Tirol ein Migranten-Problem?“

GATELGRUBER: „Ja. Auf jeden Fall. Es wird nur derzeit tot geschwiegen. Speziell die Jugendlichen in den Schulen spüren die Problematik deutlich. Wir haben in Wörgl in den Volksschulen (erste Klasse) einen Anteil von Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache von über 60%! Ich nehme an, dass es in Kufstein oder Schwaz ähnlich ist. Das heißt aber nicht, dass all diese Kinder ein Problem-Potential haben. Man kann freilich nicht alle über einen Kamm scheren.“

ROKU: „Was bedeutet das für die Bevölkerung? Was genau ist das Problem?“

GARTELGRUBER: „Wenn die demographische Entwicklung so weiter geht und die Einheimischen keine oder nur mehr kaum Kinder bekommen, verändert sich die gesamte Bevölkerungs-Stuktur in ein oder zwei Generationen.“

ROKU: „Lösungen wären...?“

GARTELGRUBER: „In Österreich muss sich die Familienpolitik ändern! Österreichische Familien können es sich kaum mehr leisten, mit einem arbeitenden Elternteil eine Familie zu ernähren. Die Familienbeihilfe wurde seit 1992 nicht mehr an die Inflation angepasst. Vor der Nationalratswahl 2008 wurde die 13. Familienbeihilfe eingeführt. Als Wahlzuckerl. Jetzt wurde sie schon wieder gekürzt. Die Kinderbeihilfe geht überhaupt nur mehr bis zum 18. Lebensjahr, nur für Studenten bis 24. Bei fünfjähriger Oberstufe (HAK, HTL...) erhalten die Eltern dann kein Geld mehr, auch wenn sie die Kinder in der Schule haben. Die SPÖ propagiert den Ausbau der Betreuung. Aber die Familien brauchen auch das Geld, das ihnen zugesagt wurde. Zudem wird der Ausbau der Kinderbetreuung über die Personalkosten zu sehr auf die Gemeinden abgewälzt. Frauen müssen sich entscheiden können, bei den Kindern zu Hause zu bleiben, ohne finanzielle Einbrüche zu haben. Mütter sollen die kollektivvertraglichen Vorrückungen mitmachen und vieles mehr. Ich verweise auf meine Anträge im Parlament. www.parlament.gv.at“

ROKU: „Zum Nationalrat: Was sagen Sie zum Antreten von Frank Stronach?“

GARTELGRUBER: „Wir werden jetzt schauen, wen Stronach noch präsentiert. Die Bevölkerung war am Anfang schon von der Idee einer neuen Partei angetan. Aber wie sie gehört hat, dass er seine Mandate kauft, waren sie eigentlich nicht mehr begeistert. Ich bin auch gespannt wie seine parlamentarische Arbeit ausschaut. Aber eine Ansage ist das mit knapp 80 Jahren meiner Meinung für Österreich nicht.“

ROKU: „Macht der Untersuchungs-Ausschuss noch Sinn?“

GARTELGRUBER: „Auf alle Fälle. Mit dem Vorsitz von Walter Rosenkranz hoffe ich, dass der U-Ausschuss noch zu einem positiven Ende geführt wird. Das war beschämend, was wir da Mitte September im Nationalrat erleben mussten. Die Bevölkerung wollte den Ausschuss nicht vorzeitig beendet wissen. Ich denke auch, da ist noch Aufklärung gefordert. Gerade was die Telekom-Ostgeschäfte betrifft oder Faymann´s Inserate. Der U-Ausschuss hat gut gearbeitet. Als Folge wurden einige Gesetze geändert und verbessert. Z.B. das Transparenzgesetz. Sichergestellt ist wohl damit endlich auch, dass kein Minister zum Beispiel über ÖBB oder ASFINAG Inserate bezahlen lässt.“

ROKU: „Mit wem wollen Sie persönlich nach der Wahl zusammenarbeiten oder koalieren? In Tirol und auf Bundesebene.“

GARTELGRUBER: „Wir wollen selbstverständlich Regierungs-Verantwortung übernehmen. Selbstverständlich mit jenen, die unser Programm mittragen können. Wir grenzen niemanden aus. Ich möchte hier keine Partei nennen -  das entscheidet der Wähler durch das Ergebnis.“

ROKU: Danke für das Gespräch!

© Rofankurier