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Beschneidung: LR Tilg möchte einheitliche Lösung

Mittwoch, 14 November 2012
Freigegeben in Österreich
Rituelle Beschneidungen werden in Tirol nur in Ausnahmefällen durchgeführt, die von Ärzten als solche anerkannt werden. LR Bernhard Tilg möchte den Ärzten diese Verantwortung abnehmen und fordert eine einheitliche Lösung auf Bundesebene.

ÖSTERREICH Geht ein Arzt, der eine rituelle Beschneidung durchführt, ein Rechtsrisiko ein? In den Vorarlberger Landeskliniken werden vorläufig keine rituellen Beschneidungen mehr durchgeführt, auch in der Grazer Kinderchirurgie nicht.

„Ärzten die Entscheidung abnehmen“

Angeheizt wurde die Debatte zuletzt vom Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), der den Ärzten im westlichsten Bundesland einen OP-Stopp empfahl – und ein Schreiben mit Bitte um Klärung der Lage an seine Parteikollegin im Justizministerium, Beatrix Karl, abschickte. Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ)  ließ kürzlich ausrichten: Das sei eine „aufgesetzte Diskussion“, das Ganze „nicht wichtig“. Und weiter: Für konkrete Entscheidungen seien die Landeskliniken selbst zuständig. Der Tiroler Gesundheits-Landesrat Bernhard Tilg (ÖVP) sieht das anders und möchte den Ärzten diese schwerwiegenden Entscheidungen abnehmen. „Ich appelliere an Gesundheitsminister Alois Stöger, für die Beschneidung österreichweite Standards festzulegen“, bekräftigt LR Tilg.
Derzeit ist die Lage in Österreich uneinheitlich: In den Kliniken in Niederösterreich, Tirol, Salzburg, Oberösterreich und dem Burgenland werden Beschneidungen nur aus medizinischen Gründen durchgeführt. In Kärnten fordert LH Gerhard Dörfler überhaupt ein bundesweites Verbot.

Nach ACTA, Vorratsdaten-Speicherung und Lauschangriff sollten zuletzt Beichtgeheimnis, ärztliche Schweigepflicht und der Quellenschutz im Journalismus durch eine Reform der Strafprozess-Ordnung fallen! Justiz-Ministerin Beatrix Karl rudert nun zurück.

WIEN/ÖSTERREICH (rr) Rechtsanwälte laufen Sturm: Heimlich, still und leise hätte eine Reform der Strafprozess-Ordnung durch Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) noch nach der Begutachtung geändert werden sollen.

Berufsgeheimnis sollte zu Fall gebracht werden

Die geplante Änderung des Berufsgeheimnis hätte unter anderem Anwälte, Ärzte, Notare, Journalisten und Priester betroffen! Jemand wird angeklagt? Kein Problem! Alle Akten von Anwälten, Notaren, Seelsorgern, Ärzten und Journalisten werden beschlagnahmt – und diese sollten dagegen nichts mehr unternehmen können.
Bisher dürfen sich diese Berufsgruppen aufgrund ihres besonderen Vertrauens-Status dagegen wehren, ihnen überlassene Unterlagen und Daten herauszugeben.
Beispiel Journalismus: Wer vertraulich Informationen an ein Medium weitergibt, kann derzeit auf den Quellen-Schutz bauen: Redaktionen geben ihre Informations-Quellen und ihnen überlassene Unterlagen nicht preis. Es gilt das „Redaktionsgeheimnis“.

Justiz-Ministerin Karl gibt (vorerst) nach

Vor allem Anwälte und auch Journalisten liefen gegen die heimlich geplante Änderung der Justizministerin Sturm. Jetzt rudert  die Ministerin zurück. Im Vorgespräch für den letzten Justizausschuss ist Karl gleich in die Offensive gegangen, wie die Zeitung „Österreich“ berichtet. Sie legte SPÖ, FPÖ und Grünen (das BZÖ boykottierte den Termin) einen deutlich entschärften Entwurf vor: Die Erst-Sichtung von beschlagnahmten Unterlagen wird bei einer Beschwerde nun doch nicht durch die Staatsanwaltschaft, sondern durch einen unabhängigen Richter vorgenommen.
„Das Artillerie-Feuer der vergangenen Tage hat offensichtlich seine Wirkung gezeigt“, sagt dazu FPÖ-Justizsprecher Peter Fichtenbauer.

BZÖ: „Ministerin hat Parlament belogen“

Gar nicht erst zu den Gesprächen kam BZÖ-Justizsprecher Gerald Grosz. Seine Begründung:  Karl hatte behauptet, die umstrittene Neuregelung auf Anregung des Grazer Oberlandesgerichts durchgeführt zu haben. Das OLG Graz hatte in seiner Stellungnahme zum Gesetz aber keine Einschränkung der Berufsgeheimnisse gefordert, sondern lediglich vor einer Ausweitung des Einspruchsrechts auch auf nahe Angehörige von Beschuldigten gewarnt. Grosz wirft der Ministerin nun vor, das Parlament „angelogen“ zu haben: „Ich werde mich mit dieser Justizministerin nicht mehr in einem Rahmen unterhalten, wo es kein Protokoll gibt.“
Die Rechtsanwalts-Kammer wirft Justizministerin Karl vor, sie hätte diese Änderungs-Pläne bewusst an der Begutachtung „vorbeigeschleust“.    ÖRAK-Präsident Rupert Wolff sprach in einer Aussendung von einem „versteckten Angriff auf Grundpfeiler des demokratischen Rechtsstaates“ und „demokratiepolitischem Unverständnis“.    Auch der ORF übt scharfe Kritik an diesen Machenschaften. Bereits in der Vergangenheit habe es Angriffe auf die für die Meinungsfreiheit unverzichtbare Unantastbarkeit journalistischen Materials gegeben. Das Redaktionsgeheimnis sei hierzulande immer wieder gefährdet.


Was sagen Tiroler Rechtsanwälte?

Andreas Schistl

RA Mag. Andreas Schiestl: „Durch die geplante Gesetzesänderung würden die Verschwiegenheitsrechte mehrerer Berufsgruppen, wie etwa die anwaltliche Verschwiegenheit oder das Redaktionsgeheimnis einfach ausgehebelt und es stellt damit für mich einen nicht tolerierbaren Eingriff in den Schutz eines Klienten oder Informanten, der über die Presse Missstände aufzeigen möchte, dar.“

 

DR moritz

RA Dr. Katharina  Moritz: „Die Strafprozessreform 2009 hat gegen den Widerstand der Rechtsanwaltschaft die Funktion unabhängiger Richter im Ermittlungsverfahren massiv eingeschränkt. Hingegen wurden der Staatsanwaltschaft, die gegenüber dem Justizministerium und damit Politikern weisungsgebunden ist, weitgehende zusätzliche Kompetenzen eingeräumt. Mit der beasichtig-ten Aufweichung der beruflichen Verschwiegenheit wird die Demontage rechtsstaatlicher Prinzipien fortgesetzt. Es bleibt die Frage, in wessen Interesse das geschieht. Dem Interesse des rechtsuchenden Bürgers dient diese Entwicklung sicher nicht.“

 

Soder

Mag Manfred Soder: „Die besondere anwaltliche Verschwiegenheitspflicht macht die anwaltliche Tätigkeit in Zivil- und insbesondere Strafverfahren, aber auch in den sonstigen Verfahren erst möglich. Die Verschwiegenheitspflicht ist Grundlage für eine effiziente Interessenvertretung der Mandanten.“

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